Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Wilhelm-Bauche-Weg

Poppenbüttel (1985): Wilhelm Bauche (20.10.1899 Lübeck -29.7.1959 Hamburg), Widerstandskämpfer, Grafiker, Kunsterzieher, Journalist, Kulturpolitiker.


Überzeugt von der Arbeiterbewegung, setzte Bauche seine vielfältigen künstlerisch-literarischen Aktivitäten zur Vermittlung von Wissen und Erkenntnis ein. Den NS-Verfolgungen begegnete er standhaft in der Zuversicht auf eine sozialistische Zukunft. Der Vater, Carl August Bauche, war Beamter der Lübeck-Büchener-Eisenbahn, zuletzt Leiter des Güterbahnhofs Wandsbek. Die älteren drei Geschwister absolvierten alle eine Lehrerausbildung. Wilhelm besuchte das Realgymnasium „Johanneum“ zu Lübeck bis zur Primareife 1916, hatte aber schon vorher an der Kunstschule des Freiherrn von Lütgendorff Malerei und grafische Techniken belegt. Der Kriegsdienst seit 1917 führte ihn als Feldartillerist nach Frankreich, er wurde verwundet und erhielt Tapferkeitsauszeichnungen. Nach der Demobilisierung im Januar 1919 begann er sofort das Studium von Malerei, Grafik und Kunstgeschichte an der damaligen Kunstgewerbeschule Hamburg. Er nannte später als die ihn prägenden Lehrer Carl Otto Czeschka und Wilhelm Niemeyer. Demokratisch motiviert, engagierte sich Bauche in der Studentenvertretung und führte sie 1921 in den Reichsbund deutscher Kunsthochschüler. Dessen Vorstand gehörte er mehrere Jahre an, wobei er den 1. internationalen Kongress der Studierenden an europäischen Kunstakademien 1922 in Hamburg vor Ort und dazu eine Ausstellung in der Kunsthalle organisierte. Von 1921 bis 1926 beteiligte sich Bauche aktiv an der Ausstattung der Künstlerfeste im Curio-Haus und war ständiges Mitglied ihrer Kommission. Seit 1924 arbeitete er als selbstständiger Grafiker in Hamburg, qualifiziert als Mitglied im Bund deutscher Gebrauchsgraphiker. Daneben lehrte er Kunstgeschichte und Zeichnen u. a. am staatlich anerkannten Hagemann-Mensendieck-Gymnastik-Seminar und als Dozent an der Hamburger Volkshochschule.

1926 heiratete er die gerade diplomierte Gymnastiklehrerin Gertrud Mendel (26.5.1905-1999), die in der gemeinsamen großen Wohnung in Borgfelde ein eigenes Lehrinstitut einrichtete. 1928 wurde ein Sohn geboren. Mit seinem Schwiegervater, dem Genossenschaftskaufmann und hamburgischen Senator Max Mendel [siehe: Mendelstraße], verband Bauche eine anhaltend innige Beziehung. Zunächst verdankte er ihm Aufträge der Genossenschaft „Produktion“ für Plakate und Illustrationen und die Vermittlung in Aktivitäten der Hamburger Arbeiterbildung. Bauche gestaltete mit Hilfe zahlreicher Künstlerkollegen eine Marionettenbühne, die – jeweils in der Vorweihnachtszeit im Gewerkschaftshaus installiert – Märchen- und Sagen aufführte. 1926 trat Bauche in die SPD ein. Für sie schuf er zum Parteitag 1931 den „Film vom Marxismus – Des Geistes Schwert“ mit Zeichentrickgrafik und dem Drehbuch gemeinsam mit seinem Freund H. C. B. Sommer. Von beiden Autoren erschienen für die Jahre 1930, 1931 und 1932 im Verlag E. Laub in Berlin die Bildkalender „Gesellschaft und Wirtschaft“. Die NS-Herrschaft bedeutete für Bauche einen Absturz der Arbeits- und Lebensbedingungen. Vorübergehend blieben noch die Lehrtätigkeit an der Hagemann-Schule und die vorweihnachtlichen Marionettenspiele in den Schaufenstern von Karstadt in Barmbek. Ehemalige Mitglieder der SAJ kamen zum Kunstunterricht in die Wohnung in Hamm. Er war eingebunden in die illegale sozialdemokratische Stadtteilorganisation, die im Herbst 1935 von der Gestapo aufgedeckt wurde. Bauche wurde am 2. November verhaftet und am 27. Februar 1936 vom Hanseatischen Oberlandesgericht zu 33 Monaten Zuchthaus wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Nach der Entlassung galt er ferner als wehrunwürdig und erhielt Berufsverbot für alle Kunst- und Lehrtätigkeit. Nach dem Pogrom im November 1938 erhielt auch die jüdische Ehefrau das Verbot ihres Gymnastik-Instituts, das seit der Verhaftung von Bauche die einzige wirtschaftliche Stütze der Familie gewesen war. Eine angestrebte Auswanderung scheiterte am fehlenden Geld. Freunde verschafften Bauche im Hamburger Fruchtimporthandel eine Anstellung als Bilanzbuchhalter, wozu er sich im Selbststudium qualifiziert hatte. Seit 1941 musste Gertrud Bauche Zwangsarbeit mit Altstoffsortierung leisten. Im Juli 1943 entkam die Familie knapp dem Feuersturm, verlor aber mit der Wohnung total alles – das künstlerische Werk, die Bibliothek und die Sammlungen. Eine angemietete Kleingartenlaube in Bergstedt, vermittelt durch Freunde, bot für drei Jahre Unterkunft. Ab August 1944 hatte Bauche als „Jüdisch-Versippter“ Zwangsarbeit beim Aufräumungsamt Hamburg zu leisten.

