Robert-Koch-Stieg
Eppendorf (1938): Robert Koch (11.12.1843 Clausthal – 27.5.1910 Baden-Baden), Entdecker des Tuberkulosebazillus, Bakteriologe.
Siehe auch: Robert-Koch-Straße
Siehe auch: Paul-Ehrlich-Straße
Die Verkehrsfläche wurde in der Zeit des Nationalsozialismus benannt.
Das Robert-Koch-Institut hat inzwischen die NS-Vergangenheit des Instituts aufgearbeitet. (siehe dazu zum Beispiel: Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus: Stellungnahme zu den Forschungsergebnissen, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jörg Hacker, Präsident des Robert Koch-Instituts, unter: www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressetermine/presse_rki_ns_Stellungnahme.html
In vielen deutschen Städten sind nach dem Arzt, Bakteriologen und Nobelpreisträger Robert Koch Verkehrswege benannt worden. In Hamburg war Robert Koch u. a. am Allgemeinen Krankenhaus in Hamburg tätig gewesen. „Seinen medizinischen Leistungen steht jedoch auch das düstere Kapitel der Menschenversuche in den damaligen deutschen und englischen Kolonien gegenüber“ 1) heißt es auf der Website von Dortmund postkolonial. Und auf der Website von Freiburg postkolonial steht zu Robert Koch u. a: „Berühmt wurde Koch durch den Nachweis eines Bakteriums als Erreger der Tuberkulose. Er löste damit einen bedeutenden Teil des Rätsels um eine Krankheit, die als eines der wichtigsten Leiden des 19. Jahrhunderts galt, und führte bakteriologische Methoden in die Medizin ein. 1905 wurde ihm für diese Leistung der Nobelpreis verliehen. Zuvor hatte Koch wichtige medizinische Forschungsinstitutionen in Berlin geleitet, unter anderem das Institut für Infektionskrankheiten, das heute Robert-Koch-Institut heißt. Seine Forschungen führten Robert Koch aber auch in Länder außerhalb Europas. Durch gewalttätige koloniale Eroberungen hatten sich europäische Mächte weite Teile fremder Kontinente zugänglich gemacht. Robert Koch profitierte davon: Die deutsche Kolonie Kaiser-Wilhelms-Land in der Südsee, vor allem aber die britischen und deutschen Gebiete in Ostafrika dienten ihm als Experimentierfelder für seine Forschungen – und Kolonisierte als Versuchsobjekte.“ 2) Auch der Deutsche Bundestag musste sich 2020 mit diesem Thema beschäftigen. Er wurde gefragt: „Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Debatte um die Namensgebung des Robert Koch-Instituts vor dem Hintergrund von Kochs Forschungstätigkeit in Ostafrika, die u. a. Menschenversuche an den Kolonisierten beinhaltete, im Dienste der deutschen und britischen Kolonialverwaltung.“ 3) Die Antwort lautete u. a.: „Das Robert-Koch Institut (RKI) bereitet aktuell gemeinsam mit dem Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charité Berlin ein Forschungsvorhaben vor, welches sich mit dem Wirken von Robert Koch als Wissenschaftler beschäftigen wird. Dabei wird die Aufarbeitung von Kochs Tätigkeit während der deutschen Kolonialzeit in Afrika unter einer wissenschafts-historischen Betrachtung ein Fokus sein.“ 4)
Auch die Straßennamenkommission Saarbrücken beschäftigte sich mit Robert Koch, da es auch dort eine Straße mit diesem Namen gibt. Dr. Hans-Christian Herrmann, Leiter des Stadtarchivs Saarbrücken, berichtet im Abschlussbericht der Straßennamenkommission des Bezirksrates von Mai 2021 u. a.: „(...) Von 1896 an war Robert Koch jedes Jahr für mehrere Monate auf Expedition, um Tropenkrankheiten zu erforschen – seine zweite Ehefrau Hedwig Freiberg begleitete ihn fast immer dabei. Er widmete sich zunächst Tierseuchen im südlichen Afrika, darunter Rinderpest, Texas- und Küstenfieber. Später untersuchte er Tropenkrankheiten bei Menschen, deren Übertragungswege noch nicht bekannt waren – vor allem Malaria und die Schlafkrankheit. 1906 und 1907 wurde eine Kommission unter Kochs Leitung nach Ostafrika entsandt, um Therapiemöglichkeiten gegen die Schlafkrankheit auszuloten. Durch den Einsatz von Atoxyl, einer arsenhaltigen Arznei, konnte Koch anfangs Erfolge bei der Behandlung von Schlafkranken erzielen. Doch der Parasit, der die Infektion verursacht, ließ sich im Blut der Kranken nur für eine kurze Zeit zurückdrängen. Daraufhin verdoppelte Koch die Atoxyl-Dosis - obwohl er um die Risiken des Mittels wusste. Bei vielen Betroffenen kam es zu Schmerzen und Koliken, manche erblindeten sogar. Trotzdem blieb Koch vom prinzipiellen Nutzen des Atoxyls überzeugt. Seine letzte Forschungsreise war das dunkelste Kapitel seiner Laufbahn. (…) Versuche führte er auf den Sese-Inseln im Viktoriasee durch, also auf britischem Kolonialgebiet, aber auch mit deutscher Unterstützung. In seinen Experimenten verabreichte er Erkrankten ohne deren Einwilligung das arsenhaltige Medikament Atoxyl in Dosierungen, die aufgrund der bekannten Gefahren in Europa nicht erlaubt gewesen wären (…).“ 5)
Robert Koch war der Sohn von Mathilde Biewend, verheiratete Koch (1818-1871) und des Geheimen Bergrats Hermann Koch (1814-1877). Robert Koch hatte noch zehn Geschwister.
