Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Zöllnerstraße

Bahrenfeld (1951): Heinrich Zöllner (4.7.1854 Leipzig – 4.5.1941 Freiburg/Breisgau), Komponist.


Früher hieß die Straße Schubertstraße, nach dem Komponisten Franz Schubert. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).
Heinrich Zöllner war der Sohn von Marianne Zöllner, geb. Schaarschmidt und Carl Friedrich Zöllner und wie sein Vater eine wichtige Persönlichkeit des damaligen Männerchorwesens. Sein Vater starb, als er sechs Jahre alt war. Heinrich Zöllner war von 1842-1890 Chorleiter des Kölner Männergesangvereins. In der NS-Zeit trat er nicht der NSDAP bei.

Über Männergesangsvereine heißt es in Wikipedia: „Im 19. Jahrhundert setzte eine Gründungswelle von Männergesangvereinen ein. Dazu trugen mehrere Faktoren bei. Zunächst begeisterte sich die Romantik für den unbegleiteten Liedvortrag und das Volkslied. Man suchte systematisch nach alten Liedern und zeichnete sie auf. Gleichzeitig entstanden neue Formen der Geselligkeit, unter anderem die Vereine. Neben politischen Vereinigungen wurden zahlreiche Turnvereine und Gesangvereine gegründet, die oft auch politisch motiviert waren. In ihnen organisierte sich das aufstrebende und nach nationaler Einheit Deutschlands verlangende Bürgertum, vor allem auch im Gefolge der Revolution von 1848. Deshalb wurden viele Vereine von der Obrigkeit kritisch beobachtet. (…). Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte die Sängerbewegung einen Höhepunkt. Allerdings ließ sie sich nach der Reichsgründung 1871 für patriotische Zwecke instrumentalisieren und ordnete sich auch in der Zeit des Nationalsozialismus ohne großen Widerstand den politischen Zielen der NSDAP unter. Zwischen 1950 und 1970 erlebten die Männerchöre eine neue Renaissance, da in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg traditionelle Werte wie Familie und Heimat (…) wieder zählten. Mit der 68er-Bewegung geriet die Sängerbewegung jedoch in eine Krise, weil sie der kritisch eingestellten jüngeren Generation oftmals als konservativ, rückwärtsgerichtet und kitschig erschien. (…)“ 1)

Über die Krise der Männergesangsvereine schrieb der Spiegel am 19.6.1989 den Artikel „GESANGVEREINE Im Sturmgebraus“ und ging dabei auch auf das Thema Frauen in Männergesangsvereinen ein: „Der Männergesangverein, seit fast zwei Jahrhunderten eine Säule deutschen Kulturguts, wird von Nachwuchssorgen geplagt. Ohne Frauen geht oft gar nichts mehr. (…) Ob von der Kanzel, in Zeitungsannoncen oder durch persönliche Ansprache: Kein Werbefeldzug ist derzeit zu ausgefallen, um Nachwuchs für die Gilde der Volkssänger zu mobilisieren. (…) Bundesweit kämpft der Männergesangverein (MGV) um den Bestand seiner fast 200 Jahre alten Institution. (…)

Wo die Sangesbrüder schon heute vor dem Aus stehen, greifen sie bisweilen zum Äußersten: zur Frau. Der schleswig-holsteinische Männergesangverein Borsfleth von 1876 lockte in den fünfziger Jahren 47 kulturentwöhnte Kriegsheimkehrer zur wöchentlichen Singstunde an. Drei Jahrzehnte später schepperten alt gewordene Tenöre mit ausgedünnten Bässen beim Crescendo um die Wette, doch von einer Aufstockung zum gemischten Chor wollten die alten Kämpen nichts wissen.

Erst als vor zwei Jahren das verbliebene knappe Dutzend Herren nun wirklich keinen Seemann mehr erschüttern konnte, entschloß sich der Vorsitzende Werner Köhler, 65, ‚es mit den Frauen zu versuchen‘. Solche Aufgeschlossenheit kostete ihn neben weiteren Abgängen zwar den Verlust des langjährigen Chorleiters - Kommentar: ‚Mit Frauenslüd, dat mok ich nich.‘ Aber eine junge, energische Dirigentin und die Verstärkung durch 19 Frauenstimmen brachte die Sänger in der Kremper Heide wieder auf gepflegtes Dur und Moll.
Borsfleth ist überall. ‚Ohne die Frauen‘, fand Chorexperte Troge heraus, ‚hätten noch weit mehr Vereine einpacken müssen.‘

Im gleichen Zeitraum, in dem sich viele Sänger vom reinen Herrenträllern verabschiedeten, wurden fast 1500 neue Frauen- und gemischte Chöre gegründet. In der Krise steckt offenbar nicht der Gesang, sondern der Männergesangverein, (…).

