Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Basedowstraße

Hammerbrook (1895): Prof. Johann Bernhard Basedow (11.9.1723/1724 Hamburg – 25.7.1790 Magdeburg), Schulreformer und Philantroph, Freimaurer; Pseudonym: Bernhard von Nordalbingen


Basedow war der Sohn von Anna-Maria, geb. Leonhard (1693-1780) und des Perückenmachers und Bleichers Hinrich Basedow (1699-1782).

1752 heiratete Johann Basedow in Hamburg Anna Emilie, geb. Dumas (1730–1753). Das Paar bekam 1753 einen Sohn. Anna Emilie starb zwei Tage nach der Geburt des Kindes im Kindbett.

Seine zweite Ehe ging Basedow ein Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau ein; er vermählte sich mit Gertrud Elisabeth, geb. Hammer (1731-1788). 1755 wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren, das allerdings nur knapp ein Jahr alt wurde. 1760 kam das zweite Kind auf die Welt. Dieses wurde knapp 3 Jahre alt; 1763 dann das dritte Kind, das auch nur knapp ein Jahr lebte. Das 1766 geborene Kind wurde 6 Jahre alt. Erst das fünfte Kind, die 1768 geborene Tochter Emilie (18.3.1769 Altona – 20.1.1840 Wörbzig) erreichte das Erwachsenenalter. Sie erhielt von ihrem Vater eine besonders gute Bildung. Und so konnte Emilie bereits im Alter von sechs Jahren auf lateinische Fragen lateinisch antworten. Auch konnte sie französisch sprechen und hatte in diesem Alter schon Kenntnisse über die Weltgeschichte und Geografie. Sie wurde später verheiratet mit dem Pfarrer Carl Friedrich Emmanuel Cautius und musste sich auf die dem weiblichen Geschlecht in einer patriarchalen Gesellschaft vorgeschriebene Rolle der Hausfrau und Mutter beschränken.

Als Basedow Vater von Emilie wurde, arbeitete er als Lehrer am Gymnasium Christianeum in Altona. Zuvor hatte er als Philosophieprofessor an der Ritterakademie von Soroe bei Kopenhagen gewirkt.

Ein Jahr nach Emilies Geburt veröffentlichte Basedow seine Schrift „Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker“. Jürgen Overrhoff schreibt in seiner Biographie über Basedow, dass dieser dafür eintrat, dass „auch Mädchen eine exzellente Bildung erhalten sollten, zumal es Frauen gebe, die durch ihre Neigung gar nicht ans Heiraten dächten, sondern Selbstständigkeit anstrebten. Mädchen, die frühzeitig über eine hervorragende Bildung verfügten, könnten sich als erwachsene Frauen selbst ihr Brot erwerben, um nicht von bevormundenden Männern abhängig zu sein. Mit diesen“1) so Jürgen Overhoff: „öffentlich gemachten Überlegungen war Basedow in Deutschland einer der ersten Autoren, die sich für eine bestmögliche Erziehung des weiblichen Geschlechts einsetzten.“ 2)

Basedow vertrat zwar die Auffassung, dass Mädchen auch etwas lernen sollten, doch so Claudia di Pianduni in ihrer Dissertation „Mütterliche Briefe und „‘väterlicher Rath‘ Mädchenbildung im Zeitalter der Aufklärung bei Campe und La Roche“ aus dem Jahr 2013: „erwartete Basedow vom Mädchen, dass es, um in der Gesellschaft zu gefallen, Deutsch und Französisch sprechen, musizieren, zeichnen und tanzen könne, hielt einen Unterricht z. B. in Geschichte, Geografie und Naturkunde aber für unnötig.“ 3)

Basedow argumentierte „hinsichtlich der Stellung der Frau zum Mann aus einer für die Zeit der Aufklärung typisch männlichen Perspektive heraus. Bei Basedow heißt es in derselben Weise: ‚Ein Mädchen wird fast niemals in den Stand der Unabhängigkeit kommen. Daher muß es von Jugend auf gewöhnt werden, keine Zusage von irgendeiner Wichtigkeit zu geben, ohne diejenigen, von denen es abhängt, vorher zu fragen ... Töchter muß man zu der Möglichkeit einer jeden glücklichen Heirat erziehen.‘ Dies bedeutet, dass die Frau ohne die Heirat eines Mannes in der Gesellschaft nicht existieren kann.“ 4)

