Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Philipsstraße

St. Georg (2004): nach der Firma Philips, die hier ihren Hauptsitz hatte. Begründer der Firma G. Philips.


1891 gründete Frederik Philips (1.12.1830 Zaltbommel – 12.6.1900 Zaltbommel) in Eindhoven gemeinsam mit seinem Sohn Gerard die Firma „Philips & Co.“

Frederik Philips war mit Maria Heyligers verheiratet und hatte mit ihr zehn Kinder, unter ihnen Gerard (9.10.1858 Zaltbommel – 25.1.1942 Den Haag).

„Gerard und sein jüngerer Bruder Anton Philips [14.3.1874 Zaltbommel-7.10.1951 Eindhoven] veränderten das Geschäft durch Gründung der N.V. Philips Gloeilampenfabrieken (Philips Glühlampenfabriken) im Jahre 1912. Als erster CEO der Philips Corporation legte Gerard mit Anton die Basis für den multinationalen Philips-Konzern.“ 1)

„1926 wurde im Forschungslabor Natlab die Pentodenröhre für Radios erfunden und im selben Jahr die Deutsche Philips G.m-b.H. in Berlin gegründet. Bei dieser Gründung umfasste das deutsche Lieferprogramm vier Produktlinien: Lautsprecher, Gleichrichter, Netzanschlussgeräte und Ersatzröhren.“2)

1927 übernahm das niederländische Unternehmen „Philips“ die Hamburger Firma C.H.F. Müller, bekannt als „Röntgenmüller“. Mit diesem Kauf stieg der Glühlampenhersteller in die Medizintechnik ein.

„Das Unternehmen stellte 1928 in verschiedenen europäischen Städten seine ersten Fernsehgeräte vor. Zu diesem Zeitpunkt waren 45.000 Menschen bei Philips angestellt. 1939 folgte die Einführung des Rasierers Philishave mit rotierendem Schersystem, dessen Grundprinzip bis heute unverändert in die Philips-Rasierer einfließt.

Die Allgemeine Deutsche Philips Verwaltungs GmbH (Alldephi) wurde gegründet, um die Rechte der niederländischen Muttergesellschaft wahrzunehmen. Doch der Zweite Weltkrieg beendete zunächst den weiteren Aufbau des Unternehmens in Deutschland. Der Geschäftsführer von Philips in Deutschland, Theodor Graf von Westarp, musste bei Kriegsbeginn auf Grund seiner Meinung zur politischen Situation in Deutschland seine Verantwortung abgeben.“ 3)

Zwangsarbeiterinnen für die „Philips Valvo-Werke, GmbH, Zweigniederlassung Hamburg“ und der „Hamburger Batterie-Fabrik Otto Gross“ (Habafa)
In der Zeit des Nationalsozialismus während des Zweiten Weltkrieges zwischen 1940 und 1945 wurden Mädchen und junge Frauen aus den besetzten Ostgebieten zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Veranlasst wurde die Zwangsverschleppung von eiligst in den besetzten Ländern eingerichteten deutschen Dienststellen.

Als „Ostarbeiterinnen“ mussten die Frauen unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie und in anderen Firmen verrichten. So auch z. B. in den „Philips Valvo-Werken, GmbH, Zweigniederlassung Hamburg“ in Hamburg-Lokstedt und der Hamburger Batterie-Fabrik Otto Gross (Habafa).

Die „Ostarbeiterinnen“ aus Russland, der Ukraine und Weißrussland (heute Belarus) waren im Zwangsarbeiterlager zwischen Veilchenweg und Clematisweg, angrenzend an die Stresemannallee (damals Horst-Wessel-Straße) mit Eingang am Clematisweg 1, auch „ Lager Weitblick“ genannt, untergebracht.