Das Ende des Krieges war die Befreiung. Ihr folgte sofort neues politisches Engagement, zunächst im Aufbauversuch der Freien Sozialistischen Gewerkschaften und im Komitee ehemaliger politischer Gefangener. In der Auseinandersetzung um die Konsequenzen aus Nazi-Herrschaft und Krieg wechselte Bauche, unterstützt von seiner Frau, zur KPD, die er u. a. im Ortsausschuss Bergstedt vertrat. Er leitete den hamburgischen Ausschuss Bildende Kunst zur Ausschaltung von Nationalsozialisten und war führend beteiligt an der Wiederbegründung des Bundes deutscher Gebrauchsgraphiker. Beruflich wollte er an seine Erfolge vor 1933 anknüpfen, was aber mangels Raum, Arbeitsgerät und Beziehungen kaum gelang. Noch einmal wurde ein Bildkalender „Gesellschaft und Wirtschaft“ für 1949 im Union-Verlag Hamburg herausgegeben. Weitere Publikationsvorhaben scheiterten am Geldmangel durch die Währungsreform. Nachdem er durch Kunst- und Theaterkritiken bekannt geworden war, beschäftigte ihn die Hamburger Volkszeitung zwei Jahre lang als Leiter der Kulturredaktion. Für die Wahlperiode 1949-1953 vertrat er die KPD als Deputierter bei der Hamburger Kulturbehörde. Als 1950 der Demokratische Kulturbund Deutschlands mit Sitz in Düsseldorf gegründet wurde und sich Ernst Rowohlt als Vorsitzender von dessen Bezirk Wasserkante wählen ließ, wurde Bauche hauptamtlicher Landessekretär und Mitglied im Bundesvorstand. Sein besonderes Anliegen galt Kontakten zwischen bildenden Künstlern in der Bundesrepublik und in der DDR. Er warb für die Teilnahme an der 3. Deutschen Kunstausstellung in Dresden 1953, beteiligte sich maßgeblich an der Redaktion der Zeitschrift „Von Atelier zu Atelier“ im Progress-Verlag Düsseldorf und leitete die Sektion Bildende Kunst in dem von Karl Saller, München, geführten Deutschen Kulturtag. Als 1959 der Demokratische Kulturbund in Nordrhein-Westfalen verboten wurde, übernahm Bauche die Funktion des Bundessekretärs. Er starb völlig unerwartet an einem Herzinfarkt.

Text: Ulrich Bauche

abgedruckt auch in der Hamburgischen Biografie. Hrsg. von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke. Bd. 5. Göttingen 2010.