Reclamstraße
Billstedt (1969): Anton Philipp Reclam (28.6.1807 Leipzig - 5.1.1896 Leipzig), Buchhändler, Verleger. Freimaurer.
Siehe auch: Julius-Campe-Weg
Anton Philipp Reclam war der Sohn von Wilhelmine Reclam, geborene Campe, eine Nichte des Verlegers Joachim Heinrich Campe, und des Verlegers Carl Heinrich Reclam.
Er absolvierte ab 1823 bei seinem Onkel Friedrich Vieweg in Braunschweig eine fünfjährige Ausbildung zum Buchhändler und Buchdrucker. Nach seiner Rückkehr nach Leipzig kaufte er eine Leihbibliothek (das Beygang‘sche ‚Literarische Museum‘) und gründete hier den „Verlag des Literarischen Museums“, später umgewandelt zum Verlag „Anton Philipp Reclam jun.“. Außerdem erwarb er die Haack‘sche Druckerei und erweiterte somit sein Unternehmen. Zuvor hatte er Auguste Susanne Baumann (1818–1865) geheiratet, mit der er den Sohn Hans Heinrich Reclam (1840-1920) hatte. Sie starb bereits im Alter von knapp 47 Jahren.
„Als Mitverfasser zahlreicher Resolutionen und Denkschriften trat R. in den 30er und 40er Jahre als einer der engagiertesten Zensurgegner hervor. Er zeigte offen Sympathie mit den poln. Freiheitskämpfern und nahm mehrfach Titel in sein Programm auf, die ihn in Konflikt mit der Obrigkeit brachten. Seit 5.10.1842 verlegte R. die von Friedrich Wilhelm Held (1813–72) herausgegebene ‚Locomotive, Allgemeine Intelligenz-Zeitung für Deutschland‘. Diese Wochenzeitschrift, deren Inhalt von kritischen, satirischen Mitteilungen aus Politik, Wirtschaft und Kultur geprägt war, erreichte bald eine hohe Abonnentenzahl. Nach dem 21.6.1843 fiel das Unternehmen der Zensur zum Opfer, R. wurde die Konzession für die ‚Locomotive‘ entzogen, Held aus Leipzig ausgewiesen. Einen weiteren Höhepunkt markiert die von R. verlegte Übersetzung des ‚Zeitalters der Vernunft‘ von Thomas Payne, für die er im Jan. 1848 zu viermonatiger Gefängnishaft verurteilt wurde. Die veränderte Pressegesetzgebung im Gefolge der Revolution von 1848/49 und die Aufhebung aller entsprechenden Urteile bewahrten ihn jedoch vor der Verbüßung der Haftstrafe. (…)
Ein verlegerisches Glanzstück gelang R. 1867 mit der Begründung der ‚Universal-Bibliothek‘, einer preiswerten Taschenbuchreihe mit Texten ‚klassischer‘ Autoren. Die Etablierung einer solchen Reihe war möglich geworden, da in jenem ‚Klassikerjahr‘ 1867 die Schutzrechte für Werke von Autoren, deren Todesjahr bereits 30 Jahre zurücklag, aufgehoben waren. (…)“ 1)
Ein Jahr später nahm Reclam seinen Sohn als Teilhaber in die Firma auf. 1890 übergab Reclam ihm die Verlagsleitung.