Robert-Schuman-Brücke
Marienthal (1987): Robert Schuman (29.6.1886 Clausen/Luxemburg – 4.9.1963 Scy-Chazelles), Ministerpräsident von Frankreich, Gründervater der Europäischen Union, Präsident des Europäischen Parlaments.
Vorher hieß die Brücke Wandsbeker Rathausbrücke und war auch Teil der Wandsbeker Allee.
Robert Schuman war der Sohn von der aus Luxemburg stammenden Eugènie Schuman, geborene Duren und des ebenfalls aus Luxemburg stammenden Bauern Jean-Pierre Schumann, dessen Bauernhof in Èvrange nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 nun auf deutschem Gebiet stand. 1873 „fasste er den Entschluss, auf die andere Seite der Grenze nach Clausen überzusiedeln. Sein Erbanteil am väterlichen Hof und den Ländereien ermöglichten Jean-Pierre Schuman und seiner Familie ein Leben in Wohlstand.“1)
Als Robert Schuman 14 Jahre alt war, starb der Vater. Karl Heinz Debus schreibt dazu: „So wurde die Mutter zur eigentlichen Erzieherin ihres einzigen Sohnes; sie blieb ihm bis in seine Gymnasialzeit, ja bis in seine Studentenjahre hinein als Briefpartnerin verbunden. (…) die Mutter war in einem von französischen Ordensschwestern geleiteten Internat erzogen worden. ‚religiöse Lektüre stand bei ihr obenan (…). Robert Schumann ist durch seine Mutter, von französischer Religiosität und Spiritualität geprägt worden. Nicht zuletzt sein sozialer Sinn kommt aus dieser Quelle.“ 2)
Robert Schuman studierte Rechtswissenschaften an verschiedenen deutschen Universitäten. 1908 machte er an der Straßburger Universität sein Erstes Staatsexamen; nach seinem Referendariat promovierte er 1910 und beendete sein Studium 1912 mit dem Zweiten Staatsexamen.
1911 starb seine Mutter bei einem Kutschunfall. Robert Schuman war damals 25 Jahre alt. In seiner Trauer überlegte er, in ein Kloster einzutreten. Doch schließlich eröffnete er 1912 in Metz eine eigene Anwaltskanzlei. „Seinem Glauben verlieh Schuman als Laie Ausdruck. Bereits seit seiner Bonner Studienzeit gehörte er dem Wissenschaftlichen katholischen Studentenverein Unitas-Salia an, 1910 trat er der Görres-Gesellschaft und 1912 dem Volksverein für das katholische Deutschland bei. Einer breiten lokalen Öffentlichkeit wurde er 1913 als Mitorganisator des Katholikentags in Metz bekannt“, 3) schreibt die Konrad Adenauer Stiftung in ihrem Porträt über Robert Schuman.
Während des Ersten Weltkriegs erfolgte bei Schuman, der sich als Lothringer empfand, eine Annäherung an Frankreich. Zu den Ursachen dieser Hinwendung an Frankreich gibt die Konrad Adenauer Stiftung die: „teils auf Wahrheit, teils auf Propaganda beruhenden – Berichte [n] über Gräueltaten deutscher Soldaten in Belgien“ an und die „Beschießung der Kathedrale von Reims durch die Deutschen.“ 4)
Nach dem Ersten Weltkrieg trat Schuman in die Politik ein und wurde 1918 Mitglied des Stadtrats von Metz. Ein Jahr später wurde er in die französische Abgeordnetenkammer gewählt.
„Er wurde Mitglied und später Vorsitzender eines neuen Parlamentsausschusses für die Belange Elsass-Lothringens. Ein Arbeitsschwerpunkt war die Angleichung der bislang geltenden Rechtsvorschriften an das französische Recht, allerdings mit Ausnahmen. So setzte Schuman sich etwa mit Erfolg dafür ein, dass das französische Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat von 1905 im Elsass und im lothringischen Département Moselle nur eingeschränkt angewendet wurde und einige Sonderregelungen zum Verhältnis von Staat und Kirche aus deutscher Zeit bestehen blieben. (…).“5)
Robert Schuman war Mitbegründer der „Union Républicaine Lorraine‘ (URL)“, der es hauptsächlich um regionale Interessen ging.
„Im Zuge des sich in Europa abzeichnenden Krieges wurde Schuman im Juni 1939 zum Unterstaatssekretär für Flüchtlingsfragen berufen (…) Mit dem Vorrücken der deutschen Truppen setzte eine innerfranzösische Fluchtwelle Richtung Westen ein, unter den flüchtenden Menschen befanden sich viele Elsässer und Lothringer. Schuman organisierte die Versorgung der Binnenflüchtlinge in Westfrankreich und wich als Teil der Regierung von Paris nach Bordeaux aus. Nach dem Waffenstillstand von Compiègne am 22. Juni 1940 stimmte er im Parlament für die Vereinbarung. Das Angebot von Marschall Philippe Pétain, ein Ministeramt in der Vichy-Regierung zu übernehmen, lehnte Schuman hingegen ab und kehrte nach Metz zurück.“ 6)
Schuman wurde im September 1940 von der Gestapo verhaftet. Vergeblich versuchten die Nationalsozialisten Schuman dazu zu bewegen, mit den deutschen Besatzern zusammenzuarbeiten.
