Stefan-Zweig-Straße
Bramfeld (1961): Stefan Zweig (28.11.1881 Wien – 23.2.1942 Petrópolis/Brasilien), Schriftsteller.
Siehe auch: Straußstraße
In Wikipedia steht über Zweigs Herkunft und Werdegang u. a.: „Stefan Samuel Zweig war ein Sohn des wohlhabenden jüdischen Textilunternehmers Mori(t)z Zweig (1845–1926) und dessen Frau Ida Brettauer (1854–1938), Tochter einer reichen (…) Kaufmanns-/Bankiersfamilie, (…) Er wurde in Wien in der elterlichen, großbürgerlichen Wohnung (…) geboren und wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Alfred (…) auf. (…).“ 1)
Nach dem Abitur studierte Stefan Zweig Philosophie, schrieb aber: „lieber für das Feuilleton der Neuen Freien Presse (…). Nachdem Gedichte von ihm schon seit 1897 in Zeitschriften veröffentlicht worden waren, erschien 1901 der Gedichtband Silberne Saiten und 1904 seine erste Novelle, Die Liebe der Erika Ewald. In diesem Jahr wurde Stefan Zweig mit einer Dissertation (…) zum Dr. phil. promoviert. (…). Seine Bücher erschienen im Insel-Verlag in Leipzig, mit dessen Verleger Anton Kippenberg er schließlich freundschaftlich verbunden war und dem er die Anregung gab zur 1912 gegründeten Insel-Bücherei, die (…) noch heute verlegt wird.“ 1)
Zweigs Frauenfiguren in seinen Werken
Dazu schreibt Magdalena Pluta 2004 in ihrem Aufsatz „Die Identitätskrise der bürgerlichen Frauen. Zum Bild der Weiblichkeit im Schaffen und Leben von Stefan Zweig“ u. a.: „Bei einem Überblick über Zweigs erzählerisches Gesamtwerk trifft man bescheidene, aufopferungsvolle, sittsame, mütterliche, irrationale, leidenschaftliche und lustbetonte Frauenbilder, die dem Leser eine verständliche Antwort auf die Frage nach dem Platz der Frau in der damaligen Gesellschaft liefern. (…).
Ein weiteres charakteristisches Merkmal für zahlreiche Frauenfiguren in den Erzählungen von Stefan Zweig ist ihr tragisches Ende. Das gilt insbesondere für die Frauengestalten, bei denen gesellschaftliche Schranken oder physische Ursachen die Vereinigung mit dem Geliebten hindern. Mit der Unerreichbarkeit ihres ersehnten Zieles verliert das Leben für sie seinen Wert. (...)
Zweigs Idealbild der Frau hing mit seinen Erwartungen im Leben zusammen. Achtung, Respekt und Sympathie brachte der Autor nur der aufopferungsvollen, verzichtenden, stillen, bescheidenen und passiven Frau entgegen.
Besondere Begeisterung zeigte Zweig für den Typus eines heranwachsenden Mädchens. Im Gegensatz zur erwachsenen und emanzipierten Frau stellte das unwissende, naive und verschüchterte Mädchen die Überlegenheit des Mannes nicht in Frage.
Auch die älteren Frauen besaßen für Zweig ihren eigenen aber kleinen Wert. Zwar hatten sie eine ausgebildete Persönlichkeit und eine Lebenserfahrung, aber diese Eigenschaften in Verbindung mit ihrem mangelnden Nutzen für den Mann bildeten die Ursachen der ‚Zweigischen‘ Verachtung. Immer wenn eine Frau der Idealvorstellungen Zweigs nicht entsprach, entlarvte sich seine Feindseligkeit ihr gegenüber.