Es gab 4 Unterkunftsbaracken. Sie waren laut Zeichnung des Architekten Konstanty Gutschow aus dem Jahre 1942 für jeweils 170 Zwangsarbeiterinnen gedacht und mit Stacheldraht gesichert.
Zwangsarbeiterinnen in Baracke Clematisweg 1. November 1944, Quelle: Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Die Lebens-und Ernährungsbedingungen im Lager waren sehr schlecht Etwa 20 Frauen mussten sich eine Abteilung eines großen Barackenraumes teilen. In ihm standen Stockbetten, in denen jeweils zwei Frauen in einem Bett und in ihrer Kleidung schliefen, um sich zu wärmen Zum Waschen stand dort für alle nur ein Fass, in dem das Wasser erwärmt wurde.
Zu essen gab es wenig, Steckrüben und „ein Krümelchen“ Brot am Tag, manchmal auch etwas Margarine.

Im Lager waren auch einige Säuglinge von Zwangsarbeiterinnen untergebracht.
Den Müttern, die an sechs Tagen 10-12 Stunden Zwangsarbeit leisten mussten, war es nicht möglich, sich ausreichend um ihre Kinder zu kümmern.

In einer Baracke im Clematisweg kam das Säuglingsmädchen Talja Kontschewskaja am 15. März 1945 mit einer Lungenentzündung und an Unterernährung leidend ums Leben. Die kleine Talja war 1 Monat und drei Wochen alt.

Am Sonntag, den 18. Juni 1944 um 9:45 Uhr, wurden in diesem Zwangsarbeitslager 140 Mädchen und Frauen im Alter zwischen 14 und 50 Jahren bei einem Bombenangriff getötet. Sie waren ungeschützt den Bomben ausgeliefert, denn Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern war es verboten, einen Luftschutzbunker aufzusuchen. Die im Lager angelegten Luftschutzgräben boten keinen Schutz. Der Tod dieser Menschen wurde wissentlich in Kauf genommen. Erst nach diesem Bombenangriff durften Zwangsarbeitende bei Bombenangriffen die nahegelegenen Luftschutzbunker aufsuchen.

Zeitzeugin Gertrud Meyer
Gertrud Meyer (21.1.1898 in Köln - 21.12.1975 in Hamburg), Gründerin eines Archivs für antifaschistischen Widerstand, Mitbegründerin des Komitees ehemaliger politischer Gefangener sowie Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime arbeitete in der NS-Zeit einige Zeit als Laborantin in den „Philips Valvo-Werken GmbH“. In ihrem Buch „Die Frau mit den grünen Haaren“ erinnert sie sich an die dortigen Zwangsarbeiterinnen „In den letzten Monaten des Jahres 1942 brachte der Meister in der Gitter-Abteilung, der Baltendeutsche Meyer, nach längerer Abwesenheit eine Gruppe junger Frauen und Mädchen mit, die er von einer 'ertragreichen' Reise in die Ukraine 'organisiert' hatte. Sie kamen meistens aus dem Gebiet von Dnjepropetrowsk. Es waren Studentinnen, junge Lehrerinnen, Ärztinnen und Arbeiterinnen. Eines der jungen Mädchen berichtete später: 'Nachdem die SS alles niedergewalzt und unsere Angehörigen ermordet hatte, trieben sie uns wie Vieh mit Waffengewalt in die Waggons.' Solche Reisen zur Eintreibung von Zwangsarbeitern wiederholten sich noch mehrere Male. Nach den Bombenangriffen im Juli 1943 waren die im Betrieb arbeitenden holländischen Zwangsarbeiter - teils aus dem Werk Eindhoven, aber auch bei Razzien zusammengetriebene Arbeiter und Studenten aus anderen Ländern - nach Hause gefahren und nicht mehr wiedergekehrt. Diese Lücken wurden mit 'Ost'-Arbeiterinnen aufgefüllt.

Dem Philips-Werk kamen diese billigen Arbeitskräfte sehr gelegen, und es bemühte sich kaum, auch nur die primitivsten Voraussetzungen für menschliche Lebensbedingungen zu schaffen. Die Unterkunft bestand fünf Monate lang in dem ehemaligen Luftschutzbunker des Betriebes. Die Ernährung war beschämend dürftig, die Entlohnung entsprach kaum einem Taschengeld. Die meisten Frauen und Mädchen arbeiteten in der Gitter-Abteilung, welche nun keine deutschen Arbeitskräfte mehr beschäftigte. Auf den Türen stand: 'Ostarbeiter! Eintritt verboten!' Wenn diese jungen Menschen in Wind und Wetter auf dem Hof ihre Brühe löffelten - die einzige Gelegenheit, um Luft zu schöpfen -, war es für die Nazikreaturen des Betriebs leicht, sie zu verhöhnen und hämisch auf die 'Untermenschen' zu zeigen. Aber der größere Teil der Belegschaft erkannte bald, dass diese so erniedrigten 'Russenweiber' Würde und Haltung zeigten, eine kühle Abwehr, die so gar nicht zu dem Bild von Untermenschentum passen wollte.

