Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Willi-Hill-Weg

Lurup (1981): Willi Hill (7.8.1899 Altona -1979), Förderer des Siedlungswesens, hauptsächlich in Lurup.


Willy (in seinem Entnazifizierungsfragebogen schreibt Hill seinen Vornamen am Ende mit y) Hill wurde am 7. August 1899 in Altona geboren und lebte in Hamburg-Lurup in der Elbgaustraße 194. Er besuchte von 1906 bis 1914 die achtstufige Volksschule in Altona und danach von 1914 bis 1917 die Gewerbefachschule, die er mit dem Abschluss Elektromonteur verließ. Hill war verheiratet mit der ein Jahr jüngeren Grethe, geb. Becker. Das Paar hatte den Sohn Kurt.

Hill, der sowohl Mitglied der SPD als auch Mitglied im Metallarbeiter-Verband war, engagierte sich im Bereich Siedlungsbau.

„Um die Wohnungsnot nach dem ersten Weltkrieg zu lindern, hatte der Reichstag unter anderem die Verordnung über das Erbbaurecht (1919), das Reichssiedlungsgesetz (1919) und das Reichsheimstättengesetz (1920) erlassen.

Mit der Dritten Notverordnung reagierte man 1931 auf die Notlagen nach der Weltwirtschaftskrise und schuf die Grundlage für die ‚vorstädtische Kleinsiedlung‘. Die Anwärter auf diese Kleinsiedlerstellen mussten bestimmte Auflagen erfüllen, vor allen Dingen war das Land zur Selbstversorgung gedacht: Anbau von Obst und Gemüse und Kleintierhaltung waren Pflicht. Hierbei benötigten die betroffenen Siedler Unterstützung beim Hausbau in Gruppenselbsthilfe und fachliche Beratung bei der Bewirtschaftung der Gärten. Typisch für die damalige Zeit entstanden Siedlergemeinschaften als Selbsthilfevereine,“ 1) schreibt der Verband Wohneigentum e.V.,in seiner Verbandsgeschichte.

Anke Schulz schreibt in ihrer sehr lesenswerten Abhandlung „Siedlerstellen und Arbeitersiedlungen“ u. a. über die Siedlergemeinschaften in Altona und erwähnt dabei auch Willi Hill: „1931 kam es aufgrund eines Aufrufes des Gartenbauamtes der Stadt Altona zu einer Versammlung von etwa 400 Menschen, die alle hofften, vergünstigt in Lurup und Osdorf eine Siedlerstelle finden zu können. Arbeitslose Männer, die davon träumten, eine Existenz für sich und ihre Familien zu gründen. Menschen, die von Armut und den zermürbenden Erfahrungen der Arbeitslosigkeit geprägt waren. Eine Siedlerstelle, das bedeutete nichts anderes, als ein Haus aus eigenen Mitteln und mit eigener Kraft aufzubauen und in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter in einer Siedlung zu leben. Das bedeutete einen Weg finden aus Arbeitslosigkeit, Armut, Perspektivlosigkeit. (…).“ 2)

Unterstützt wurde diese Idee von der SPD Altona und dem damaligen Altonaer Bürgermeister Max Brauer (siehe: Max-Brauer-Allee). Und so wurden dann auch Kredite und Ländereien zur Verfügung gestellt. Nutznießer sollten verheiratete zwischen 25 und 55 Jahre alte zur Gartenarbeit geeignete Siedler mit mindestens einem Kind sein, die seit mindestens drei Jahren in Altona lebten.

Die Siedlervereinigung, die sich 1931 gründete, gab sich den Namen „Gemeinnützige Siedlervereinigung Altona e.V.“ Die meisten Siedler waren Mitglieder der SPD oder standen ihr nahe.

„Zunächst wurden 176 Siedlerstellen angestrebt, davon 102 in Lurup, der Rest in Osdorf. Die Stadt Altona half insofern, als dass der Bauingenieur Willi Bruns den Männern hilfreich zur Seite stand. Unter den 102 Siedlern waren lediglich 32 Handwerker. Und die Männer bauten selbst, in gegenseitiger Unterstützung, ohne andere technische Hilfsmittel als zwei Zugpferde und gemietete Schienen und eine altersschwache Lore. (…).

So bauten sie, die Herren Böttcher, Willy Hill, der Fiete Pein im Vorsitz ablöste, die Herren Rosenberger, Jäger, Pedersen und Turban. An einige von ihnen erinnern heute Luruper Straßennamen, der Böttcherkamp, der Willy - Hill - Weg. Ende 1932 waren die Häuser fertiggestellt,“ 3) berichtet Anke Schulz.