Der Autor fühlte sich immer zu den schwächeren Frauen hingezogen. Intellektuelle, finanziell unabhängige und selbstbewusste Frauen standen selten im Brennpunkt seines Interesses. Zwar heiratete der Schriftsteller die am Anfang psychisch starke und von ihm ältere Friderike, aber er konnte ihre vielseitige Überlegenheit nicht ertragen. Er verließ also seine erste Frau und heiratete die schwache, gehorsame und viel jüngere Lotte, die auf den Wunsch ihres Mannes, mit ihm Selbstmord begangen hat.“ 2)
Stefan Zweig: ein Exhibitionist
Mehrere Literaturwissenschaftler, die sich mit Stefans Zweig beschäftigt haben, wiesen auf eine, so steht es in Wikipedia: „vor 1920 bestehende Tendenz Zweigs zum Exhibitionismus hin (…).“ 1) Der „Journalist und Literaturwissenschaftler Ulrich Weinzierl [findet] in seinem 2015 erschienenen Buch Stefan Zweigs brennendes Geheimnis (…) in Zweigs Aufzeichnungen ab 1912 deutliche Anzeichen auf das von Zweig so genannte ‚Schaup[rangertum]‘ und verklausulierte Andeutungen, er sei im Schönbornpark beinahe erwischt worden. In dieser Zweigs bürgerliche Existenz bedrohenden Neigung sieht der Germanist Weinzierl psychodynamische Mechanismen, die Zweig in künstlerischer Hinsicht angetrieben hätten. Gemäß dem Bonner Psychiater, Gerichtspsychiater und Medizinhistoriker Dieckhöfer zeichnete sich das Phänomen des Exhibitionismus für den Dichter Zweig ‚letztlich als flüchtiges Durchgangssyndrom werdender charakterlicher Reifung‘ ‚inmitten einer kulturell sexualfeindlichen, leibfeindlichen Umwelt‘ ab, wobei sich schließlich ‚ein gesundes Wohl-und-Wehe‘ durchsetzte.“ 1)
Exhibitionismus ist kein Kavaliersdelikt. Er ist zu Recht strafbar, denn durch diese Handlungen gegenüber Kindern und Frauen werden diese sexuell missbraucht. Die seelischen Schäden, die diese Opfer dadurch erfahren, dürfen nicht kleingeredet und beschönigt werden.
Stefan Gmünder geht in seiner Rezension des Buches „Stefan Zweigs brennendes Geheimnis“ von Ulrich Weinzierl auf den Exhibitionismus von Zweig ein. Er schreibt: „Weinzierl greift (…) auf Äußerungen Benno Geigers (1882–1965) zurück, der als junger Mann mit Zweig befreundet war. Dieser später zum Feind mutierte Freund schrieb in seinen Memoiren: ‚Er (Zweig) selbst hat mir dies erzählt. Er litt an der Sucht des Exhibitionismus, das heißt, an dem unwiderstehlichen Drang, sich in Anwesenheit eines jungen Mädchens zu entblößen.‘ Zweig habe dafür den Begriff ‚Schauprangertum‘ verwendet. Dieses habe er bevorzugt im Schlosspark Schönbrunn praktiziert.