So wandelte sich bald die Haltung der Belegschaft - entgegen allen 'Anweisungen' der leitenden Nazis des Betriebs, ihrer Vasallen, dem Betriebsobmann, der 'Sozialen Betriebsleiterin', den Denunzianten und Spitzeln - mehr und mehr zu heimlichen Sympathieäußerungen. Man steckte den Mädchen Lebensmittel, Kleidungsstücke, Toilettenartikel und kleine Schmuckstücke zu. Aus Verwahrlosten und Heruntergekommenen wurden allmählich nette junge Mädchen und Frauen. Viele Betriebsangehörige setzten sich - mehr oder weniger offen - für sie ein, missbilligten die schändlichen Verhältnisse, in denen sie zu leben gezwungen waren. Unter ihnen waren zum Beispiel auch der Verwaltungsleiter Valentin und - so unwahrscheinlich es klingen mag - der Abwehrmann des Betriebes Eitersberger, der manches riskierte, um die Antifaschisten seines Betriebes zu schützen, ohne dass diese es ahnten. Durch deren Unterstützung und den immer dringenderen Protest der Belegschaft konnten die Zwangsarbeiterinnen, deren Zahl sich beträchtlich vergrößert hatte, im Frühsommer 1943 in das neben dem Betrieb gelegene Barackenlager ziehen.

Eines aber wussten nur sehr wenige Eingeweihte unter den Deutschen, dass nämlich diese jungen Menschen, welche mit Spannung die Frontberichte verfolgten, keineswegs willige Arbeitssklaven waren, sondern sich des schändlichen Missbrauchs, völkerrechtswidrig in der Rüstung gegen die eigene Heimat tätig zu sein, sehr deutlich bewusst waren. (...)

Meine Arbeit im Labor bot mir (..) die einzigartige Möglichkeit, durch alle Abteilungen des Betriebes zu kommen. So gehörte ich zu den wenigen, die auch durch die Abteilung der sogenannten 'Ost'-Arbeiterinnen gingen. Zwar durfte ich nicht mit allen reden -. das war außer dem Abteilungsleiter allen Betriebsangehörigen verboten, und mir ganz besonders. So wollte es der Mann der Abwehr, der als Beauftragter der Gestapo Leiter der Personalabteilung war. (...)

Ich öffne die Tür mit der Aufschrift 'Zutritt verboten!'. In der Abteilung arbeiten etwa hundert zwangsverschleppte Mädchen, meist Studentinnen, Jugend aus der Ukraine. Ich lasse mir Zeit beim Hindurchgehen, blicke einzelnen Mädchen bei ihrer Arbeit (Gitter für Spezialröhren werden mit Gold bedeckt) über die Schulter. (...) ich suche seit Tagen nach einer Gelegenheit, ihnen näherzukommen. Plötzlich, während ich an Marussja, einer Medizinstudentin, vorbeigehe, beginnt sie, leise ein Lied zu singen (Singen ist den Ostarbeiterinnen strengstens verboten). Mein Fuß stockt. Es sind vertraute, lange nicht mehr gehörte Töne - die Internationale (...). Der Gruß gilt mir, mein Herz schlägt schneller. (...)

