Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Normannenweg

Borgfelde (1905): nach dem germanischen Volksstamm der Normannen


Siehe auch: Wikingerweg
Siehe auch: Wikingstraße

Die Forschungsstelle Geschichte und Kulturelles Erbe, Universität Heidelberg; Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim veranstaltete im Oktober 2020 eine Tagung zum Thema „Norman Connections. Normannische Verflechtungen zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer“. Darüber berichteten Olivia Mayer und Giulia Worf in „H/Soz/Kult Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften.“ In diesem Bericht wird Viola Skiba zitiert, die betonte, dass die Normannen – oftmals fälschlich mit den Wikingern gleichgesetzt würden. Sie seien aber: ‚Teil vieler nationaler Geschichtskonstruktionen, die unterschiedlich interpretiert würden. Ferner sei es aufgrund ihrer einzigartigen Mobilität und Flexibilität schwierig, die Normannen als geschlossene und klar definierte Gruppe zu betrachten. (…).“ 1)

ALHEYDIS PLASSMANN aus Bonn „kam zu dem Ergebnis, dass die Identität der Normannen als Stamm sich stetig gewandelt habe. Selbstidentität und Fremdidentität hätten variiert, und je nach Zeit und Region seien unterschiedliche Identitäten zu beobachten. Die Normanni, die in Westeuropa plünderten, seien andere Normanni als die Menschen, die sich in der Normandie niederließen. Und diese seien nicht identisch mit den Normanni in Süditalien. Deshalb seien Eigenschaften wie Ehrgeiz und List der Normannen in Süditalien, insbesondere gegenüber Juden und Muslimen, positiver konnotiert gewesen als bei Normannen in Westeuropa. (…)‘ 1)

Über Frauen bei den Normannen referierte: „ELISABETH VAN HOUTS (Cambridge) [und] stellte mit Herzogin Gunnor (gest. 1030/31), Königin Emma (gest. 1052) und ‚Kaiserin‘ Mathilde (gest. 1167) drei adlige Frauen vor, die durch ihre Ehemänner indirekte Macht ausgeübt hätten. Einzig Mathilde habe eine Sonderrolle eingenommen, da sie von ihrem Vater zur Erbin des englischen Königreichs erklärt wurde und damit selbst und nicht durch ihren Ehemann über Macht verfügt habe. Werkzeuge der Macht seien für alle drei Frauen ihre sprachlichen Fähigkeiten gewesen, die ihnen ein Sprechen ohne Übersetzer ermöglicht hätten. Dadurch sei ihnen eine diplomatische Funktion zugekommen.“ 1)

In „Wissen digital“ werden die Begriffe „Normannen“ und „Wikinger“ folgendermaßen erklärt: „Der Begriff Normannen wurde abgeleitet vom Sammelnamen ‚Nordmannen‘ für Skandinavier, Dänen, Norweger und Südschweden, die im Anschluss an die germanische Völkerwanderung (ohne ihre nördlichen Siedlungsgebiete aufzugeben) seit dem 8. Jh. n.Chr. weite Vorstöße nach West-, Süd- und Osteuropa und über das Meer unternahmen.“ 2)

In „Wissen digital“ werden Normannen mit Wikingern gleichgesetzt, wobei betont wird, „dass der Begriff ab Ende des 8. Jh.s. bis zum Ende des 11. Jhs. mit Seeräuberei gleichgesetzt wurde. Es gab damals in Skandinavien (…) so viele umherziehende germanische Stämme und Heiraten unter den Häuptlingsfamilien, dass von nationaler Identität im heutigen Sinne keine Rede sein konnte. (…)

Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Wikinger, die über Land nach Russland, (…) bis nach Konstantinopel vordrangen, vorwiegend Schweden gewesen sein müssen, während die Norweger gen Westen nach Schottland und Irland segelten, um dann über die Orkney-, Shetland- und Faröer Inseln nach Island und Grönland und sogar bis nach Amerika vorzudringen. Die Dänen hingegen beschränkten sich auf Deutschland, England, Frankreich (Normandie), Spanien, Sizilien und Süditalien, in Frankreich eroberten sie die Normandie.“ 2)

Benjamin Scheler beschreibt den Unterschied zwischen Wikingern und Normannen: „Die Menschen, die wir heute als Wikinger bezeichnen, stammten aus unterschiedlichen Regionen des heutigen Skandinavien. Sie waren lose in verhältnismäßig kleinen Verbänden organisiert, die gemeinsam auf Beutefahrt gingen und sich nach Ende dieser Fahrt auch wieder auflösten. Vor allem die Verteidigungsmaßnahmen, die Herrscher auf den Britischen Inseln und im Frankenreich ergriffen, veranlassten sie dazu, sich zu größeren und stärker organisierten Armeen zusammenzuschließen, die dann in der Lage waren, ganze Reiche zu erobern. (…). Als Normannen dagegen bezeichnen wir die Nachkommen jener Wikinger, die 911 in das fränkische Reich aufgenommen worden waren. Sie hatten dabei das Christentum angenommen und sich schnell akkulturiert..“ 3)

Die Wikinger Frauen
Archäologische Forschungen aus den letzten Jahren widerlegen frühere Forschungsergebnisse von der Vorherrschaft des Mannes z. B. bei den Wikingern und stellen immer wieder fest, dass Männern zugeschriebene Skelette in Wirklichkeit Frauenskelette sind.