Den Sätzen Geigers, der als unsicherer Kantonist gilt und mit Dichtwerken wie Also sprach Benno Geiger an die Öffentlichkeit trat, wurde bisher wenig Bedeutung zugemessen, doch Weinzierl stößt in seiner Recherche auf eine Tagebuchstelle aus dem Jahr 1912 (10. September), die sich unmittelbar vor einigen aus dem Diarium herausgerissenen Seiten befindet. Zweig schreibt: ‚Dann spazieren, Liechtenstein, schaup. Das Object noch zu jung noch ohne tieferes Interesse (…). Dies eigentlich weniger aufreizend, aber mehr gefährlich und wäre zu meiden.‘ In der Abkürzung ‚schaup.‘, so Weinzierl, könnte er also liegen jener ‚Schaupranger‘. Es gibt weitere Hinweise, denn Zweig mied ‚es‘ nicht. Ende Februar 1913 deutet er im Tagebuch stark verklausuliert an, dass er bei einem ‚Spaziergang mit Hintergedanken in der Dämmerung im kleinen Schönbornpark‘ beinahe erwischt worden wäre. Die Indizienlage ist relativ dünn, Weinzierl hinterfragt seine These, stützt sie mit Zweig-Lektüren, Zitaten von Freunden des Autors und mit viel psychologischer Literatur, um zum Schluss zu kommen: Stefan Zweig war Exhibitionist. Jedenfalls zeitweilig.“ 3)
Als unheimlich betrachtet Ulrich Weinzierl eine Notiz aus Stefan Zweigs Tagebuch: „‚Zweite Episode der kleinen Frie… mit ihrer Gouvernante, dieses Kindes, das ganz Übermut ist und das ich in die Erotik zwinge, bis sie mitgeht, neugierigen Blicks wenn auch noch ohne volles Verständnis:‘“ 4)
Auch der Journalist Jan Küveler ging 2015 in seiner Rezension des Buches von Ulrich Weinzierl auf den Exhibitionismus Zweigs ein und legte dabei sein Augenmerk auch auf Stefan Zweigs Ehefrau Friderike – Fritzi genannt: „Fritzis zweiter (…) Roman, (…) hieß ‚Vögelchen‘ und erschien 1919, (…). Dass Zweig sofort nach der Lektüre um die Hand der Autorin anhält, kann sie sich mit rührend vorgetragener Unschuld nur so erklären: ‚Er mag die Welt, die meinen Roman gezeitigt hatte, der seinen sehr nahe gefühlt haben.‘ Kein Wunder, sind doch Handlung und Stil, wie Weinzierl schreibt, ‚hart an der Grenze zu pseudo-poetischer Kindesmissbrauchspornographie‘. Fritzi schildert die innige Liebe eines Adalbert Mannsthal zu seiner Stieftochter Arabella. Ihre ‚Brüstlein‘ sind ‚jungen Tauben gleich, die rosige Schnäbelchen aus dem Gefieder spreizten, wenn der Flügelschlag der Liebe ihrem Durste naht‘. Wie ein ‚von göttlichem Zorn Besessener‘ rast der Stiefvater über ihr. Da spürt sie plötzlich ‚namenlose Erlösung und während ihr ganzes Sein ausströmte in demütiger Verzückung zu randloser Ewigkeit, sah sie im ersten fahlen Licht des Morgens ihn zur Seite stürzen, als hätte Gott ihn an Felsen zerschellt‘. Das, schreibt Weinzierl trocken, ‚sind die unbekömmlichen Folgen eines literarischen Orgasmus‘. (…).“5)
Ulrich Weinzierl zeigt folgenden Zusammenhang zwischen Zweigs Exhibitionismus und dessen Selbsttötung auf: „Stefan Zweig war in puncto Exhibitionismus höchst unzufrieden, ja unglücklich mit sich. Er fühlte sich ohne seinen Willen moralisch beschmutzt, empfand sich als hilflos und unfrei seinem ‚Es‘ gegenüber. Damit verbunden: eine starke Selbstentwertungstendenz. Und wer sein Leben nicht zu achten und zu lieben imstande ist, wirft es leichter weg. In vermeintlich ausweglosen, in extremen Belastungssituationen – Zweig sah im Februar 1942 seine Welt von gestern und seine gegenwärtige Welt zerstört – erst recht. Für ihn, den Wandermüden, war der Abschied kein Grund zu vorweggenommener Trauer, im Gegenteil. Er fühlte, als der Entschluss gefasst und klar war, dass Lotte ihn in den Tod begleiten würde, nur noch Erleichterung.“ 6)
Stefan Zweigs Ehefrauen
In der Zeit, als ab 1912 in Stefan Zweigs Aufzeichnungen Anzeichen seines Exhibitionismus‘ zu finden sind, hatte er seine spätere erste Ehefrau Friderike Winternitz kennengelernt. Friederike Winternitz, geb. Burger (4.12.1882 Wien – 18.1.1971 Stamford/USA), war Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin sowie Lehrerin und die Tochter, so steht es im Wikipedia-Eintrag zu ihr: „von Emanuel Burger (1844–1902) und Theresia Elisabeth Burger (geborene Feigl; 1844–1923), sie studierte an der Universität Wien Literatur und Französisch. Unter ihrem ersten Ehenamen Friderike von Winternitz trat sie ab 1902 als Autorin hervor, veröffentlichte mehrere Romane und schrieb für Westermanns Monatshefte, die Wiener Zeitung und die Vossische Zeitung. Während des Ersten Weltkrieges, den sie als ein Verbrechen ansah, organisierte sie das Internationale Komitee für dauernden Frieden. Das brachte sie auch in eine geistige Nähe zu Stefan Zweig, der jenseits jeglicher Partei oder Religionsgemeinschaft für Humanität und Frieden eintrat.