Wie solche Häuser aussahen und innen aufgeteilt waren, beschreibt Dietrich Helling: „Das erster ‚Musterhaus‘ konnte bereits im späten Frühjahr 1932 im Luruper Teil der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es handelte sich um ein eingeschossiges Doppelhaus mit Schrägdach, traufständig zur Straße, mittig geteilt in zwei voneinander unabhängige, gleichartige Wohnhälften. Zwei Familien sollten sich also jeweils ein solches Doppelhaus teilen. Jede Haushälfte umfasste zwei kleine Zimmer und eine geräumige Wohnung im Erdgeschoss und entsprach mit diesem Raumangebot kleinsten städtischen Mietwohnungen (Wohnfläche. 52 qm). Hinzu kam das vorläufig nicht ausgebaute Dachgeschoss, das über eine Treppe zugänglich war, aber nur Räume mit schrägen Wänden aufwies. Ein gartenseitiger Anbau nahm den ‚Hauseingang, ein Klosett, eine Futterküche und einen Kleintierstall auf. Zur Einlagerung selbsterzeugter Lebensmittel aus dem Garten war das Haus voll unterkellert. Zusätzlich war unter dem Stallanbau eine Grube zur Sammlung von Fäkalien angeordnet, die die fehlende Abwasserkanalisation vorläufig ersetzte. Die gesammelten Fäkalien sollten als Dünger im Garten Verwendung finden. Dagegen waren Strom- und Wasseranschluss von Anfang an vorhanden. Mit dem großen Garten bot die ‚Siedlerstelle‘ nicht nur Wohnung für eine Familie, sondern zugleich die Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Produktion. Gemüse- und Obstanbau, Kleintierhaltung und Lebensmittelbevorratung ermöglichten den Bewohnern eine weitgehend selbstversorgende (autarke) kleinbäuerliche Lebensführung, die den aktuellen Krisenbedingungen Rechnung trug.“4)

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten änderte sich auch der Siedlungsbau und seine inhaltliche Ausrichtung. Dazu schreibt Dietrich Hilling: „Seit 1928 hatte auch die NSDAP die Förderung des Siedlungsbaus in ihr Programm geschrieben. Sie hoffte auf diese Weise, den bisher vorwiegend von der SPD vorangetriebenen Maßnahmen Entsprechendes entgegenzusetzen. Die Reichstagswahl 1933 aber zeigte, dass die NSDAP keinen Erfolg bei der Wählerschaft in Lurup und Osdorf hatte. Denn gegen den allgemeinen Trend konnten SPD und KPD Stimmengewinne verbuchen. Mitte März 1933 löste im Zuge der Gleichschaltung der Nationalsozialist Heinrich Schmidt den bisher verantwortlichen Bausenator Oelsner ab, und es galten neue Regelungen: ‚Der Kreis der Berechtigten wurde erweitert; langfristige Erwerbslose, Kriegsbeschädigte, Kriegsteilnehmer und Kinderreiche sollten nun bevorzugt berücksichtigt werden. Der Siedlungsbau wurde als Konsequenz hieraus reorganisiert: an die Stelle des Selbsthilfeprojektes für Bauarbeiter und -handwerker trat wieder die Ausführung durch Bauunternehmen; die Siedler blieben aber auch weiterhin im Rahmen eines ‚freiwilligen Arbeitsdienstes‘ zur Mitarbeit verpflichtet. Als Bautyp setzte sich anstelle des Doppelhauses bald das freistehende Siedlerhaus durch, das seinen Giebel der Straße zuwandte. Diese Hausform, die die Abkehr vom Reihenhaus und vom ‚kollektiven‘ Wohnungsbau unterstrich, wurde vom ‚Kampfbund deutscher Architekten und Ingenieure‘ (KDAI), einer der NSDAP nahestehenden Standesvertretung, propagiert. Wichtigstes Anliegen der neuen Machthaber war jedoch die Vergrößerung der Parzellen auf mindestens 1.000 qm.“5)

Wie verhielt sich Willy Hill während der NS-Zeit? Über seine Aktivitäten gibt sein Entnazifizierungsfragebogen Auskunft.
Willy Hill, der von 1931 bis 1936 erwerbslos gewesen war, hatte 1936 eine Anstellung als Monteur im Außendienst bei der Firma Conz in Altona/Bahrenfeld erhalten. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Hill wegen Unabkömmlichstellung (u.k.) vom Wehrdienst zurückgestellt.