Florian Stark schreibt in seinem am 12.7.2020 veröffentlichten Artikel „Starke Frauen führten sogar Wikingerheere in die Schlacht“: „Neue Funde zeigen, dass Frauen vor 10.000 Jahren noch auf die Jagd oder in den Kampf zogen. Erst die Neolithische Revolution veränderte das Verhältnis der Geschlechter. Ausnahmen gab es allerdings auch später. (…)
Dass in der Männergesellschaft der Wikinger Frauen als Kriegerinnen und Anführerinnen herausgehobene Positionen einnehmen konnten, zählt zu den verblüffenden Ergebnissen der neuen Methoden, die derzeit so manche Lehrsätze der Archäologie korrigieren. (…)

‚Immer mehr Frauengräber mit Waffen oder Symbolen, die auf Waffen und Kampf Bezug nehmen, werden entdeckt und zwingen die Forschung, die traditionellen Gendergrenzen in der Wikingerzeit kritisch zu hinterfragen‘, resümieren die Archäologen Leszek Gardela und Matthias S. Toplak in ihren Beitrag ‚Militaria bei den Wikinger-Frauen‘ in der (..) Ausgabe der Zeitschrift ‚Archäologie In Deutschland‘.4)

Ana Suhr berichtet für den Deutschlandfunk am 14.10.2020 unter dem Titel „Zwischen Odin, Thor und Maria. Die Götterwelt der Wikinger war ein Männerclub für Kämpfer und Kriegergötter“ über ein in Birka entdecktes Wikingergrab (Inventarnummer Bj 581), das wegen seiner vielen kostbaren Beigaben als Fürstengrab interpretiert wurde. Doch spätere DNA-Analysen ergaben: es handelte sich hier um eine Frau und nicht um einen Mann. Archäologen waren – wie es häufig der Fall war und vielleicht teilweise immer noch ist – von ihrer eigenen Sozialisation in dieser patriarchalen Welt ausgegangen und hatten deshalb die Grabbeilagen entsprechend interpretiert. So konnten Schwerter und Pferde in ihren Augen nur darauf schließen, dass es sich hier um einen Krieger handeln müsse, und der konnte laut ihrer eigenen Erfahrung nur ein Mann sein.

Der Archäologe Matthias Toplak bezweifelt allerdings, dass die Tote zu Lebzeiten mit dem Schwert gekämpft habe, denn, so Matthias Toplak: „In den Knochen zeigen sich keinerlei verheilte Verletzungen, Traumata oder Ähnliches. Und auch die Muskelansätze, gerade an den Oberarmen, sind nicht so intensiv ausgeprägt, wie wir das erwarten würden, wenn jemand tatsächlich regelmäßig mit Schwert und Schild trainiert oder kämpft.“ 5)

Und der österreichische Professor für Skandinavistik an der Universität Bonn, Rudolf Simek kommt zu dem Schluss: „Dieses berüchtigte Grab zeigt eine erwachsene Frau in voller Bewaffnung. Das heißt aber noch lange nicht, dass das eine echte Kriegerin ist. Wenn – wie wir auch von Runensteinen wissen – durch Todesfälle unter der männlichen Verwandtschaft eine Frau zum Oberhaupt der Familie wurde, dann kann es gut sein, dass man ihr die Insignien eines solchen Familienoberhaupts mitgegeben hat, unabhängig davon, ob die jemals in ihrem Leben ein Schwert wirklich geführt hat.“ 6)

Der Mittelalterarchäologe und Direktor des Wikinger Museums Haithabu Matthias Toplak hat sich intensiv mit der Stellung der Frau in der Wikingerzeit beschäftigt. Von ihm gibt es eine sehr informative Internetseite, auf der er sich mit dem Thema auseinandersetzt. Siehe unter: https://wikinger-toplak.de/tag/frauen-in-der-wikingerzeit/

Hier nimmt er u. a. auch Stellung zu der Frage der Wikingerfrauen als Kriegerinnen. Er schreibt dazu u. a.: „Ich persönlich halte es für möglich, dass zumindest die Frau aus dem Grab Bj 581 von Birka zu Lebzeiten eine wichtige politische Rolle gespielt hat, die durch die Waffen verdeutlicht werden sollte (…). Diese Rolle hat sie aber - zumindest nach Aussage der Grabbeigaben - nicht als soziale Frau innegehabt, sondern als sozialer Mann, da sie in Männerkleidung beigesetzt wurde. Sie ist also ein möglicher Beleg dafür, dass in Einzelfällen biologische Frauen in der Wikingerzeit als soziale Männer agieren konnten. (…).

Die Tatsache, dass es in vielen Zeiten und Kulturen tatsächlich weibliche Krieger gab (bspw. bei den Skythen), darf nicht als unreflektierte Blaupause auf andere Epochen wie eben die Wikingerzeit bezogen werden. (…).
Der Kampfstil der Wikingerzeit ist enorm physisch, geprägt durch den Einsatz von großen Rundschilden, schweren Breitschwertern und Äxten. Technik ist zweifelsohne wichtig (wie in jeder Art von körperlichen Auseinandersetzungen), aber im Gegensatz zu anderen Kampfformen wie bspw. dem modernen Fechten sind Kampferfahrung, Entschlossenheit/Mut und besonders körperliche Stärke die dominierenden Aspekte, die über Sieg und Niederlage entscheiden. Sicherlich gibt und gab es schon immer Frauen, die Männern auch körperlich ebenbürtig waren (…), aber tendenziell sind Frauen in allen Zeiten Männern körperlich deutlich unterlegen. Das lässt sich bspw. für die Wikingerzeit deutlich an den Skeletten nachweisen. (…).“ 7)