In erster Ehe war sie mit dem Finanzbeamten Felix Edler von Winternitz (1877–1950) verheiratet, von dem sie sich 1914 scheiden ließ. 1905 war sie vom jüdischen zum römisch-katholischen Glauben übergetreten. Das Paar hatte zwei Töchter, Alice Elisabeth (Alix, Lix) Winternitz, verh. Störk (1907–1986), und Susanna Benediktine (Suse) Winternitz, verh. Höller (1910–1998).“ 7)
Nachdem sich Zweig und Winternitz kennengelernt hatten, (sie soll dabei die treibende Kraft gewesen sein) wurden sie ein Liebespaar. „Die von ihr angestrebte Heirat konnte aber erst nach dem weltkriegsbedingten Zusammenbruch der Monarchie und der dadurch gesetzlich ermöglichten Wiederverheiratung von Geschiedenen eingegangen werden. Demgemäß lebte Friderike Winternitz nach ihrer am 28. Mai 1914 erfolgten Scheidung bis 28. Januar 1920 mit Zweig in wilder Ehe, (die aber sehr sanft ist), wie Zweig am 27. Februar 1919 seinem Verleger Anton Kippenberg versicherte. Mit großzügiger Bescheidenheit hielt Zweigs Geliebte am 3. November 1916 in ihrem Tagebuch fest, dass sie seine Liebschaften toleriere: Stefan hat mich heute zu seinem dauerndem ‚Oberhaserl‘ ernannt. Mehr will ich nicht, möge er sich ab und zu eines Unterhaserls erfreuen. Ich gönne ihm andere und ihn anderen. Wenn ich nur immer sein Oberhaserl bin.‘“ 8) Ulrich Weinzierl schreibt dazu in seiner Stefan Zweig Biografie, in der er kaum ein gutes Haar an Friderike Zweig lässt: „Naturgemäß ein Trick. Nie hätte er sich an jemanden gebunden, der seine erotische Freiheit einzuschränken versuchte. Friderike war eine kluge., psychologisch versierte Dame. Sie wusste genau, was sie wollte. Und zwar von Anfang an.“ 9)
1920 heiratete das Paar. Ausschlaggebend soll der von ihr 1919 veröffentlichte Roman „Vögelchen“ gewesen sein – siehe dazu weiter oben. An der Hochzeit nahm die Braut, die zwei Töchter in die Ehe brachte, auf eigenem Wunsch allerdings nicht teil. Sie wurde in Abwesenheit getraut. Ihren Part übernahm bei der Verheiratung Zweigs Freund Felix Braun. Bräutigam Zweig „soll über die ‚homosexuelle Ceremonie‘ gescherzt und die guten Wünsche des Standesbeamten für üppigen Kindersegen mit Gelächter quittiert“ haben. 10)
Das Paar lebte in Salzburg, wo Zweig das Paschinger Schlössl am Kapuzinerberg gekauft hatte.
