Marlowring
Bahrenfeld (1965): Wilhelm Conrad Franz Marlow (1.11.1856 Stettin -25.11.1940 Hamburg), Fischindustrieller, Senator in Altona.
Wilhelm Conrad Franz Marlow war der Sohn von Dorothee Louise Friederike Marlow, geborene Ueckermann und Wilhelm Conrad Franz Marlow. In erster Ehe war er, der damals noch Handlungsreisender war, seit 1880 mit Alma Theodora Emma Elise Göhrke (geb. 19.3.1856 Stettin) verheiratet. 1889 heiratete er in zweiter Ehe Hedwig Johanna Huth, die zum Zeitpunkt seines Todes noch lebte. 1)
Franz Marlow betätigte sich als Fischindustrieller und fungierte von 1918 bis 1934 als Vorsitzender des Bundesverbands der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels.
Politisch gehörte der Fischindustrielle und Altonaer Senator dem 1917 gegründeten Ortsverein Altona der Deutschen Vaterlandspartei (DVLP) an und war dort eine Zeit lang stellvertretender Vorsitzender. 2) Diese Partei „war eine rechtsradikale deutsche Partei, die in der Schlussphase des Ersten Weltkriegs aktiv war. Die Partei griff Elemente konservativer, nationalistischer, antisemitischer und völkischer Ideologien auf; sie gilt organisationsgeschichtlich als präfaschistisches Scharnier zwischen der wilhelminischen Rechten und dem neuen Rechtsradikalismus der Nachkriegszeit. Anfang September 1917 aus Anlass der von den DVLP-Protagonisten abgelehnten Friedensresolution ins Leben gerufen, verschaffte die Partei der offen antidemokratischen Strömung des radikalen Nationalismus erstmals die parteipolitische Massenbasis, die der an der Parteigründung beteiligte Alldeutsche Verband seit den 1890er Jahren angestrebt hatte. Innenpolitisch kündigte die Vaterlandspartei den ‚Burgfrieden‘ von rechts auf. Sie plädierte für einen repressiven Kurs gegenüber der Arbeiterbewegung und griff auch bürgerliche Politiker heftig an, die sich – wie Matthias Erzberger [siehe: Erzbergerstraße] – für eine Reform des politischen Systems unter Einbeziehung der SPD aussprachen. Die Parteiführung verfolgte den Plan, mit Hilfe eines ‚starken Mannes‘ einen autoritären Staatsumbau einzuleiten und dabei den Reichstag und die Linksparteien auszuschalten.“ 3)
Außerdem war Marlow Vorsitzender des Nationalliberalen Vereins Altona.
Den Posten als Senator in Altona hatte Marlow von 1910 bis 1924 inne. Er lehnte ein kommunales Wahlsystem ab, dass Arbeitern auch die Möglichkeit zum Wählen und Gewählt werden gab. Er wollte stattdessen „die Arbeiterschaft bewusst von allen politischen Entscheidungsprozessen fern[halten]: ‚Ich halte es für ungerecht, daß dem Hafenbummler, dem Gelegenheitsarbeiter, der jede Gelegenheit zur Arbeit aus dem Wege geht, der niemandem nützt und sich womöglich durch seine Frau, sei es mit Hilfe ihrer ehrlichen Arbeit, sei es durch unsittlichen Erwerb, unterhalten läßt, ich sage, ich halte es für unrecht, daß einem solchen Mann die gleiche politische Macht zusteht, wie z. B. einem Kaufmann, der durch seine Tüchtigkeit und Energie neue Absatzgebiete eröffnet.‘ Was Senator Marlow und andere so sehr erboste, war ein Verhältnis zur Arbeit, das sich in der Tat fundamental von jenem protestantischen Arbeitsethos unterschied, deren Bedeutung für die Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise oft und kontrovers diskutiert worden ist. Kennzeichnend für diese Haltung war ein Umgang mit der Arbeit, der weniger auf Einkommensmaximierung zielte, sondern abwog zwischen der Mühsal des Arbeitsprozesses einerseits und einem bestimmten als auskömmlich erscheinenden Lebensstandard andererseits.“ 4)
Viele Arbeiter unterwarfen sich nicht ohne weiteres dem Arbeitsrhythmus eines industriellen Fabriksystems, das regelmäßige, tägliche Arbeit verlangte. Viele waren es noch gewohnt, periodisch zu arbeiten, d.h. auf eine intensive periodische Arbeit folgte eine Periode der Nicht-Arbeit bis wieder Geld benötigt wurde. Dies stieß bei Marlow und seinen politischen Freunden auf kein Verständnis.
Bei der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war Marlow 77 Jahre alt. Weder in der NSDAP-Zentralkartei noch in der NSDAP-Gaukartei des Berlin Document Center im Bundesarchiv findet sich eine auf ihn ausgestellte Mitgliederkarte, sodass sich eine Parteimitgliedschaft darüber nicht nachweisen lässt.