Allmählich ist es auch gelungen, einige Freunde zu finden, die für unsere Mädel Lebensmittel und Kleidung sammeln. Sie haben es nötig - in ihrer zerfetzten und zerlumpten Kleidung. Ewig essen sie trockenes Brot. Ich schäme mich, wenn ich ihre Brühe sehe. Die Verteilung der gesammelten Lebensmittel, Kleidung und Gebrauchsgegenstände geht über Marussja, die streng darauf sieht, dass zuerst die Bedürftigsten und Kranken bedacht werden. Unter ihnen ist die schwangere Wera, (..).
Eine Erinnerung an Wera: Im fünften Monat ihrer Schwangerschaft wurde sie, nachdem das Dorf angezündet und die männliche Bevölkerung ermordet worden war, von der SS aufgegriffen und nach Deutschland verfrachtet. (...) Nun ist Wera im siebenten Monat Essenszulage bekommt sie nicht. Spaziergänge nach der Arbeit sind nicht gestattet. Die Mädchen werden nach Feierabend, da man für sie noch keine Wohnbaracken vorbereitet hat, in den Luftschutzkeller gesperrt. (...)
Einmal sehe ich Wera weinend über ihre Arbeit gebeugt. das ist zu viel. Ich kann nicht mehr an mich halten und spreche sie auf Russisch an: 'Wera, kann ich Dir helfen?' Doch sie schüttelt schluchzend den Kopf: 'Wie kannst Du mir helfen? Du weißt, mein Mann ist erschlagen und ich hier im Fremdarbeiterlager, - was soll aus meinem Kind werden? Wo soll ich es gebären? Man sagt mir, der Luftschutzkeller hier im Hause sei gut genug dafür.'

Ich bin entsetzt. (...) Ich vergesse alle Vorsicht, renne zur 'sozialen Betriebsarbeiterin' und erzähle ihr das Gehörte. Statt einer Antwort greift sie zum Telefon, um mich dem Abwehrdienst zu melden. Mir schlägt das Herz bis zum Halse. Ich sage: 'Hören Sie mich doch an. Ich kann keine Frau weinen sehen, besonders keine schwangere. (...).' Da sie den Telefonhörer loslässt - zwar mit unwilligem Gesicht - sagte ich: 'Nicht wahr, die Mutterschaft ist uns Deutschen heilig.' (...) Mir steckt es wie ein Kloß im Halse bei dieser Lüge. Doch der Zweck ist erreicht ..."4)

Diese Wera, von der Gertrud Meyer schreibt, hieß mit vollständigem Namen Vera Frolowa. Sie befand sich seit dem 16. November 1942 im Lager Clematisweg und kam wegen einer drohenden Frühgeburt im siebten Schwangerschaftsmonat am 29. März 1943 aus dem Lager „ Weitblick“ in die Frauenklinik Finkenau. Zwei Tage später wurde sie entlassen und musste zurück zur Zwangsarbeit in die „Philips Valvo-Werke“ Am 30. April 1944 wurde sie zur Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie nach Langenhorn verlegt, wo sich eine sog. „Kinderbaracke“ im Lager Tannenkoppel befand. Nach der Geburt ihres Sohnes Peter am 21. Mai 1943 durfte sie in der Frauenklinik Finkenau 9 Tage im Wochenbett verbringen. Anschließend musste sie zurück in das Lager Tannenkoppel, wo sie und der kleine Peter vermutlich das Kriegsende erlebten.