Ein Jahr nach seiner Promotion zum Arzt heiratete Robert Koch 1867 Emmy Adolfine Fraatz (1847-1913). Sie stand ihm als medizinisch-technische Assistentin zur Seite. 1868 wurde die Tochter Gertrud geboren. 1893 ließ Robert Koch sich von seiner Ehefrau scheiden. Es wird behauptet, dass es u. a. deshalb zur Scheidung kam, weil seine Ehefrau ihn nicht auf Auslandsreisen begleiten wollte und ihn auch daran hinderte, selbst auf solche Reisen zu gehen. Als sich kurze Zeit nach der Scheidung 1883/84 die Gelegenheit bot, seine bakteriologischen Forschungen mit Auslandsreisen zu kombinieren, übernahm er die Leitung einer Cholera-Expedition nach Ägypten und Indien.
Die Möglichkeit einer Scheidung gab es damals in Deutschland erst seit 15 Jahren. Robert Koch sorgte für die materielle Versorgung seiner Ex-Frau und kaufte für sie das Haus seiner Eltern in Clausthal zurück. Dort lebte sie bis zu ihrem Tod 1913.
Im selben Jahr der Scheidung hatte Robert Roch mit der damals 17-jährigen Kunststudentin Hedwig Freiberg (1872-1945) eine Liaison begonnen. Sie wird in Hellmuth Ungers Roman über Robert Koch als „Gnadengeschenk für einen Vereinsamten“ bezeichnet.
Die beiden lernten sich im Atelier des Malers Gustav Graef kennen, dem Koch für ein Porträt Modell saß. Noch im selben Jahr kam es zur Heirat zwischen den beiden. Hedwig Koch, die nicht nur Malerin war, sondern auch eine Schauspielerinnenausbildung absolviert hatte, begleitete ihren Ehemann auf zahlreichen seiner Auslandsreisen. Sie ließ sich auch als Versuchsperson benutzen. So testete er zum Beispiel „Tuberkulin an seiner Geliebten und späteren zweiten Ehefrau. Sie berichtet in ihren Erinnerungen, dass sie nach den Worten Kochs ‚möglicherweise recht krank‘ werden könne, ‚sterben würde ich voraussichtlich nicht‘.“ 6) Im Gegensatz zu ihm, der Tuberkulin auch an sich selbst testete, erkrankte sie schwer an diesem Test.
Robert Koch verdankt seine Erfindung der Kulturplatten-Technik mit festen, transparenten Nährböden einer Frau. Jedoch erwähnte er sie nie. Bis zu dieser Erfindung „waren Bakterien entweder in Fleischbrühe gezüchtet worden – die sich unter dem Mikroskop nicht fixieren ließ – oder auf Kartoffelscheiben – die sich im Mikroskop nicht im Durchlicht betrachten ließen und auf denen viele pathogene Bakterien nicht wuchsen. Koch verfestigte die Fleischbrühe mit Gelantine, später führte sein Mitarbeiter Walther Hesse dafür Agar-Agar gemäß der Erfindung seiner Frau Fanny Angelina Hesse ein. Die Nährböden wurden in rechteckigen ‚Plattenschalen‘ ausgegossen. Die Innovation der festen, transparenten Nährböden revolutionierte die Bakteriologie.“ 7)
Wer war Fanny Angelina Hesse, geb. Eilshemius? Sie wurde am 22. Juni 1850 in New York geboren und starb am 1. Dezember 1934 in Dresden. Sie ist die Erfinderin der Nutzung von Agar-Agar als Geliermittel von Bakterienkulturmedien. 1874 hatte sie den jungen Arzt Walther Hesse (1846-1911), den sie in den USA kennengelernt hatte und dem sie in Dresden auf einer Europareise, die sie mit ihren Eltern unternommen hatte, wieder begegnet war, geheiratet. Das Paar bekam drei Söhne.
„Walther Hesse wurde im Winter 1881–82 wissenschaftlicher Mitarbeiter von Robert Koch im Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, wo er sich mit der damals neuen Wissenschaft Bakteriologie beschäftigte. (…). Nach einem halben Jahr in Berlin kehrte er nach Schwarzenberg zurück, wo er zu Hause in einem eigenen kleinen Labor weiterforschte. In diesem Labor war seine Ehefrau Fanny Angelina Hesse, genannt Lina, als Technikerin und Zeichnerin tätig. Walther Hesse benutzte wie damals üblich für seine Studien als Kulturmedium Gelatine mit all ihren Nachteilen. [Gelantine wird von bestimmten Bakterien zersetzt und außerdem schmilzt Gelantine bei der Inkubationstemperatur von 37 Grad Celsius]. Fanny Angelina Hesse schlug vor, Agar-Agar zum Gelieren der Kulturmedien zu benutzen, das sie zur Zubereitung von Speisen benutzte. Sie hatte von ihrer Mutter ein Rezept für Fruchtgelee und Gemüsesülze mit Agar-Agar erhalten, (…). Agar-Agar eignete sich hervorragend für Kulturmedien, und Walther Hesse setzte Robert Koch umgehend über die Entdeckung seiner Ehefrau in Kenntnis. 1882 informierte Robert Koch die Öffentlichkeit über die Isolierung des Erregers der Tuberkulose und dabei erwähnte er auch erstmals die Benutzung von Agar-Agar für Kulturmedien, jedoch nicht die Erfinderin.“ 8)