Max-Brauer-Allee
Altona-Altstadt/Altona-Nord (1975): Max Brauer (3.9.1887 Altona-2.2.1973 Hamburg), Erster Bürgermeister von Hamburg.
Siehe auch: Paula-Karpinski-Platz, Ida-Ehre-Platz.
Siehe auch: Carlebachstraße
Siehe auch: Oelsnerring
Siehe auch: Max-Brauer-Kai
1960 wurde Max Brauer die Ehrenbürgerwürde der Freien und Hansestadt Hamburg verliehen und zwar für seine Verdienste um das Gemeinwohl.
Max Brauer war der Sohn von Margarethe, geborene Kanitz, und Wilhelm Brauer, einem Glasbläser. Die Familie hatte dreizehn Kinder und lebte in ärmlichen Verhältnissen. „Dass die Kinder soweit wie möglich zum Lebensunterhalt der Familie beitrugen, gehörte damals zur Normalität,“ schreibt Hans-Peter Strenge 1)
Max Brauer musste nach dem Willen seines Vaters Glasbläser werden.
Die Mutter war es, die ihrem Sohn die Ideen der Arbeiterbewegung nahebrachte. Sie war: „kämpferischer eingestellt als ihr Mann Wilhelm, der das patriarchalische Abhängigkeitsverhältnis zum Fabrikanten hinnahm. Sie sympathisierte mit der Sozialdemokratie, auch wenn sie der Partei nie beitrat.“, 2)
1904, im Alter von 16 Jahren, trat Max Brauer in die Gewerkschaft ein, 1905 gründete er die erste SPD-Ortsgruppe in Damgarten, wohin die Familie gezogen war. „Es war nicht nur die Atmosphäre von Armut und Klassenkampf, die den heranwachsenden Max Brauer prägte, sondern ebenso die der Arbeiterbewegung eigene Sehnsucht nach Bildungsgütern. Seine jüngste Schwester Rosa berichtete, dass ihr Bruder die Maxime seiner sozialdemokratischen Mutter nicht nur ernst nahm, sondern verinnerlicht habe: ‚Acht Stunden Arbeit – acht Stunden Schlag – acht Stunden Bildung‘“. 3)
Da Max Brauer zum Streikführer geworden war, fand Brauer in den Glasfabriken keine Arbeit mehr. So arbeitete er als Bau- und Fabrikarbeiter und ab 1909, nun zurück in Ottensen, im Konsum-, Bau- und Sparverein und wurde dort Betriebsleiter. Nach einer Verwundung im Ersten Weltkrieg, die er als Soldat erlitten hatte, schied er aus dem Militärdienst aus und heiratete 1916 die drei Jahre ältere Erna Pehmöller (25.1.1894 Altona – 8.11.1978 Hamburg), Tochter eines hauptamtlichen Funktionärs der Tabakarbeiter. Das Paar bekam drei Kinder; eines von ihnen starb bereits im Kleinkindalter.
1918 wurde Brauer (SPD) Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Altona. Dazu schreibt Holmer Stahncke: „1916 betrat der 28-jährige Max Brauer erstmals die kommunalpolitische Bühne. Als einer von 18 Sozialdemokraten war er in die 42 Mitglieder umfassende Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Bis dahin war er nur in der Partei aktiv gewesen und 1911 in den Vorstand der SPD Altona-Ottensen gewählt worden.“4)
1919 wurde Brauer Senator; er und drei weitere SPD-Funktionäre waren im November 1918 vom Altonaer Arbeiterrat als „Kommissarische Senatoren“ in den Altonaer Magistrat gewählt“ 5) worden. „bei den Kommunalwahlen am 2. März 1919, bei denen erstmals auch Frauen aktives und passives Wahlrecht hatten, errang die Altonaer SPD mit 54 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. (…) Max Brauer übernahm das Amt des Bürgermeisters.“ 6)
Obwohl sicherlich auch mit Stimmen von Frauen gewählt, dankte Bürgermeister Max Brauer den Frauen dies wenig, denn auch in seinen Augen und in denen der Mehrheit der männlichen Politiker hatten Frauen in der Politik eine untergeordnete Rolle zu spielen. Frank Omland bringt dies in seinen Aufsatz „Sozialismus in der Kommune – zur Politik Max Brauers in Altona“ - sehr schön auf den Punkt und so schreibt er: „Das Selbstbild Brauers spiegelt sich auch im Umgang mit den (sozialdemokratischen) Frauen wider. Parteiübergreifend war es für die Männer in seinem Umfeld offensichtlich schlichtweg eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen weder im Magistrat etwas zu suchen hatten, noch in wichtigen Entscheidungsgremien eine Rolle spielen sollten. So waren in der gesamten Weimarer Republik im Magistrat ausschließlich Männer vertreten. Auch in der Stadtverordnetenversammlung erreichten lediglich fünf bis acht Frauen pro Wahlperiode eines der 55 bis 66 Mandate. (…) Zudem fand sich keine einzige Frau in den wichtigsten Kommissionen, etwa der für Finanzen, dem Haushalt oder zur Frage der Eingemeindungen. (…)