1937 trat Willy Hill der NSDAP bei und war dort bis 1945 Mitglied. 1935 wurde er Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und von 1937 bis 1944 war er Mitglied der NSV. Ein Amt übernahm er nicht. 6)

Die DAF (Deutsche Arbeitsfront) wurde am 10.5.1933 gegründet, war der NSDAP angeschlossen und „mit ca. 23 Mio. Mitgliedern (1938) die größte NS-Massenorganisation. Als Einheitsgebilde ‚aller schaffenden Deutschen‘ konzipiert, schuf ihr Reichsleiter Robert Ley ein vielgliedriges, bürokratisch aufgeblähtes Organisationsimperium, mit dem er in nahezu alle Felder der nat.soz. Wirtschafts- und Sozialpolitik einzudringen trachtete. Entscheidender Einfluß auf materielle Belange in diesem Bereich blieb der DAF jedoch verwehrt, vielmehr musste sie sich im wesentlichen auf die allgemeine Betreuung und weltanschauliche Schulung ihrer Mitglieder beschränken. Die sich aus den Mitgliederzahlen ergebende enorme Finanzkraft der DAF (Beitragsaufkommen 1939: 539 Mio. RM) diente (…) v.a. der Finanzierung ihrer Wirtschaftsunternehmen. Hierzu gehörten u.a. Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaften, Banken, Verlags- und Druckereiunternehmen, Werften, (…) Volkswagen (…) Der zweite Pfeiler der Aktivitäten der DAF waren die unterhalb des Zentralbüros geschaffenen Ämter; hierzu zählte u.a. das Amt für Berufserziehung und Betriebsführung (…), das Amt Soziale Selbstverantwortung (…), sowie die NS-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude‘.“ 7)

Die NSV war „mit 17 Mio. Mitgliedern (1943) nach der Deutschen Arbeitsfront die größte und in der Öffentlichkeit bekannteste NS-Massenorganisation. (…) Ihren Anspruch auf Monopolisierung der gesamten freien und öffentlichen Wohlfahrt konnte die NSV zwar nicht realisieren, doch gelang es ihr, die in der freien Wohlfahrt tätigen Verbände zurückzudrängen bzw. gleichzuschalten, deren finanzielle Mittel zu beschneiden und auch die von den Kommunen getragene öffentliche Fürsorge einzuschränken. Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Zuwendungen) war es möglich, in alle Bereiche der Wohlfahrt zu expandieren und dort spezifische Akzente zu setzen. Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der NSV populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch gegenüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabel. Tatsächlich war die Arbeit der NSV von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt, indem v. a. ‚rassisch wertvolle‘. Nur zeitweilig in eine Notlage geratene Bedürftige gefördert werden sollten, während ‚Minderwertige‘, ‚Asoziale‘, Alte und Kranke der (Minimal-) Unterstützung der öffentlichen Fürsorge überlassen wurden.“ 8)

Darüber hinaus war Willy Hill von 1935 bis nach der Befreiung vom Nationalsozialismus ehrenamtlich aktiv als Gemeinschaftsleiter im Deutschen Siedlerbund und betreute die Siedler.

In der „Enzyklopädie des Nationalsozialismus“ heißt es unter „Deutscher Siedlerbund“: „1927 als Gesamtverband für Kleinsiedlung und Familienheim e. V. gegründet, sollte der D. der Spitzenverband zur Förderung und Erhaltung von Kleinsiedlungen und Familienheimen sein. Die Nat.soz. hielten sich diese Gründung zugute und datierten sie später auf das Jahr 1934. Der D. war im Dritten Reich die einzige staatlich und parteiamtlich anerkannte Organisation der Klein- und Eigenheimsiedler. Lt. Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 19.11.1936 war er im Auftrag des Reichsheimstättenamtes der NSDAP und der DAF für die wirtschaftliche Beratung und Schulung (im nat. soz. Sinne) aller dt. Heimstätten- und Eigenheimsiedler verantwortlich. Organisatorisch gliederte sich der D. in 32 Gaugruppen und weiter in Kreisgruppen und Siedlergemeinschaften. 1936 zählte der D. 130.000 Mitglieder.“ 9)

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war Willy Hill als Sprecher beim NWDR (später NDR Rundfunk) tätig. Zuerst bescheinigte ihm das „Advisory Committee“ im Dezember 1946 wegen seiner Mitgliedschaften in der NSDAP, DAF und NSV: „Keine Bedenken aber für Rundfunk abgelehnt.“ Der Fachausschuss Nr. 7 für die Ausschaltung von Nationalsozialisten kam jedoch zu einem anderen Urteil und teilte Willy Hill in einem Schreiben vom 18. Februar 1947 mit: „Der Fachausschuss hat unter dem 10.1.47 mit Zustimmung der Militärregierung festgestellt, dass Sie kein Aktivist der NSDAP gewesen sind. Die Anweisung 24 des Kontrollrates findet daher auf Sie keine Anwendung, sodass Sie beim Nordwestdeutschen Rundfunk beschäftigt werden dürfen.“ 10)