Betriebsverantwortliche in den „Philips Valvo-Werke GmbH“ während der NS-Zeit:
Im Krieg wurde die Firma Philips unter deutsche Zwangsverwaltung gestellt. Walter Riegler schreibt 2011 in seiner Magisterarbeit „85 Jahre Philips in Österreich. Die Geschichte eines Unternehmens im Spannungsfeld zwischen der Eigenständigkeit und dem Zentralismus eines Weltkonzern“ im Kapitel „Philips unter dem Hakenkreuz“, ab 1940 war die Firmenniederlassung (Stammsitz Niederlande) in „Deutschland (und damit natürlich auch die Niederlassungen in Österreich) (…) umgehend in die deutsche Rüstungsindustrie zur Produktion von Kriegsmaterial eingegliedert [worden]. (…) Die direkten Kontakte zwischen der Zentrale in Eindhoven und den Betrieben in der Ostmark wurden immer dünner, bis schließlich 1940 auch die Zentrale in Eindhoven von der Übernahme durch die Deutschen bedroht war. J. A. Ratcliff berichtete in der Wochenschrift ‚The Financial Times‘: ‚Es war an einem der düsteren Tage des Zweiten Weltkriegs – man schrieb den 13. Mai 1940, die Engländer zogen sich vom Kontinent zurück, und Holland stand vierundzwanzig Stunden vor dem Zusammenbruch –, da dampfte ein britischer Zerstörer zu einer ungewöhnlichen Rettungsaktion mitten hinein ins Feindgebiet. Ohne Rücksicht auf deutsche Minenfelder und Bomber legte das Schiff in Hoek van Holland an und nahm fünfundzwanzig Personen an Bord – keine abgeschnittenen Zivilisten oder Soldaten, sondern Direktoren und Forschungspersonal des Philips-Konzerns, des riesigen holländischen Elektrounternehmens.‘ Nur Frits Philips, Sohn von Anton Philips, damals 35 Jahre alt, blieb in Eindhoven zurück und stand vor einer fast unlösbaren Aufgabe: Einerseits sollte er das Unternehmen in den Niederlanden erhalten und seine Leute schützen, andererseits aber auch versuchen, den Beitrag zur deutschen Rüstung so klein wie möglich zu halten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Konzern bereits 45.000 Mitarbeiter – 60 % davon in Ländern außerhalb der Niederlande. Vorausschauend hatte man bereits 1939 Vorsorge für den Ernstfall getroffen. Die Hauptverwaltung des Konzerns wurde nach Willemstad auf Curacao auf den Holländischen Antillen verlegt, zudem wurden ein englischer (mit Sitz in London) und ein amerikanischer Trust (mit Sitz in Hartfort, Connecticut) gegründet. Damit sollte erreicht werden, dass ausländische Philipsniederlassungen in den nicht von Deutschland besetzten Ländern nicht zum ‚vorläufigen Feindeseigentum‘ erklärt werden konnten. London sollte im Ernstfall die Verantwortung über Unternehmen im britischen Commonwealth übernehmen, Hartford die Interessen von Philips in Süd-, Mittel- und Nordamerika. Der Einfluss Eindhovens in Deutschland und den besetzten Gebieten reduzierte sich ab 1940/41 auf ein absolutes Minimum.“ 5)

Dr. Günther Jobst
Dr. Günther Jobst, geb. 16.9.1994 Hannover war von Beruf Physiker. Bis 1934 arbeitete er als Leiter der Röhrenentwicklung der Telefunken G.m.b.H.. Die Entwicklung der Elektronenröhren beruht auf seiner Idee „durch ein Bremsgitter den Übergang von Elektronen zwischen zwei auf positivem Potential gegen Kathode liegenden Elektroden zu sperren (DRP 608293, Juni 1926).“ Eine Anzahl grundlegender Arbeiten und Patente auf dem Röhrengebiet beruhen auf seinen Entwicklungen.

Seit dem 1. Juli 1939 war Jobst als Leiter der Studiengesellschaft für Elektronengeräte m.b.H., Hamburg-Stellingen beschäftigt. Außerdem wurde er im April 1942 Direktor der „Philips Valvo-Werke GmbH, Zweigniederlassung Hamburg“ – so der offizielle Firmenname zwischen 1942 und 1954 in Hamburg-Lokstedt.

In dieser Zeit von April 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte also Dr. Günther Jobst das Sagen in der Philips Zweigniederlassung Hamburg. Er wohnte im Clematisweg 8, mit Blick auf die Zwangsarbeitsbaracken auf der gegenüberliegenden Straßenseite und verstarb am 25. Oktober 1956.

Jobst war von 1940-1945 Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und als Angehöriger des Vereins ehemaliger 15. Husaren, korporativ dem NS-Reichskriegerbund angeschlossen.

Ab Ende 1944 fungierte er zudem noch als technischer Leiter der Hammer Werke G.m.b.H. in Porta/Westfalen. In den im nordrhein-westfälischen Porta Westfalica gelegenen Bergwerkstollen, wo aktuell eine Gedenkstätte errichtet werden soll, wurden z. B. Frauen gegen Ende des Krieges aus Konzentrationslagern nach „Hausberge, einem Ortsteil des heutigen Porta Westfalica zwischen den Städten Minden und Bielefeld“ transportiert. „Dort und in zwei benachbarten Gemeinden betrieb das Konzentrationslager Neuengamme jeweils ein Außenlager“ im Bergwerkstollen des Jakobsbergs, wo sie Häftlinge „für die Röhrenproduktion der Firma Philips arbeiten“ mussten. „Um nicht entdeckt zu werden, wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, wahrscheinlich im März 1944, die Röhrenproduktion der Firma Philips aus den Niederlanden in die Tiefen des Jakobsberges verlegt,“ heißt es in einem Beitrag des Deutschland Funks 2020. Für die dortigen Tätigkeiten wurden junge Mädchen benötigt, da sie kleinere Hände und Finger hatten.