Max Brauer hatte sich selbst ein Netzwerk aufgebaut, das auch wichtige männliche Bündnispartner aus den bürgerlichen Parteien und der Wirtschaft umfasste. Für die Männer um ihn als Oberbürgermeister blieb Politik Männersache. Frauen galten – auch in der SPD – in der Kommunalpolitik nicht als gleichberechtigtes Gegenüber.“ 7)
Und weiter äußert Frank Omland: „Grundsätzlich litt die SPD in Altona unter Max Brauer an einem Politikstil nach Gutsherrenart. Paternalistisch ging die männerdominierte Partei davon aus zu wissen, was für die Bevölkerung am besten war.“ 8) Damit meinten diese Herren natürlich auch zu wissen, was für Frauen wichtig und was unwichtig sei. Sie waren davon überzeugt – wie vielfach auch heute noch so mancher männliche Zeitgenosse – die Welt erklären zu können und zu müssen. Aber nicht nur dies. Diese Politiker waren auch, weil sie sich nur in ihrer sozialdemokratischen Blase bewegten: „betriebsblind (…) für die Interessen derjenigen, die nicht einer ‚Sozialdemokratisierung der Gesellschaft anhingen. Das war, neben einem größeren Teil der bürgerlichen Mittelschicht zunehmend auch die Bewohnerschaft in den Armutsgebieten der Altonaer Altstadt. Hier assoziierte man die SPD immer weniger mit den positiven Aspekten der sozialdemokratischen Reformen; Reformen, die sich an soziale Aufsteiger aus der Arbeiterschaft richteten und nicht bei dem eigentlichen, immer mittelloseren Proletariat ankamen (…).“ 9)
Max Brauer hatte 1920 das Amt des Stadtkämmerers übernommen und 1922 die Siedlungs-Aktiengesellschaft Altona (SAGA) gegründet. Ab 1924 fungierte er als Oberbürgermeister von Altona. In seiner Amtszeit wurden Schulen, Parks, Wohnungen etc. gebaut. Frank Omland resümiert die Kommunalpolitik Max Brauers in dieser Zeit: Die „sozialdemokratische Idee von ‚Wohlfahrt für alle‘ [führte] zu einem Bauboom von genossenschaftlichen und städtischen Wohnungen, die zumindest für einen Teil der Facharbeiterschaft und die neue Mittelschicht aus Angestellten und Beamten die Lebensqualität erhöhte. Dasselbe galt allgemein durch den Ausbau der Parkanlagen und von öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder der Wohlfahrtspflege. Zudem war die Kommunalisierung wichtiger Betriebe für die Stadt und die Mehrheit der Bevölkerung ein Gewinn. Doch basierte Brauers Politik auf der vermehrten Anhäufung von städtischen Schulden, die er in Erwartung von wirtschaftlichen Aufschwüngen zurückzuzahlen gedachte. Angesichts der Wirtschaftskrise ab 1928/29 und der faktischen Entmachtung der kommunalen Selbstverwaltung durch die Reichsregierung war dies jedoch unmöglich geworden. Zudem erreichten Brauer und seine sozialliberale Magistratsmehrheit weder die konservativeren Bürgerlichen, noch die zunehmend prekär und ärmer werdende Bevölkerung (…). Die Konservativen lehnten jeden Eingriff der Kommune in das Wirtschaftsleben ab (…) und sprachen sich in der Krise für Kürzungen im städtischen Haushalt und gegen jene Steuererhöhungen aus, die vermehrt den alten Mittelstand aus Gewerbetreibenden und Handwerkern betrafen. Umgekehrt ging der Slogan vom ‚Sozialismus in der Kommune‘ in den Augen der Proletarier nicht auf.“ 10)
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten versuchten diese Max Brauer mit Korruptionsvorwürfen zu kriminalisieren. Darüber schreibt Holmer Stahncke ausführlich in seinem Buch „Altona. Geschichte einer Stadt“ und berichtet: „Die Nazis unterstellten Brauer, er habe dem Schillertheater in Altona städtische Subventionen gewährt, weil er von dessen ehemaligem Intendanten, mit dem er befreundet war, Geschenke angenommen hatte. In der Tat hatte Intendant Max Ellen Brauers Frau einige Schmuckstücke seiner verstorbenen Frau zur Erinnerung an diese geschenkt – beide Frauen waren eng miteinander befreundet gewesen. Auch der Senator für Kultur und Erziehung, August Kirch, [siehe: August-Kirch-Straße] musste zugeben, neben Perserteppichen und Schmuck auch Geld angenommen zu haben, das er Ellen allerdings bereits 1931 zurückgezahlt hatte.
