Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Otto-Wels-Straße

Winterhude (2013): Otto Wels (15.9.1873 Berlin – 16.9.1939 Paris), Tapezierer, Mitglied der SPD, Mitglied der Nationalversammlung, hielt die letzte freie Rede im Deutschen Reichstag am 23.3.1933.


Vorher hieß die Straße seit 1926 Hindenburgstraße. Teilumbenennung dieser Straße in Otto-Wels-Straße wegen Verstrickung Hindenburgs in den Nationalsozialismus (siehe dazu unten im Text).

Otto Wels musste seine vielen Vortragsreisen durch Brandenburg aus eigener Tasche bezahlen. Das sprengte sein Tapezierergesellengehalt. Seine Ehefrau Bertha Antonie Reske unterstützte mit ihrem Gehalt als Näherin Otto Wels kostenintensives politisches Engagement. In einem Vortrag über Otto Wels charakterisierte Manfred Stolpe den „privaten“ Politiker wie folgt: „Bei all dem Druck politischer Krisen, neben allen Verpflichtungen, bemühte er sich dennoch, das Familienleben zu achten und zu pflegen. Seine Frau, die ihm unerschütterlich beistand, hatte in seinen Augen das Recht auf einen ebenso verlässlichen Partner. Als führender Politiker wollte er auch Vorbild sein und legte gerade auf eheliche Treue größten Wert. Dies vielleicht gerade deshalb, weil besonders seine Anziehungskraft auf Frauen übereinstimmend hervorgehoben wird“. 1)
Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand schreibt in ihrer Kurzbiografie über Otto Wels: „Seit 1919 ist Otto Wels Reichstagsabgeordneter und entschiedener Anhänger der Republik. Als SPD-Parteivorsitzender greift er die Nationalsozialisten in Reden und Artikeln unerschrocken an. Bis zuletzt versucht Wels, die Republik und ihre Verfassungsordnung zu verteidigen. Im März 1933 will sich Hitler vom Parlament unabhängig machen und fordert deshalb das Recht der Gesetzgebung für seine Regierung. Dieses ‚Ermächtigungsgesetz‘ soll vorgeblich auf vier Jahre begrenzt sein. Es bedeutet tatsächlich die völlige Entmachtung des Reichstages und die Zerstörung der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung. Durch die Festnahme der meisten kommunistischen Abgeordneten, die Aberkennung ihrer Mandate sowie die absehbare Zustimmung des Zentrums und der Liberalen steht die SPD-Reichstagsfraktion alleine vor der Aufgabe, Hitlers Pläne abzulehnen. Otto Wels wendet sich entschieden gegen die Entmachtung des Parlaments. Er bekennt sich zu den Grundsätzen des Rechtsstaats, des Parlamentarismus, der Menschlichkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Nach seiner Rede gegen das ‚Ermächtigungsgesetz‘ wird Wels auf der letzten SPD-Reichskonferenz am 26. April 1933 noch einmal zum Parteivorsitzenden gewählt. Die Zerschlagung der Gewerkschaften Anfang Mai beweist ihm, dass es keinerlei Möglichkeit der legalen Opposition gegen Hitlers Regierung geben kann. Wels emigriert nach Prag und wird einer der Vorsitzenden der Exil-SPD (SOPADE). 1938 flieht er nach Paris, wo er ein Jahr später stirbt.“ 2)

In Wikipedia steht über Wels Werdegang bis 1919 – wobei Mutter und Ehefrau von Otto Wels in keiner Weise Erwähnung finden: „Otto Wels wurde als Sohn eines Gastwirts in Berlin geboren. 1891 trat er in die SPD ein und begann gleichzeitig eine Lehre als Tapezierer. Nach Abschluss der Lehre arbeitete er in Berlin, Regensburg und München. Von 1895 bis 1897 leistete er Militärdienst.

Wels besuchte die Parteischule der SPD und begann sich 1906 hauptamtlich politisch zu engagieren. Er wurde für den Verband der Tapezierer gewerkschaftlich aktiv. Von 1907 arbeitete er als Parteisekretär in Brandenburg und gleichzeitig in der Pressekommission des Vorwärts.