„Während der Ehejahre in Salzburg stellte sie [Friderike Zweig] ihr literarisches und journalistisches Schaffen deutlich zugunsten der Unterstützung ihres Mannes zurück. Später schrieb sie biografische Werke über ihn.“ 11)
Friderike Zweig war auch eine Kritikerin der Werke ihres Mannes. „In einem Brief bezeichnete sie Zweigs Gedicht ‚Der Krüppel‘ als schlecht: ‚Ich glaube, dass man es Dir überall zurückschicken würde, wenn Du es anonym einsenden würdest.‘ Die beiden begegneten sich auf Augenhöhe, auch wenn Zweig das nicht zulassen wollte. Er war der Meister, sie machte nur ‚dilettantische Spielereien‘.
Friderike Zweigs Tag war (..) ihrem Ehemann gewidmet. Dem Haus, dem Garten, den Kindern, der Sekretariatsarbeit. Sie versuchte in den frühen Morgenstunden ihren Projekten nachzugehen, mit der Zeit verlegte sie sich auf Übersetzungen.“12)
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten bekam Stefan Zweig sehr bald zu spüren. „Als engagierter Intellektueller trat Stefan Zweig vehement gegen Nationalismus und Revanchismus ein und warb für die Idee eines geistig geeinten Europas. (…).“ 13) Im Februar 1934: „wenige Tage nach dem Februaraufstand der Sozialdemokraten gegen den austrofaschistischen Ständestaat durchsuchten vier Polizisten das Haus des erklärten Pazifisten Stefan Zweig, da er denunziert worden war, dass sich in seinem Haus Waffen des Republikanischen Schutzbundes befänden. Zweig merkte zwar, dass die Durchsuchung nur pro forma durchgeführt wurde, dennoch war er davon tief betroffen, stieg zwei Tage danach in den Zug und emigrierte nach London.“ 14) Seine Frau wollte Salzburg nicht verlassen. So lebte das Paar fortan getrennt. Stefan Zweig setzte „den Verkauf des gemeinsamen Heimes auf dem Kapuzinerberg in Salzburg (…) durch (…). So musste sich Friderike mit ihren beiden Töchtern eine andere Unterkunft suchen. Diese fand sie ab dem 1. Juni 1937 in der großen Villa von Alois und Luise Staufer in der Nonntaler Hauptstraße 49 (…). Ihr Mann hatte ihr aber verboten, dass sie sich dort selbst anmeldete (er war in Steuerstreitigkeiten mit den Salzburger Behörden verwickelt und wollte keinerlei Wohnsitz mehr in der Stadt haben); hingegen wurden die beiden Stieftöchter dort gemeldet.“ 15)
Stefan Zweigs Bücher durften „Im Deutschen Reich (…) nicht mehr im Insel Verlag erscheinen, sondern wurden vom Herbert Reichner Verlag Wien verlegt, (…). Zweig wurde auf die Liste der Bücherverbrennungen gesetzt und 1935 in die Liste verbotener Autoren aufgenommen. Im österreichischen Ständestaat wurde er weiterhin ausgesprochen geschätzt, während er im nationalsozialistischen Deutschland als ‚unerwünscht‘ galt. (…). Im Exil in England lebend, konnte Zweig über den Reichner-Verlag in Wien nach wie vor ein deutschsprachiges Publikum erreichen; nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurden seine deutschen Schriften in Schweden gedruckt, wobei er international weiterhin einer der meistgelesenen Autoren seiner Zeit blieb. (…).“ 16)
Im November 1938 wurde die Ehe geschieden. Stefan Zweig „hatte sich mit seiner Sekretärin Charlotte Altmann (1908–1942), die aus einer jüdischen Fabrikantenfamilie stammte, auf eine Liaison eingelassen, was seiner Frau nicht verborgen geblieben war. [Bereits 1935 hatte Friderike Zweig ihren Mann mit Lotte Altmann in einem Hotelzimmer in Nizza „erwischt“, R. B.]
1939 heiratete er Charlotte Altmann, die ihm auf seinen Reisen gefolgt war.“ 17). Das Paar zog von London nach Bath, wo es sich ein Haus kaufte.