Daraufhin bat die Staatsanwaltschaft Brauer und Kirch zur Anhörung. Brauer betonte, dass er selbst nie Geschenke angenommen habe und Ellen seiner Frau den Schmuck förmlich aufgedrängt habe. Dieser sei nach dem finanziellen Zusammenbruch des Theaters von Ellen zurückgefordert und zurückgegeben worden. Vor dem Landgericht Altona erwirkte Brauer eine einstweilige Verfügung, die dem nationalsozialistischen ‚Hamburger Tageblatt‘ verbot, ihm weiterhin Bestechlichkeit zu unterstellen. (…)
Mit der einstweiligen Verfügung gegen die Zeitung war der Fall aber nicht abgeschlossen, zumal sich herausstellte, dass das Ehepaar Brauer Geschenke von Ellen in einer Höhe angenommen hatte, die durchaus unüblich war. (…) Der deutschnationale Regierungspräsident von Schleswig-Holstein leitete ein Dienststrafverfahren gegen August Kirch ein und enthob ihm am 1. März 1933 seines Amtes. Gegen Max Brauer wollte er nicht vorgehen, da die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wohl nicht haltbar seien (…).“11)
Max Brauer wollte die Angelegenheit aber geklärt wissen und beantragte deshalb ein Dienststrafverfahren gegen sich selbst und ließ sich für die Zeit des laufenden Verfahrens beurlauben. Brauer war sich allerdings bewusst, dass er keine Chancen auf ein objektives Verfahren haben würde und so entschloss er sich vor den Nationalsozialisten zu fliehen.
Als am Tag der Reichstagswahlen (5. März 1933) Polizisten die Wohnung der Brauers in Abwesenheit von Max Brauer durchsuchten, zog unmittelbar danach seine Frau mit den Kindern nach Oberhof in Thüringen und Max Brauer zunächst nach Bayern, dann von dort aus zu seiner Frau nach Oberhof. Brauer kam noch einmal nach Hamburg, fuhr dann aber wegen der nationalsozialistischen Gefahr nach Österreich. Aber auch dort war er nicht sicher, denn er wurde nun steckbrieflich gesucht. Über die Schweiz gelangte er ins Elsaß, während seine Frau mit den Kindern kurz zuvor nach Basel gegangen war. Im Elsaß sah sich die Familie wieder und brach dann gemeinsam nach Paris auf. Dort bekam er kurze Zeit später den Auftrag des Völkerbundes, in China Vorschläge für den Aufbau der Verwaltung und Hilfsmaßnahmen im schulischen und sozialfürsorgerischen Bereich zu entwickeln. Er fuhr ohne seine Familie nach China, während diese in die Schweiz ging, damit die Kinder ihre Schulausbildung fortsetzen konnten. Als seiner Frau die Ausweisung drohte, weil ihr Pass abgelaufen war, musste sie mit ihrer Tochter zurück nach Paris. Nur der Sohn durfte in Genf weiterhin die internationale Schule besuchen.