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erfolgte am 4. Februar 1947 gemäß den Anweisungen der Militärregierung Jobst‘ sofortige Entlassung als Geschäftsführer aus der Philips Valvo-Werke G.m.b.H. Valvo Zweigniederlassung Hamburg-Lokstedt und zwar mit folgender Begründung: „Dr. J. ist Militarist und hat als solcher die Kriegsproduktion in einem derartigen Umfang vorangetrieben, dass die Gesundheit der aus dem Konzentrationslager in der Nähe von Porta stammenden Arbeiter ernstlich gefährdet war. Als Betriebsführer daher untragbar.“

Der Betriebsrat der Philips Valvo Werke Lokstedt unter W. Piehl*, wendete sich im Oktober 1947 mit einem Schreiben an den Berufungsausschuss 13: „Es ist unbestritten, dass Dr. Jobst nicht Mitglied der NSDAP war und auch nicht erwiesen, dass er im und ausserhalb des Betriebes für die Ziele der NSDAP eingetreten ist. Sein Wirken innerhalb des Betriebes liess jedoch erkennen, dass er die Kriegsziele mit Elan und grösster Energie durchzuführen bestrebt war. Das hat sich vornehmlich gezeigt in seinem Einsatz, seinen öffentlichen Reden und bei Prämierungen, die bei Kriegszielen dienten, wie etwa Räumung von Fabrikeinrichtungen und Material aus Eindhoven (Holland).

Ausserdem hat Herr Dr. Jobst veranlasst, dass Häftlinge aus einigermaßen annehmbaren Lebensbedingungen in der letzten Zeit vor Kriegsende noch in weitaus ungünstigere Verhältnisse nach Porta überführt wurden, um dort noch für die Kriegsproduktion zu wirken. Es handelt sich in dem letztgenannten Fall um Überführung von KZ-Häftlingen aus Horneburg, wo Baracken, Betten, Küche und Lebensmittel für diese zur Verfügung standen, nach Porta, wo für die Aufnahme zunächst in keiner Weise vorgesorgt war. Durch die Initiative von Herrn Dr. Jobst wurden in letzter Stunde noch Notunterkünfte in Bergwerksstollen hergerichtet. Die Überführung und Unterbringung dieser Häftlinge geschah selbst gegen Bedenken von NS-Organen, deren Meinung nach die Lebensbedingungen unzureichend waren. Es kann jedoch möglich sein, dass übergeordnete SS-Organe schließlich die Zustimmung zu dieser Übersiedlung gegeben haben. Das enthebt aber Dr. Jobst nicht von der endgültigen Verantwortung, diese Angelegenheit mit mehr Energie und Nachdruck durchgeführt zu haben, als konkret verlangt wurde.

Für diese letzte Angelegenheit nennen wir als Zeugen Herrn Oscar Pulitzer, Anschrift Philips Valvo Werke G.m.b.H., Zweigstelle Radioröhrenfabrik. Radioröhrenfabrik.Hbg.-Lokstedt, Stresemannallee 101.“

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bekam Philips z. B. seine Hamburger Niederlassung zurück. Über Philips Österreich schreibt Walter Riegler: „Mit dem Ende des Krieges ging ein trauriges und auch dunkles Kapitel für Philips zu Ende. Zählte doch Philips zu jenen Betrieben, die auf Grund ihrer globalen Ausrichtung gezwungen waren, für beide Kriegsparteien Kriegsmaterial zu liefern.