Die Abhängigkeit der Frau vom Manne beschrieb Basedow „1770 (...) in seinem Methodenbuch (…): ‘Hingegen ist eine Person des andern Geschlechts am geschicktesten durch ihre Annehmlichkeit, dem Manne zu gefallen, durch die Sorgfalt für viele kleine Bedürfnisse und Vergnügungen und durch kluge Abwendung vieler kleinen Übel und Verdrießlichkeiten dem Manne, sich selbst und der ganzen Familie im ganzen sehr große Dienste zu leisten. (...) Sie ist unter der Herrschaft, folglich muß sie dieselbe zu ertragen wissen; sie nimmt aber teil an der Herrschaft über Kinder, Hausgenossen und Gesinde; sie muß also auch die Gaben und Tugenden einer häuslichen Regentin besitzen. (...) Daraus folgt, daß die Erziehung einer Tochter die Ausübung aller dieser Pflichten, welche ihr bevorstehen, erleichtern müsse. Sie muß angewöhnt werden, ihre Person und ihren Umgang angenehm zu machen und zu erhalten, das männliche Geschlecht als das zum Vorzuge der Herrschaft bestimmte von Jugend auf anzusehen, sich dasselbe durch Sanftmut, Geduld und Nachgeben geneigt zu machen, die Aufmerksamkeit auf die kleineren Angelegenheiten des Hauses für wichtig zu halten und endlich die Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit in Worten und Handlungen mit der äußersten Sorgfalt zu beobachten...‘.“ 5)

Emilie wurde von ihrem Vater und ihrem Hauslehrer, dem Pädagogen Christian Heinrich Wolke, unterrichtet. Über Basedows und Wolkes Motivation, sich Emilie erzieherisch so intensiv hinzuwenden, schreibt Jürgen Overhoff: „Offenkundig liebäugelten Basedow und Wolke schon in Altona mit dem Vorhaben, aus Emilie ein aufsehenerregendes Wunderkind zu machen. Schon als Zweijährige konnte sie von sehr vielen Dingen mit einer erstaunlichen Richtigkeit urteilen, sodass sie bei ihren Zuhörern in Hamburg und Umgebung nachweislich große Verwunderung erregte, zumal sie auch bereits die Buchstaben erkennen konnte.“ 6)

Nachdem Basedow mit seiner Familie nach Dessau gezogen war, wurden 1772 und 1774 noch zwei weitere Kinder geboren, von denen eines im Alter von 10 Jahren verstarb. Nur das 1774 geborene Kind - ein Junge – erreichte neben der 1769 geborenen Emilie das Erwachsenenalter.

Emilie wurde in dieser Zeit als Wunderkind „herumgereicht“. Jürgen Overhoff schreibt: „Als Vierjährige reiste sie mit ihrem Vater und dem Hauslehrer Wolke ins brandenburgische Reckahn, wo die beiden Männer das Mädchen dem dort ansässigen Freiherrn Friedrich Eberhard von Rochow vorstellten, der auf seinen Gütern eine Schule eröffnet hatte, in der die Kinder der Dorf- und Landleute nach Basedows Pädagogik erzogen werden sollten. (…) Gegenüber den Zuschauern, die bei Emilies Auftritten anwesend waren, betonten die Erzieher, dass sie das Kind nicht über Gebühr strapazierten, sondern ihm das Lernen zur Freude machten. (…) Im Alter von fünf Jahren hatte Emilie die Grundlagen der lateinischen Sprache erlernt. Sie verfügte über einen 3000 Wörter umfassenden Wortschatz, den sie im Gespräch wie Wörter der Muttersprache erworben hatte.“ (…).7)

Emilie bot also mit ihrer Intelligenz und schnellen Auffassungsgabe ein gutes „Aushängeschild“ für die Basedowschen Lernmethoden. Im Alter von sieben Jahren absolvierte sie im Dessauer Philanthropin ein öffentliches Examen. Doch schon bald wurde Kritik an den Lernmethoden, die Gottfried Heder (siehe: Herderstraße) als Dressurakt bezeichnete, laut. Deshalb schickte Basedow seine Tochter, als sie zehn Jahre alt war, zurück nach Hamburg, wo sie bis 1782 in aller Abgeschiedenheit bei einer Tante lebte. Emilie soll sich als Jugendliche an die ereignisreichen Kindertage zurückgesehnt haben.

Als Emilie 15 Jahre alt war, holte Basedow sie nach Dessau zurück. Basedow widmete sich, besonders nach dem Tod seiner zweiten Frau (1788) intensiv der Bildung seines 1774 geborenen Sohnes Ludwig, damit dieser ein Universitätsstudium beginnen konnte. Seine Tochter Emilie verheiratete Basedow, als diese 20 Jahre alt war mit dem Pfarrer Carl Friedrich Emanuel Caurius. Emilie bekam vier Kinder und fristete ihr Leben als intellektuell unterversorgte Pfarrersgattin. Wegen ihrer guten Sprachkenntnisse hätte sie gern als Übersetzerin gearbeitet.

