Marnitzstraße
Bergedorf/Lohbrügge (1949): Ludwig Marnitz (2.8.1865 Hamburg -30.3.1943 Hamburg), Pastor der Sander Kirchengemeinde.
Siehe auch: Wilhelm-Bergner-Straße
Vor 1949 hieß die Straße Kapellenstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Ahnenweg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1949 bei Kapellenstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Marnitz „war der erste Pastor der eigenständig gewordenen Kirchengemeinde zu Sande. Unter seiner Regie entstand 1897/99 die Erlöserkirche.“ 1)
Bis 1894 hatte das Dorf Sande zur Pfarrkirche in Steinbek gehört. 1892 kam Ludwig Marnitz als Hilfsgeistlicher dazu, der die kirchliche Betreuung von Sande/Lohbrügge übernehmen sollte. 1985 wurde er Pastor für diese Kirchengemeinde. Eine Kirche war damals aber noch nicht vorhanden. Die Predigten hielt Manitz deshalb im Gasthaus „Schwarzer Walfisch“ ab.
„Als am Himmelfahrtstag 1892 ein großer Teil der Tannen abbrannten und damit ein großes Terrain freimachten, setzte der Pastor hier den Bau von Gotteshaus und Friedhof durch. Zwischen 1893 und 1897 unterstützte die Bevölkerung und vor allem der Fabrikbesitzer Wilhelm Bergner [Wilhelm-Bergner-Straße] das Bauvorhaben großzügig. Es kamen über 80.000 Mark an Spenden zusammen. Die örtlichen Ziegeleibetriebe steuerten 130.000 Ziegel bei. Der aus Hamburg stammende Kirchenbaumeister Hugo Groothoff (1851–1918) wurde mit den Arbeiten betraut.
Schließlich konnte die Saalkirche mit ihrem 52 Meter hohen Glockenturm am 19. März 1899 geweiht werden. Mit dabei: Agnes Bergner, die die eindrucksvollen Fenster gestiftet hat, angefertigt vom Münchner Königlich Bayerischen Hofglasmaler Carl de Bouché (1845–1920).“ 2)
1896 wurde in der Nähe der Kirche auf Anregung von Marnitz eine Warteschule errichtet, eine Betreuungseinrichtung für Kleinkinder. Meist kamen diese Kinder aus ärmeren Familien. Da die Nachfrage nach solchen Betreuungsplätzen wuchs, wurde für die Warteschule zwischen 1910 und 1911 ein eigenes Gebäude schräg gegenüber der Erlöserkirche erbaut. „Der Betrieb wurde zunächst von kirchlichen Kreisen, später vom ‚Vaterländischen Frauenverein‘ (VFV) übernommen, einem Vorläufer der Frauenvereine des Roten Kreuzes.“3) Auch heute noch befindet sich dort ein Kindertagesheim.
Marnitz war von 1892 bis 1935 Pastor in Sande und Lohbrügge. 1897 hatte der damals 32-Jährige Kaufmannssohn – seine Eltern waren Johann Ludwig Friedrich Marnitz und Laura Magdalena Marnitz, geb. Bang - die damals 27-jährige Kaufmannstochter Anna Maria Schmidt (geb. 9.3.1870 Hamburg) geheiratet.
Als die Nationalsozialisten am 1. Mai 1933 zu Aufmärschen und Großkundgebungen in Bergedorf und Lohbrügge aufriefen, erhielten sie von Pastor Marnitz den kirchlichen Segen. Dazu schreibt Alfred Dreckmann: „Eingeleitet wurden die Aufmärsche mit Feldgottesdiensten in Bergedorf und Lohbrügge. Pastor Marnitz aus Lohbrügge lobte den ‚Volkskanzler‘ und sprach von ‚Volk ohne Raum‘, von neuen deutschen Volksbewußtsein und vom ‚neuen Volksfrühling‘.“ 4)
Über eine NSDAP Mitgliedschaft Marnitzs ist nicht bekannt. Weder in der NSDAP-Zentralkartei noch in der NSDAP-Gaukartei des Berlin Document Center im Bundesarchiv findet sich eine auf Ludwig Marnitz ausgestellte Mitgliedskarte, sodass sich eine Parteimitgliedschaft darüber nicht nachweisen lässt.
Ludwig Marnitz starb 1943 im Alter von 78 Jahren. Seine Ehefrau Anna Maria Marnitz wurde 85 Jahre alt und starb am 20.7.1955 in Rotenburg/Hannover. 4)