Doch die Organisationen in Österreich und Deutschland wurden mehr als 50 Jahre später von den Ereignissen während des Zweiten Weltkriegs wieder eingeholt. In seiner Ausgabe vom 23. September 1998 schrieb der Standard: ‚Ehemalige Zwangsarbeiter drohen österreichischen Unternehmen mit Klagen, sollten sie nicht entschädigt werden‘. Mit auf der Liste jener Betriebe, die polnische Zwangsarbeiter beschäftigt haben sollen, stand auch die während des Krieges von Wien nach Krems ausgelagerte Philips-Fertigungsstätte. Am 8. August 2000 beschloss der Nationalrat das ‚Versöhnungsfondgesetz‘ – ein Bundesgesetz über den Fond für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes. Sofortige Recherchen innerhalb des Konzerns ergaben, dass zwar bei der unter dem Namen Philips geführten Fertigungsstätte in Krems (Krems war damals eine so genannte Verlagerungsstätte, in die man kriegswichtige Produktionen verlagert hatte, um sie für Luftangriffe weniger verwundbar zu machen) auch polnische Arbeiter (offiziell von Philips Warschau beschäftigt) eingesetzt waren, jedoch die Philipsorganisationen in Österreich zu diesem Zeitpunkt als ‚Feindvermögen‘ unter deutscher Zwangsverwaltung standen und keinerlei Verfügungsgewalt über ihr Vermögen und die betrieblichen Aktivitäten hatten. Trotz dieser Tatsache verabsäumte es die österreichische Philipsorganisation nicht, sich am freiwilligen Versöhnungsfond mit 25 Mio. ATS zu beteiligen und so auch ihren Beitrag zu leisten.“ 6)
Text zu Dr. Günther Jobst: Margot Löhr

Philips nach dem Zweiten Weltkrieg
Das Kriegsende befreite Philips von der Zwangsverwaltung. „Nach Kriegsende begann der Wiederaufbau; zusätzlich entstanden weltweit weitere Werke und Niederlassungen. Nach dem Krieg übernahm Graf von Westarp, der schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges von den Alliierten in seine frühere Funktion wieder eingesetzt wurde, die Leitung der Deutschen Philips GmbH. 1946 wurde die Hauptverwaltung von Berlin nach Hamburg verlegt und in Aachen ein Glühlampenwerk gegründet. Danach entwickelte sich das Unternehmen zu einem vielseitigen Elektronik- und Technologieanbieter mit Aktivitäten in Forschung, Entwicklung.“ (Wikipedia Eintrag: Philips, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Philips abgerufen 10.8.2021.)

Entschädigung für Zwangsarbeitende
Ende der 1990er Jahre wurden, wie Walter Riegler schreibt, „die Organisationen in Österreich und Deutschland (…) von den Ereignissen während des Zweiten Weltkriegs wieder eingeholt. In seiner Ausgabe vom 23. September 1998 schrieb der Standard [Österreich]: ‚Ehemalige Zwangsarbeiter drohen österreichischen Unternehmen mit Klagen, sollten sie nicht entschädigt werden‘. Mit auf der Liste jener Betriebe, die polnische Zwangsarbeiter beschäftigt haben sollen, stand auch die während des Krieges von Wien nach Krems ausgelagerte Philips-Fertigungsstätte. Am 8. August 2000 beschloss der Nationalrat das ‚Versöhnungsfondgesetz‘70 – ein Bundesgesetz über den Fond für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes. Sofortige Recherchen innerhalb des Konzerns ergaben, dass zwar bei der unter dem Namen Philips geführten Fertigungsstätte in Krems (Krems war damals eine so genannte Verlagerungsstätte, in die man kriegswichtige Produktionen verlagert hatte, um sie für Luftangriffe weniger verwundbar zu machen) auch polnische Arbeiter (offiziell von Philips Warschau beschäftigt) eingesetzt waren, jedoch die Philipsorganisationen in Österreich zu diesem Zeitpunkt als ‚Feindvermögen‘ unter deutscher Zwangsverwaltung standen und keinerlei Verfügungsgewalt über ihr Vermögen und die betrieblichen Aktivitäten hatten. Trotz dieser Tatsache verabsäumte es die österreichische Philipsorganisation nicht, sich am freiwilligen Versöhnungsfond mit 25 Mio. ATS zu beteiligen und so auch ihren Beitrag zu leisten.“ 7)