Brauer verließ China im September 1934, nachdem er erfahren hatte, dass sein Vertrag nicht verlängert werden würde. Nun führte ihn sein Weg in die USA und dann zurück nach Paris. Dort erhielt er die Nachricht von seiner Ausbürgerung aus Deutschland.
Finanziell ging es der Familie nun sehr schlecht. Brauer emigrierte 1937 mit seinem Sohn in die USA. Seine Frau und Tochter folgten 1938.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Max Brauer mit seiner Frau nach Hamburg zurück. Im Oktober 1946 wurde Brauer zum Ersten Bürgermeister Hamburgs gewählt. Hauptschwerpunkt seiner Arbeit war der Wiederaufbau Hamburgs.
Zur Entnazifizierung hatte er folgende Einstellung: Diese sollte „‚zwar ‚hart, aber gerecht‘ ausfallen, jedoch sei die ‚mechanische Anwendung von Entnazifizierungsmethoden‘ nicht günstig: dies schaffe ‚unnötige neue Ungerechtigkeit und Bitternis‘. Nur mit den ‚Treuen, die dem grauenvollen Druck Hitlers mutig standhielten‘, könne der Wiederaufbau nicht gelingen, auch die Vergewaltigten, Mißbrauchten und Überredeten, die ehrlich bereit sind, umzulernen und einen neuen Anfang zu machen‘, müßten einbezogen werden. Daß Brauer sogar die Sekretärin des vormaligen Gauleiters und Reichsstatthalters Karl Kaufmann in seine Dienste übernahm, mochte diese Bereitschaft symbolisieren,“ 12) schreibt Axel Schildt.
Brauer wollte, dass die Entnazifizierung so schnell wie möglich beendet wurde. So sagte er am 18. August 1947 in seiner Haushaltsrede: „‚Im ganzen sollte alles getan werden, daß der Prozeß der politischen Säuberung unseres Volkes jetzt so bald wie möglich zum Abschluß kommt‘. (…) Im Hintergrund dieses Wunsches nach einem Schlußstrich, der von der breiten Mehrheit der deutschen Öffentlichkeit, nicht zuletzt von den Kirchen, geteilt wurde, stand wiederum Brauers rundum positive Sicht auf die deutsche Bevölkerung. Gegen Vorwürfe ausländischer Presseorgane gewandt, betonte er, ‚daß in der Hamburger Verwaltung nur Beamte aktiv tätig sind, die sich von nationalsozialistischer Belastung gereinigt haben. Es ist doch ein Unterschied, ob jemand freiwillig der NSDAP beitrat oder ob ganze Gruppen unter Terrorandrohung hineingezwungen wurden.‘
Zu dieser Sicht der Dinge paßte es, daß sich Brauer in seiner Rede von einem Manuskript des Hamburger Archivars Kurt Detlev Möller beeindruckt zeigte, in dem die Verdienste der lokalen NS-Führung, an der Spitze der Gauleiter Kaufmann, um die kampflose Übergabe Hamburgs an die Briten hervorgehoben worden waren. Als Brauer das Buch, das im Auftrag der Bürgerschaft geschrieben worden war, den Abgeordneten Ende 1947 vorlegte, sorgte es für einen Eklat. Gerade im ‚Dritten Reich‘ verfolgte Mandatsträger verbaten sich die peinliche Gloriole um die Hamburger NS-Führung, die Brauer offenbar nicht problematisch gefunden hatte, schreibt der Historiker Axel Schildt.“ 13)
Axel Schildt führt über Max Brauers weitere Politik in den 1950er Jahren aus: In den frühen 1950er-Jahren lässt sich Brauers „im Vergleich zu den meisten Vertretern der politischen Klasse weiterer Blick (…) nur im Zusammenhang mit der bundesdeutschen Kultur der frühen 50er-Jahre erfassen, der dunklen Zeit sozialer und politischer Integration belasteter Funktionseliten und des Schweigens über die deutschen Verbrechen. Sein Drängen auf eine rasche Ratifizierung des Wiedergutmachungsvertrags mit Israel und seine klare Stellungnahme gegen Forderungen aus Bonner Regierungskreisen nach einer ‚Generalamnestie‘ für NS-Täter waren in diesem Zusammenhang nicht selbstverständlich und sehr wichtig. In seiner Haushaltsrede bemerkte er mit einiger Bitterkeit: ‚Ich fürchte, wir sind bald soweit, daß wir Pensionen für Leute bezahlen müssen, die als reine Parteibeauftragte der NSDAP durch Parteibefehl in ihre Position gebracht worden sind.'“ 14)