Zudem sind viele Traditionsvereine von verkalkten Strukturen durchzogen. Oft entstanden die Singbünde aus Soldatenkorps oder Handwerkszünften. Strenge Hierarchien und überholte Rituale erschwerten von jeher die Eingliederung jüngerer Leute. (…).

Auch haftet an der Institution des MGV kaum vermindert der Makel des Reaktionären. Anfangs diente das Singen neben der Erbauung bürgerlicher Kreise ebenso der Bildung benachteiligter Schichten: Das Lied transportierte Poesie von Goethe, Schiller, Uhland in Gesellen- und Arbeitersingvereine. Doch schon in Biedermeiers Spießer-Idyll verkam der Kunstgenuß zum sentimentalen Schmus.

Mit der Naturschwärmerei und Gemütsseligkeit der jugendbewegten Jahrhundertwende war nicht nur das Tornisterglück harmloser Wandervögel perfekt. Das nationale Pathos, das in der Verklärung von Heimat und Vaterland seinen Ausdruck fand, eignete sich vorzüglich für die völkische Propaganda der Nazis. (…).
Bei Neuformierung des Sänger-Dachverbandes nach dem Zweiten Weltkrieg verpflichteten die Gründer sich zwar zu politischer Neutralität; an die Stelle militaristischer Bräuche traten nun jedoch vielfach Bierdunst und Stammtischatmosphäre. (…)

Ständchen zu Hochzeiten, Geburtstagen und Beerdigungen, die zum festen Repertoire traditioneller Männergesangvereine gehören, locken keinen Jungen hinter dem Computer hervor. Kirchenchöre hingegen, wie der des umtriebigen Dirigenten Claus Bantzer von St. Johannis in Hamburg, der seine über 100 Mitglieder zu fast professioneller Qualität schulte, leiden keinen Nachwuchsmangel. (…)

Frauen, die als Chorleiterinnen wie als Sängerinnen in Vereinen wirken, drängen auf den Anschluß an die Moderne - was meist weitere Männer verprellt. (…). ‚

Unerwünscht sind die Damen auch beim feucht-fröhlichen Teil, dienten die Übungsstunden vielen Männern doch als verläßliches Alibi, um einmal wöchentlich die Sau rauszulassen. Ehemalige Männergesangvereine des badischen Sängerbundes, die sich aus Nachwuchsmangel mit dem anderen Geschlecht mischen mußten, berichtet Frauenreferentin Otty Schirpf, sind daher nur vor öffentlichen Auftritten gewillt, gemeinsam mit den Frauen zu üben. (…)“. 2)

Der Trend zur Aufnahme weiblicher Mitglieder in Männergesangsvereinen hält an. Auch in den Jahren 2010 bis 2017 war in vielen regionalen Zeitungsartikeln zu lesen, dass sich Männergesangsvereine, um weiterhin überleben zu können, den Frauen öffnen. Und manchmal sind die Frauen in solchen Vereinen dann sogar in der Überzahl.

Zurück zu Heinrich Zöllner. In Wikipedia wird sein musikalischer Werdegang wie folgt beschrieben: Er „studierte Musik am Konservatorium Leipzig. (…). Seine erste Stelle war 1878 die des Universitätsmusikdirektors an der russischen Universität Dorpat. 1885 wurde er als Lehrer an das Konservatorium Köln und Dirigent des dortigen Männergesangvereines berufen. 1897 ging er als Dirigent des Deutschen Liederkranz nach New York“ 3)
In New York City heiratete der 38-jährige Zöllner 1892 die damals 21-jährige Clara Schulz (26.3.1870 New York - 25.10.1940 Freiburg). Zwei Jahre später wurde in New York die Tochter Margarethe geboren. 4)

„1898 wurde er zum königlichen Universitätsmusikdirektor in Leipzig und Dirigent des Universitäts-Sängervereins berufen, seit 1903 war er auch Musikredakteur am Leipziger Tageblatt.

Von 1907 bis 1912 wirkte er als Erster Kapellmeister an der neu gegründeten Flämischen Oper Antwerpen. 1914 siedelte er nach Freiburg über, wo er zwar von 1922 bis 1932 als Opernberichterstatter für die Freiburger Zeitung tätig war, ansonsten aber völlig zurückgezogen lebte. (…). 1909 spielte er eines seiner damals bekanntesten Stücke, Rautendeleins Leid, die Einleitung zum 5. Akt der Oper Die versunkene Glocke, (…).“ 5)