Böckelweg
Ohlsdorf (1952): Dr. Johannes Böckel (1.11.1535 Antwerpen-21.3.1605 Hamburg), Stadtphysikus
Siehe auch: Abelke-Bleken-Ring
Siehe auch: Hexenberg
Siehe auch: Hexenstieg
Siehe auch: Hexentwiete
Siehe auch: Mette-Harden-Straße
Johannes Böckel – oder Bökel - war ein Kritiker der Hexenverfolgung. Claudia Kauertz schreibt über Böckel: Er verfasste „zwei lateinische Stellungnahmen zu Aspekten des Hexen- und Zauberwesens bzw. zur zeitgenössischen Hexenverfolgungspraxis (..), die im Druck veröffentlicht wurden: den 1599 in Hamburg erschienenen Tractatus de philtris, eine Schrift über den Liebeszauber, und die 1589 gedruckte Oratio funebris, eine Leichenrede auf Herzog Julius, die kritische Äußerungen zu den Hexenverfolgungen enthält. Außerdem haben sich einige handschriftliche Aufzeichnungen erhalten, die belegen, daß Bökel sich darüber hinaus noch ausführlicher zu verschiedenen magischen Handlungen wie auch zum Hexenwesen zu äußern gedachte. Doch konnte er solche Äußerungen im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel ebensowenig veröffentlichen wie den bereits 1587 fertiggestellten Tractatus de philtris. Hauptsächlich für die Zensur der Bökelschen Schriften verantwortlich war die orthodox-lutherische Helmstedter Theologenfakultät. Sie kritisierte Bökels vorwiegend physiologische Betrachtung magischer Phänomene, die den Akzent auf deren natürliche Wirkungslosigkeit legte, weil ein solcher Ansatz den nach theologischer Auffassung maßgeblichen Beitrag des Teufels vernachlässigte.
Darüber hinaus erregte Bökels Kritik an den Hexenverfolgungen das Mißfallen des jungen Herzogs Heinrich Julius, der in der Hexenfrage eine Haltung einnahm, die der seines Leibarztes genau entgegengesetzt war. Gerade zu Beginn seiner Regierungszeit trat Heinrich Julius als eifriger Hexenverfolger in Erscheinung, der keineswegs bereit war, eine Infragestellung seiner Ansichten hinzunehmen.
Von Bedeutung ist der Zensurfall Bökel deswegen, weil er sich in einem protestantischen Territorium ereignete. Damit kann die in der Forschung verbreitete These von der konfessionellen Spaltung der Hexendebatte differenziert werden, die davon ausgeht, daß protestantische Obrigkeiten toleranter im Umgang mit verfolgungskritischen Positionen gewesen seien. Aufgrund der Kontrolle durch die Zensur, die in protestantischen wie in katholischen Territorien gewährleistet war, konnte es auch für einen Protestanten schwierig sein, radikal verfolgungskritische Stellungnahmen zu veröffentlichen, wenn diese auf den Widerstand der theologischen Orthodoxie stießen bzw. den Ansichten des jeweiligen Landesherrn widersprachen. (…)
In der Oratio funebris hat Bökel sich mit dem Hexenwesen und der zeitgenössischen Strafpraxis kritisch auseinandergesetzt. Dabei betont er die Harmlosigkeit der Hexen und macht deutlich, daß er von der Verfolgungskritik des Johann Weyer beeinflußt ist. Ähnlich wie dieser nennt Bökel die Hexen melancholische, vom Satan über ihre magische Potenz getäuschte und verblendete Menschen, die die unter der Folter gestandenen Taten nicht begangen haben könnten, da ihre Zauberrituale keineswegs in der Lage seien, Schaden zu bewirken. Bökel begründet diese Einschätzung auch hier wieder unter Bezug auf die Gesetze der Physik, denen zufolge die von den Hexen verwendeten Zaubermittel keineswegs in der Lage seien, die intendierten Schädigungen hervorzubringen. Indem Bökel die Harmlosigkeit der Hexen in den Vordergrund stellt, kann er unter Rückgriff auf die juristische Tradition, die das Ausmaß des erfolgten Schadens zum wesentlichen Kriterium für die Strafmaßbestimmung erhob, ihre Hinrichtung für rechtswidrig erklären. Dabei artikuliert er Grundpositionen der protestantischen Superstitionskritik, wenn er behauptet, daß der Teufel nicht nur die Hexen über ihre angebliche Wirkungsmacht täusche, sondern auch die verfolgungseifrigen Obrigkeiten verblende. Viele Obrigkeiten seien vom Glauben an die Macht des Schadenzaubers derart eingenommen, daß sie die harmlosen Hexen mit Drohungen zu falschen Geständnissen zwängen, auf deren Grundlage diese dann zu Unrecht grausam bestraft würden.“ 1)