Basedow ist in die Geschichtsschreibung als ein Vertreter „moderner Auffassungen zur Religion, zum Religionsunterricht und zur Toleranz“ 8) eingegangen. Über seine ambivalenten Ansichten in Bezug auf die Aufgaben, die eine Frau zu erfüllen habe, wird weniger berichtet.

Als Basedow lebte, stand er „in dem Ruf einer der wichtigsten pädagogischen Vordenker im damaligen deutschen Reich zu sein. (…) Vor allem zwei Erziehungsprinzipien waren es, die Basedow in Deutschland populär zu machen suchte, erstens eine Pädagogik des Spiels und zweitens eine konsequente Hinführung zur Akzeptanz unterschiedlicher religiöser Überzeugungen in Staat und Gesellschaft, die Herausbildung eines radikalen Toleranzverständnisses also, das schon in der Schule erarbeitet werden sollte, sodass ‚Jugend aus verschiedenen Kirchen, ohne Widerspruch der geistlichen, das Menschliche und Bürgerliche zusammen gemeinschaftlich lernen und zugleich in den ersten Jahren sich zu heilsamen Vertragsamkeit gewöhnen können.‘‘ 9)

Im Bio-bibliographischen Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts heißt es über den Lebensweg von Basedow: „B., der vor allem als Begründer der philanthropinischen Aufklärungspädagogik berühmt wurde, entfloh mit 15 Jahren aus seinem bedrückenden Elternhaus und verdingte sich ein Jahr lang als Diener bei dem Flensburger Arzt Boessel, kehrte dann nach Hause zurück, ging bis 1743 auf das Johanneum und besuchte von 1743-1746 das Gymnasium in Hamburg (…). Anschließend studierte er (Theologie), zunächst in Leipzig (1746-1748), dann in Kiel. Dort war er auch Hauslehrer bei einem Herrn von Borgholst (bis 1753); aus seiner dabei gemachten Unterrichtserfahrung ging auch seine Kieler Magisterdissertation von 1752 hervor (…). Unmittelbar anschließend (1753) wurde B. zum ‚Professor der Moral, schönen Wissenschaften, und der deutschen Sprache‘ an der Ritterakademie in Soroe ernannt. Vor allem in Folge von Querelen im Anschluß an philosophisch-theologische Schriften B.s wurde er 1761 als Professor nach Altona versetzt, wo er, weitgehend von Lehraufgaben freigestellt, eine umfängliche schriftstellerische Aktivität entfaltete. Mit seinen zunächst erschienenen populärphilosophischtheologischen Schriften geriet er wiederum mit der offiziellen Kirche aneinander. Diese Auseinandersetzungen führten letztlich auch zu seiner Entlassung aus dem dän. Staatsdienst (1768), wobei ihm aber sein Gehalt in voller Höhe als lebenslängliche Pension erhalten blieb. Zur selben Zeit hatte er sich bereits von der Beschäftigung mit theologischen Themen abgewandt und sich erneut auf pädagogische Arbeiten geworfen. Dieser Tätigkeit entwuchs 1768 die Schrift, die die entscheidende Wendung seines Lebens bedeuten sollte, die Vorstellung an Menschenfreunde und vermögende Männer über Schulen, Studien und ihren Einfluß in die öffentliche Wohlfahrt, mit einem Plane eines Elementarbuchs der menschlichen Erkenntnis. Diese Schrift ist auch der Beginn der Arbeit an dem hier als Elementarbuch apostrophierten grundlegenden Lehrwerk, das nach mancherlei Vorarbeiten und einer vorläufigen Publikation 1774 in endgültiger Form als Das Elementarwerk erschien. In seiner Vorstellung ... hatte er nicht nur sein Konzept einer idealen Jugenderziehung dargestellt, sondern um materielle Mithilfe bei der Verwirklichung einer entsprechenden Lehranstalt gebeten, die ihm auch reichlich zuteil wurde. In Sonderheit berief ihn Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt- Dessau nach Dessau, wo er eine Erziehungsanstalt nach seinen Ideen, das sogenannte Philanthropin, gründete. (…) Aufgrund seiner mehr theoretischen Ausrichtung und seiner Unverträglichkeit in der Zusammenarbeit mit anderen schied B. nach einigen Zwischenlösungen 1778 endgültig aus der Leitung der Schule aus. Nachdem er sich zwischenzeitlich der Erziehung seiner Tochter Emilie gewidmet hatte, verfaßte er wieder eher theologische Schriften, brachte 1785 die 2. Auflage seines Elementarwerks heraus und kümmerte sich, auch praktisch, um Probleme des Anfangsunterrichts. Vor allem seit dem Tod seiner zweiten Frau widmete er sich ausgiebigst der Vorbereitung seines Sohnes Ludwig auf das Universitätsstudium. Auf einer damit verbundenen Reise nach Magdeburg starb er am 25.7.1790. (…)“ 10)