Brauer war ein Machtmensch und lebte ganz für die Politik. Ein Privatleben war wohl kaum möglich. Familienangehörige empfanden eine Distanz zwischen ihm und ihnen. „(…) so erinnert sich seine jüngste Schwester. [Diese Distanz] sei nach der Rückkehr aus dem Exil eher noch größer gewesen als vor 1933. Auch Brauers Frau Erna habe ‚nicht begriffen, was wir erlitten haben‘, etwa hinsichtlich der sippenhaftartigen Schikanen der Nationalsozialisten – alle Geschwister und manche Neffen seien im ‚Dritten Reich‘ arbeitslos geworden. Max sei ‚so’n bißchen wirklichkeitsfremd‘ gewesen und habe gar nicht gemerkt, daß bei Besuchen für ihn ein Zimmer extra beheizt wurde.“ 15)
Trotz seiner Erfolge empfanden ihn viele aus den Reihen der SPD als zu stur, zu dominant und zu autoritär. „Er peitschte die Entscheidungen durch, er hatte nicht mehr die Muße, alle Experten anzuhören. Es kam zu Spannungen, unter denen alle litten, auch Brauer, der so oft davon gesprochen hatte, daß die große Kunst des Regierens darin bestehe, Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu delegieren und zu verteilen.“ 16)
Bei den Bürgerschaftswahlen 1953 verlor die SPD. Es regierte daraufhin der Hamburg-Block (Bündnis aus CDU, FDP und anderen Parteien). Brauer weigerte sich zurückzutreten, beugte sich erst nach einem konstruktiven Misstrauensvotum. Die Bürgerschaftswahlen 1957 gewann die SPD dann wieder, und Brauer wurde erneut Erster Bürgermeister. Es wurde jedoch vereinbart, dass er sein Amt nur in der ersten Hälfte der Regierungszeit ausüben und dann an Paul Nevermann [siehe: Paul-Nevermann-Platz] abgeben solle. Doch Brauer gab erst Ende 1960 sein Amt ab.
Brauer „galt als wenig homosexuellenfreundlich. 1948 verließ er demonstrativ die Uraufführung von Hans Henny Jahnns [siehe: Hans-Henny-Jahnn-Weg] Theaterstück ‚Armut, Reichtum, Mensch und Tier‘. Nachdem er 1957 zum zweiten Mal Erster Bürgermeister wurde, verschlechterten sich durch vermehrt stattfindende Razzien an den Treffpunkten die Lebensbedingungen der Homosexuellen. Bereits der Verdacht, dass ein Beamter im Rathaus homosexuell sei, genügte, um diesen zu versetzen. In krassem Gegensatz dazu pflegte er privat Kontakt zu homosexuellen Künstlern. So zeigte er sich mit seiner Gattin neben Jean Cocteau und seinem Begleiter in einer Theaterloge. Als Gründgens von Brauer einen Orden erhielt, wies der Schauspieler in seiner Dankesrede auf diese Ungereimtheiten hin, indem er kundtat, dass er sich wundere, ausgezeichnet zu werden, obwohl doch jeder über ihn Bescheid wisse“, 17) schreiben Bernhard Rosenkranz und Gottfried Lorenz in ihrem Buch „Hamburg auf anderen Wegen. Die Geschichte des schwulen Lebens der Hansestadt“.
Nach seinem Rücktritt 1960 als Bürgermeister blieb Brauer weiterhin politisch aktiv; besonders engagierte er sich in der Bewegung „Kampf dem Atomtod“. Ab 1961 war Brauer Abgeordneter des Bundestages. Als er 1965 keinen Listenplatz mehr erhielt, zog er sich – inzwischen 78 Jahre alt – enttäuscht aus der Politik zurück. In den nun „stillen Jahren intensivierte sich auch wieder der Kontakt zu seinen Geschwistern, der zuvor weitgehend abgebrochen war. Seinen 85. Geburtstag am 3. September 1972 verbrachte Max Brauer, von den Folgen eines Schlaganfalls schwer gezeichnet, aber aufrecht, im Rollstuhl sitzend.“ 18)