Seine Parteiarbeit war erfolgreich, so dass er 1912 für den Wahlkreis Calau-Luckau in den Reichstag einzog und ein Jahr später auf Vorschlag August Bebels [siehe: Bebelallee] in den SPD-Parteivorstand wechselte.“ 3)

Otto Wels‘ s Eltern Friedrich Carl Wels und Johanne Christiane Wels, geborene Scholz führten in Berlin eine Gastwirtschaft, „in der sich in den Jahren des Sozialistengesetzes Mitglieder der SPD trafen. Hier lernte Wels auch u.a. August Bebel, Wilhelm Liebknecht und andere Führungspersönlichkeiten der Partei kennen und kam so früh mit den Ideen und Zielen der Sozialdemokratie in Berührung.“ 4)

In der Zeit, als Otto Wels als Tapezierer in verschiedenen deutschen Städten arbeitete, lernte er seine zukünftige Ehefrau die Näherin Bertha Antonie Reske (geboren 5.1.1874 Berlin) kennen. Das Paar heiratete und bekam zwei Söhne.

Paul von Hindenburg
(1847-1934)
Reichspräsident, kommandierender General, Oberbefehlshaber des deutschen Heeres
Namensgeber für Hindenburgbrücke, Alsterdorf (1926):
Namensgeber für Hindenburgstraße, Groß Borstel (1926)

Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt worden war, am 1. Februar 1933 der Reichstag aufgelöst und für den 5. März 1933 Neuwahlen festgelegt worden waren, hatte Reichspräsident Hindenburg am 4. Februar 1933 die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Damit hatte er eine erste gesetzliche Grundlage geschaffen, um politische Gegner zu verfolgen; „in Preußen ersetzte man Beamte der Polizeiverwaltung, die SPD-Mitglieder waren, durch ‚national‘ eingestellte Personen, und stellte seit dem 22. Februar eine Hilfspolizei aus SA, SS und ‚Stahlhelm‘ zusammen; am 28. Februar verkündete man die vom Reichspräsidenten am 4. Februar 1933 erlassene ‚Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat‘. Wichtige Grundrechte der Weimarer Verfassung galten nicht mehr – es herrschte ein fortdauernder Ausnahmenzustand. Dazu gehörte das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands; ihre Anhänger sowie Sozialdemokraten, Reichsbanner-Funktionäre und exponierte NS-Gegner anderer Parteien wurden verhaftet und in ersten Konzentrationslagern in sogenannte ‚Schutzhaft‘ genommen.“ 5)
Der Beirat „Namensgebende Persönlichkeiten“ der Landeshauptstadt Hannover für das Projekt „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“ gab am 1. Oktober 2015 für die sich in Hannover befindende 1916 benannte Hindenburgstraße und die 1965 benannte Hindenburgschleuse die Empfehlung: Umbenennung. In ihrer Stellungnahme heißt es u. a.: „Hindenburg ermöglichte die nationalsozialistische Diktatur, beginnend am 30. Januar 1933 mit der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler. (…) Die Eingriffe zur Ausschaltung des Parlaments, zum Verbot der politischen Parteien und der Gewerkschaften sowie zur Errichtung der Einparteiendiktatur trug Hindenburg mit. (…) Hindenburg begrüßte den Ausbau der Diktatur. Das ‚politische Testament‘ Hindenburgs datiert vom 11. Mai 1934. Pyta (2007) resümiert: ‚In seinem politischen Testament brachte Hindenburg unmissverständlich sein Wohlwollen über die seit dem 30. Januar 1933 eingeleitete Entwicklung zum Ausdruck und bestätigte damit zugleich die Richtigkeit der nach langem inneren Ringen getroffenen Entscheidung: ‚Mein Kanzler Adolf Hitler und seine Bewegung haben zu dem großen Ziele, das deutsche Volk über alle Standes- und Klassenunterschiede zu innerer Einheit zusammenzuführen, einen entscheidenden Schritt von historischer Tragweite getan.‘

Fazit. Der Reichspräsident Hindenburg hatte bei der Zerstörung der Republik und beim Ausbau der Diktatur unter einem antisemitischen Regierungsprogramm die zentrale Rolle. Er hat mit seiner verfassungsmäßig starken Position ab 1930 den Reichstag über den Weg der Präsidialkabinette auch unter Bruch der Verfassung übergangen und Hitler zum Kanzler gemacht. Auch danach trug er die Maßnahmen mit, die am Ende die nationalsozialistische Diktatur ermöglichten.“ 6)