„Schließlich wurde Schuman als Zivilinternierter in einer Pension in Neustadt an der Weinstraße untergebracht. Am 2. August 1942 nutzte er eine Reise zur Flucht und führte fortan im Süden Frankreichs ein Leben im Untergrund.
Nach der Befreiung Frankreichs kehrte Schuman Ende 1944 nach Metz zurück und nahm seine politischen Aktivitäten wieder auf. Er gehörte zu den Mitbegründern der lothringischen Sektion des neu geschaffenen christdemokratischen Mouvement Républicain Populaire (MRP). (…). Im Juni 1946 wurde Schuman Finanzminister in der Provisorischen Regierung.“7)
1947 wurde die Vierte Republik ausgerufen und Schuman wurde Ministerpräsident.
Die Konrad Adenauer Stiftung schreibt über die damaligen politischen Verhältnisse: „Frankreich befand sich in einer tiefen innenpolitischen Krise mit Streiks und Straßenkrawallen. Es ging – auch vor dem Hintergrund des Entstehens des Kalten Krieges – um die Frage des Einflusses der Kommunisten und der sie unterstützenden Gewerkschaften in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser Machtprobe begegnete der neue Ministerpräsident wesentlich mit zwei Sicherheitsgesetzen. Die Zahl der Sicherheitskräfte wurde verstärkt und Einheiten, die sich dem Staat gegenüber als unzuverlässig erwiesen hatten, wurden aufgelöst. Schuman betonte den gemeinsamen republikanischen, demokratischen Geist über die Parteigrenzen hinweg. Sein Kabinett zerbrach zwar bereits im Juli 1948 am Streit über den Militärhaushalt, doch hatte Schuman in einer veritablen Krisensituation seines Landes für die Abwehr der Gefahr gesorgt.“8)
Schuman blieb der Politik treu und wurde 1948 Außenminister. Dieses Amt hatte er bis Anfang 1953 inne.
In dieser Zeit kam er auf die Idee, eine Montanunion zwischen Deutschland und Frankreich zu schaffen. Dadurch sollten die Rohstoffe Kohle und Stahl, die für die Führung von Kriegen wichtig waren, unter eine gemeinsame Kontrolle gestellt werden.
„Der Vorschlag mündete in Verhandlungen über die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. Am 18. April 1951 fand in Paris die Unterzeichnung des EGKS-Vertrags durch die Außenminister der sechs Staaten statt. Der Inhalt des EGKS-Vertrags war revolutionär, denn er enthielt mit der Schaffung einer gemeinsamen Hohen Behörde als dem wichtigsten Gremium der EGKS erstmals supranationale Strukturen. Die Montanunion war die Geburtsstunde des europäischen Integrationsprozesses. Der 9. Mai wird in Erinnerung an Schumans Initiative heute als Europa-Tag begangen.“9)
1953 trat Schuman von seinem Posten als Außenminister zurück. Es gab innenpolitische Machtkämpfe und persönliche Angriffe gegen ihn. Nicht jeder war mit seiner Idee einer Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) einverstanden.
Schumann verließ aber nicht die politische Bühne. Nun war er wieder Parlamentarier und setzte sich für die europäische Einigung ein. Er war von 1955 bis 1961 Vorsitzender der Europäischen Bewegung und von 1958 bis 1960 Präsident des Europäischen Parlaments.
Karl Heinz Debus beschreibt Robert Schuman als Menschen mit ernsthaften Grundsätzen. Deshalb „beunruhigen ihn der Mangel an Redlichkeit bei den Regierenden und der materialistische Zug seiner Zeit; so zieht er sich des Öfteren in die Stille der Abtei von Ligugé zurück und begibt sich ins Heilige Land.“ 10)
Schon 1926 hatte er ein Anwesen, bestehend aus zwei Gebäuden mit einem Garten, in Scy-Chazelles erworben. Dorthin konnte er sich zurückziehen. Seine Haushälterin – Robert Schumann hat nie geheiratet – kümmerte sich um das Anwesen. Hier in Scy-Chazelles verstarb Robert Schuman am 4.9.1963.
„Im Jahr 2004 wurde im Vatikan ein Seligsprechungsprozess eingeleitet und ihm 2021 von Papst Franziskus als Vorstufe der ‚heroische Tugendgrad‘ zuerkannt. Mit dem in seinem Todesjahr erschienenen Buch ‚Für Europa‘, einer Sammlung seiner wichtigsten Reden und Aufsätze, hinterließ Schuman sein ‚europäisches Testament‘ (Marie-Thérèse Bitsch). (…).“ 11)
1991 gründet sich die Robert-Schumann-Stiftung, die z. B. eine Aktion zur Sensibilisierung der Frauen für die Europäische Bürgerinitiative unterstützte.