Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Peter-Lurenz-Weg

Eißendorf (1943): Romanfigur nach einer Novelle von John Brinckman.


Der Weg wurde in der Zeit des Nationalsozialismus benannt. Siehe zum Thema Niederdeutsche Bewegung und ihre Nähe zum Nationalsozialismus im Eintrag zu: Boßdorfstraße.

Hartwig Suhrbier, Kenner der Literatur aus Mecklenburg, schreibt über Peter Lurenz in seinem Buch „Lügengeschichte aus Rostock und Hamburg“, dass dieser im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts in Rostock gelebt hat und Geschichten erzählte, die seiner Phantasie entsprungen waren. „In den Lügengeschichten, die er in Kneipen erzählte, rühmte er sich der Duzbrüderschaft mit den großen der Welt und einer herausragenden Rolle bei bedeutenden Ereignissen seiner Zeit. Nach seinem Tod 1835 sind seine Münchhausiaden in tabakswolkenumwogten Männerrunden weiter erzählt worden.“ 1)

Der Schriftsteller John Brinkman übernahm die Figur Peter Lurenz in seiner Novelle „Peter Lurenz bi Abukir“ (1868).

Aber schon vor John Brinkman hatte sich ein anderer mit Peter Lurenz beschäftigt: Ludwig Reinhard. Dazu Hartwig Suhr: „bemerkenswert ist, dass Ludwig Reinhard seine beiden 1853 – zu Zeiten der reaktionären Repression nach der Revolution von 1848/49 – publizierten Lurenz-Geschichten autoritätskritisch unterfüttert und daß John Brinkman seine Lurenz-Erzählung unter Hinweis auf Reinhards Texte 1868 ebenfalls kritisch eingefärbt hat: die militärischen Genies Napoleon und Nelson erscheinen als überforderte Dilettanten, (…)Die damaligen Standesschranken zwischen Adel und Bürgern gelten [nicht] für Lurenz (…).“ 2)

Hartwig Suhrbier beschreibt den Inhalt der Novelle Peter Lurenz wie folgt: „Nur dank des taktischen Ratschlages, den der nautische Amateur-Forscher Peter Lurenz seinem Duzbruder Nelson erteilt, kann der erfolgreichste Admiral jener Zeit die französische Flotte in der Seeschlacht bei Abukir nahe Alexandria (1798) vernichten und damit die Seeherrschaft Englands sichern. Das ist der Kern dieser Lügengeschichte.“ 3)

Den Sieg über die Franzosen verdankt Nelson Peter Lurenz‘ nautischen Kenntnissen. Durch Lurenz‘ Geistesgröße erhielt die Navigation „einen Schups bis in das nächste Jahrhundert hinein – mit einem Wort, da erfand ich [Peter Lurenz] die horizontale Peilung und den submarinen Pegel mit dem doppelten Schneller. (…) ohne die horizontale Peilung und den submarinen Pegel hätte die Schlacht bei Abukir im Leben nicht vom Engländer gewonnen werden können, und ich, wäre ich nicht zur rechten Zeit darüber zu gekommen, dann hätte der Engländer dort auch so sicher mit‘ ner langen Nase abziehen müssen wie einst der Däne vor Gadebusch.“ 4)

John Brinkman lässt seine Novelle in einer Kneipe spielen, in der Peter Lurenz spätabends mit dem Brauer Herrn Block sitzt und diesem die Geschichte erzählt. Dabei fließt reichlich Alkohol.

Peter Lurenz beschreibt seine Fahrt auf einem Frachtschiff im Mittelmeer, wo er den Kriegsschiffen Nelsons und Napoleons begegnet. Lurenz wird an Bord des Schiffes von Nelson gebeten, der – wie überhaupt die ganze Welt – schon längst von Lurenz besonderen nautischen Kenntnissen erfahren und diese bereits erfolgreich angewendet hat. Deshalb wird Lurenz von Nelson begeistert begrüßt und hofiert. Peter Lurenz wird Nelsons Duzbruder, der mit Hilfe von Lurenz die Schlacht gegen Napoleon gewinnt.

Dass die Welt von Peter Lurenz‘ Erfolg nichts erfährt, liegt nur daran, dass Peter Lurenz Nelson untersagt, in seinem Bericht an den englischen König Georg Peter Lurenz als Verursacher des Sieges zu nennen. Ganz Weltmann lehnt Peter Lurenz auch den ihm von Nelson angebotenen Adels-Titel sowie Geld ab. „‘För Geld un Gunst verköfft Peter Lurenz sick nich‘. Er sei bloß eine Art Sportsmann in solchen Sachen, ‚de reine Amatüre, nicks nich wider‘. Nur ein persönliches Geschenk von Nelson, einen silberbeschlagenen Peilstock aus Ebenholz und Elfenbein mit der eingravierten Inschrift: ‚In memory of Abukir. Nelsonius Laurentio suo‘, nimmt Lurenz an.“ 5)

Hartwig Suhrbier kommt zu dem Schluss: „die Lurenz-Texte sind als Lügengeschichte einzigartig wegen ihrer autoritäts- und gesellschaftskritischen Tendenz: sie führen militärische Genies als tumbe Toren vor (…). Die übermäßige Bescheidenheit, die Lurenz (…) bei (…) Brinkman (…) mit der Ablehnung von lobenden Erwähnungen im Militärrapport sowie von Titeln, Orden und Geldgeschenken zeig[t], fungiert (…) nur vordergründig als humoristischer Kontrast zu [seinen] außerordentlichen Leistungen. Vor allem zielt diese Ablehnung auf die Standeshierarchie selbst, und sie erwächst aus dem bürgerlichen Anspruch auf Gleichberechtigung durch Tüchtigkeit und Leistung.“ 6)