Friderike Zweig: „emigrierte (..) zunächst nach Frankreich und 1940 in die USA, wo sie auch als Übersetzerin, (…) [arbeitete]. Bis zu dem Suizid von Stefan Zweig blieb sie in enger brieflicher Verbindung mit ihm und es kam immer wieder zu persönlichen Treffen mit ihm und auch seiner neuen Frau, Lotte Altmann. In den USA gründete sie im Jahre 1943 das ‚Writers Service Center‘, dessen Zweck darin bestand, Vertriebenen Hilfe angedeihen zu lassen. 1954 gründete sie die ‚American-European-Friendship-Association‘. Sie war Ehrenpräsidentin der ‚Internationalen Stefan-Zweig-Gesellschaft‘“. 18)
Über die Beziehung Zweigs zu Lotte Altmann schreibt Jörg Plath: „So sehr sich der wohlhabende Mann Anfang 50 freut, dass die knapp 30 Jahre jüngere Frau ihn begehrt – sie bleibt doch immer seine Sekretärin, organisiert einen Teil seiner Reisen, schreibt seine Manuskripte ab, erledigt Aufträge. Als beide 1939 im englischen Bath ein Haus beziehen und Lotte tagelang für Einkäufe in London weilt, beschwert sich Stefan: ‚So kommt es jetzt nicht auf Gläser und Untertassen an, sondern dass endlich der Hausstand ruhig läuft – alles andere bleibt Nebensache.‘
Lotte hat nie ein Haus geführt. Die Tochter von Kattowitzer Fabrikanten, die nach Deutschland auswandern, als Oberschlesien 1922 teilweise an Polen abgetreten wird, muss Mitte 1933 als Jüdin die Frankfurter Universität verlassen und wandert mit der Familie ihres Bruders nach London aus. Offiziell darf sie keine Stelle annehmen. Doch im Frühjahr 1934 beginnt Lotte als Sekretärin für den weltberühmten Bestsellerautor zu arbeiten, der in London eine Biografie über Maria Stuart schreiben will, außerdem Distanz zu Hitler-Deutschland und der schwierigen familiären Situation in Salzburg sucht. Das ‚gescheite Geschöpf mit den melancholischen Augen‘, wie sie ein Freund Zweigs nennt, ist immer öfter an dessen Seite zu sehen, in London und während zahlreicher Reisen auf dem Kontinent.“ 19)
1940 verließ Zweig Großbritannien und kam nach Brasilien, für das er eine permanente Einreiseerlaubnis hatte.
„Laut dem Zweig-Biographen Alberto Dines erhielt Zweig als Prominenter trotz des Antisemitismus der Diktatur Getélio Vargas‘ dieses Dauervisum, da er im Gegenzug ein Buch zugunsten Brasiliens verfassen wollte.
1941 erschien die Monografie Brasilien. (…) In der Nacht vom 22. zum 23. Februar 1942 nahm sich Stefan Zweig in Petrópolis (…) mit einer Überdosis Veronal das Leben. Depressive Zustände begleiteten ihn seit Jahren. (…) Seine Frau Lotte folgte Zweig in den Tod. Hausangestellte fanden beide gegen 16 Uhr in ihrem Bett: ihn auf dem Rücken liegend mit gefalteten Händen, sie seitlich an ihn gelehnt.
In seinem Abschiedsbrief hatte Zweig geschrieben, er werde ‚aus freiem Willen und mit klaren Sinnen‘ aus dem Leben scheiden. Die Zerstörung seiner ‚geistigen Heimat Europa‘ hatte ihn für sein Empfinden entwurzelt, seine Kräfte seien ‚durch die langen Jahre heimatlosen Wanderns erschöpft‘. (…). Stefan Zweig wurde ein Symbol für die Intellektuellen im 20. Jahrhundert auf der Flucht vor der Gewaltherrschaft. In diesem Sinne wurde in seinem letzten Wohnhaus in Petrópolis die Casa Stefan Zweig eingerichtet, ein Museum, das nicht nur die Erinnerung an sein Werk bewahren soll,“ 20) heißt es in Wikipedia.