Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Steinhagenweg

Rahlstedt (2011): Heinrich Steinhagen (10.9.1880 Wismar-19.7.1948 Rahlstedt), Maler in Rahlstedt.


Heinrich August Friedrich Johannes Steinhagen war der Sohn des Schumachers Wilhelm Steinhagen und der Wilhelmine, geb. Freese.

Als künstlerischer Autodidakt betätigte er sich als Grafiker, Bildhauer und Maler des Expressionismus. In seinem Wikipedia-Eintrag heißt es über ihn: „Nach einer Tätigkeit als Malergehilfe in Lübeck ließ er sich nach 1900 in Hamburg nieder. Der Kunstsammler Ernst Rump förderte ihn, dennoch lebte er ständig in finanziell prekären Verhältnissen. Zu seinem Frühwerk zählen impessionistisch zarte Radierungen der norddeutschen Landschaft (…). Durch solche Arbeiten erreichte er internationale Anerkennung. Die traumatisierenden Erlebnisse im Ersten Weltkrieg bewogen ihn jedoch zu einem inhaltlichen und stilistischen Wandel. Er begann sich immer stärker mit religiösen Motiven zu beschäftigen und sie malerisch und grafisch umzusetzen. Eine zweite Motivgruppe stellten Kampf- und Todesszenen dar, wie er sie wohl selbst erlebt hatte. Dabei dominierten die Darstellungen leidender Militärpferde. (…).“ 1)

Stefan Romey schreibt dazu: „Die Erlebnisse im Ersten Weltkrieg veränderten seine Sichtweise. Nach Einsätzen an der West- und Ostfront dominierten die Kriegsgeschehnisse seine Motivauswahl und Bildsprache.“ 2)

Karin von Behr, die ein umfangreiches Buch über Steinhagen verfasst hat, äußert in ihrem Kurzportrait über Steinhagen: „1918 desertierte er als Schwerverwundeter (…).“ 3) Das kaiserliche Kriegsgericht verurteilte ihn wegen „Aufreizung“. Steinhagen „verarbeitete seine Fronterlebnisse im umfangreichen grafischen Werk. 1919 trat Steinhagen in die Kommunistische Partei ein (…),“ 3)

„Steinhagen war Mitbegründer der Hamburgischen Sezession. Er arbeitete ab 1909 in einem Staatsatelier in der Hamburger Kunsthalle, [der damalige Direktor der Kunsthalle, Alfred Lichtwark, war sein Förderer, [siehe: Lichtwarkstraße] das er 1919 wieder aufgab.“ 4) Stefan Romey: „Der neue Direktor der Hamburger Kunsthalle, Gustav Pauli, bevorzugte andere Künstler. Steinhagen konnte in der Kunsthalle kein Atelier mehr kostenlos nutzen.“5)

„1920 verkaufte er seine Arbeiten an den Kunsthändler Sommer.“ 6) „Von dem Erlös erstand er ein lehmhaltiges Grundstück, 8000 Quadratmeter groß, am späteren Wiesenredder in Neu-Rahlstedt. Aus dem eigenen Boden formte Steinhagen Lehm zu Ziegeln, trocknete sie in der Sonne und fing bereits vor der Erteilung der baupolizeilichen Genehmigung, an, seinen Traum von einem Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulptur, Möbeln, Musik und Malerei zu realisieren. (…) 1930 schilderte der ‚Hamburger Anzeiger‘ in seiner Wochenendbeilage Nr. 45 unter der Überschrift ‚Das Heim eines modernen bildenden Künstlers. Das Gesamtkunstwerk Heinrich Steinhagens‘ das Ergebnis und zeigte zwei Abbildungen des mit selbst gebauten Möbeln ausgestatteten Esszimmers und der 15 bis 18 Meter hohen Musikhalle ‚mit der Orgel‘. Augenzeugen aus der Zeit der Dichterlesungen, Konzerte und Gespräche am Kamin zwischen 1926 und 1937 schilderten das ständig im Um- und Ausbau befindliche ‚Arbeiterschloß‘ mit Urnenhof als mystisches Gebilde, das durch farbige Glasfenster geheimnisvoll beleuchtet war. Es bestand aus 24 Zimmern in einem Wohn- und einem Atelierflügel. Das gelbe Lehmhaus erschien krumm, schief und winklig und war an der Vorderfront mit Fresken aus gebranntem Lehm bedeckt. Die Ausstellungsräume hatten eine fast sakrale Wirkung. Die Wände hingen voller Bilder. Am 27. Dezember 1937 brannte das erste Haus Steinhagen nieder,“ schreibt Karin von Behr 7)

Über Steinhagens Einstellung zum Nationalsozialismus äußert Stefan Romey: „Steinhagen betrachtete die nationalsozialistische Bewegung ablehnend. (…). In der NS-Zeit galt Heinrich Steinhagen zeitweise als ‚entarteter‘ Künstler. 1937 wurde deshalb das große Selbstportrait von ihm aus der Hamburger Kunsthalle entfernt. Die Mehrzahl seiner Werke blieb von den Nationalsozialisten unbeachtet.“ 8)

Nach dem Brand seines Hauses verzagte Steinhagen nicht. Er stellte 1938 einen neuen Bauantrag und baute erneut auf.

„Nach dem Kriegstod seines Lieblingssohnes Harald 1940 verfluchte Heinrich Steinhagen das Regime und wurde wegen ‚Verleumdung des Führers‘ für vier Monate in einem Konzentrationslager interniert. Nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 vermehrten sich die Ängste des bekennenden Kommunisten, der nun zeitweilig bei seinem Kunsthändler und Genossen Peter Hattesen in Flensburg untertauchte. Vier Jahre später, am 19. Juli 1948, besiegte ihn das Haus: Heinrich Steinhagen, der in dritter Ehe lebende Vater von sieben Kindern, starb darin an Lungenkrebs, Folge der jahrelangen Einatmung von Lehmstaub.“9)

Steinhagen war in erster Ehe mit Ottilie Klügel verheiratet gewesen. Dazu schreibt Stefan Romey: „Mit ihr hatte er zwei Kinder, die nach dem Tod der Mutter 1929 zunächst von deren Schwester betreut wurden, bis alle drei nach Südamerika auswanderten und in Guatemala unter nicht geklärten Umständen ums Leben kamen.“ 10) In zweiter Ehe war Steinhagen verheiratet mit Maria Christine, geb. Rommelé. Mit ihr und den vier Kindern, die er mit ihr hatte, lebte er in seinem Rahlstedter Schloss. Später ging er noch eine dritte Ehe ein.

„Seine Witwe, sein Schüler Carlo Kriete und andere Künstler (…) wohnten noch eine Weile mit ihren Angehörigen im Rahlstedter Schloss, das 1963 für Bauprojekte des Wohnungsunternehmens Neue Heimat mit sämtlichem künstlerischem Inventar abgerissen wurde. Heute steht hier eine Kindertagesstätte.“ 11)