Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Bömelburgstieg

Horn (1945): Theodor Bömelburg (27.9.1862 Westönnen bei Werl – 17.10.1912 Hamburg), Bürgerschaftsabgeordneter, Mitglied des Reichstags, Vorsitzender der Maurer- und Bauarbeitergewerkschaft, führender Gewerkschafter des Kaiserreichs


Siehe auch: Bömelburgweg

Die Verkehrsfläche wurde bereits 1929 nach Theodor Bömelburg benannt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde sie 1934 umbenannt in Kobertstieg. „Henry Kobert, SS-Mann, ums Leben gekommen am 29.2.1932 bei politischen Auseinandersetzungen in Hamburg. Umbenennung anlässlich der Feierlichkeiten zum ersten Jahrestag der NS-Herrschaft am 5.3.1934“- Die Rückbenennung in Bömelburgstieg erfolgte gleich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus. (Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Wie sein Vater wurde auch Theodor Bömelburg Maurer. Er blieb ledig und verschrieb sich ganz der Gewerkschaftsarbeit sowie der Politik für die SPD, der er im Alter von 25 Jahren beigetreten war. Durch seine Tätigkeit als Maurer wurde er 1886 in Bochum Mitbegründer des dortigen Maurer-Fachvereins, drei Jahre später wurde er Funktionär beim Maurer-Fachverein in Hamburg und weitere zwei Jahre später Mitbegründer des reichsweiten Maurerzentralverbandes. Sechszehn Jahre lang agierte er dann bis 1910 als Erster Vorsitzender des deutschen Maurerverbandes und danach bis zu seinem Tod als Vorsitzender des neu gegründeten Bauarbeiterverbandes. 1)

Theodor Bömelburg war auch mehrmals einer der Vorsitzenden des Gewerkschaftskongresses der freien Gewerkschaften. Er sprach sich für ein enges Bündnis zwischen SPD und Gewerkschaften aus. „Während der Massenstreikdebatten [war er] einer der entschiedensten Gegner von Rosa Luxemburg. Auf dem Gewerkschaftskongress von 1905 wandte er sich strikt gegen einen politischen Generalstreik. Er forderte die Versammlung auf, die Debatte in den Gewerkschaften zu beenden: ‚Ungeheuere Opfer hat es gekostet, um den augenblicklichen Stand der Organisation zu erreichen, um aber unsere Organisation auszubauen, brauchen wir in der Arbeiterbewegung Ruhe.‘ Der Kongress folgte diesem Aufruf mit deutlicher Mehrheit.“ 2)

Auch auf dem SPD-Parteitag in Jena im September 1905 wurde eine Debatte zum Pro und Contra von Generalstreiks geführt. Dabei ging Bömelburg Rosa Luxemburg scharf an: „Genossin Luxemburg, sehen Sie, ich bin Maurer von Beruf, ich habe keine hohe Schule besucht, kenne mich auch nicht so mit dem feinen Schliff aus, und wir wissen ja, dass wir mit unserem Wissen nicht im entferntesten an die Genossin Luxemburg heranreichen. (Große Heiterkeit). Ach, wir wissen es alle zusammen, dass wir mit unserem Wissen nicht heranreichen an diejenigen, die in ihrer Jugend nicht Hunger gelitten haben, aber wenn man im Kampf steht – und ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich Jahre hindurch für die Arbeiterbewegung gekämpft habe – wenn man im Kampf steht und so eigentümlich überfallen wird, wie es geschehen ist, dann schmerzt das, das tut wehe, das ist nicht die Art und Weise, wie man die Einheit in der Arbeiterbewegung fördert. (Lebhaftes Sehr richtig).“ 3) Rosa Luxemburg erwiderte: „Bömelburg hat gesagt, dass er in seiner Jugend gehungert habe; ich wahrscheinlich nicht. Ich verschmähe es, in einen Wettlauf des Hungerns hin auf die Geschichte der privaten Leiden meines Magens einzugehen. (Heiterkeit.) Es steht Bömelburg nicht an …
Singer: Was Bömelburg ansteht, darüber entscheiden wir.
Rosa Luxemburg (fortfahrend): Ich wundere mich weiter darüber, dass sich Genosse Bömelburg darüber beschwert, als hätte ich ihm als Maurer gegenüber einen etwas zu scharfen Ton in der Polemik gebraucht. Genosse Bömelburg hat sich doch hier als ein logisch, politisch und rednerisch handfester Maurer bewiesen, dass er wohl auch einen Puff von mir wird vertragen können. (Große Heiterkeit.).“ 4) (Mehr zur Auseinandersetzung zum Thema Generalstreik ist im Netz zu finden.)
In seiner politischen Karriere schaffte es Bömelburg vom SPD-Bezirksvorsitzenden in Hamburg zum Bürgerschaftsabgeordneten (1904-1907) aufzusteigen. Von 1903 bis 1912 war Bömelburg zudem Mitglied des Reichstages für den Wahlkreis Dortmund-Hörde. 1)

Auch zur Kolonialpolitik vertrat er einen Standpunkt. „Als Kandidat der SPD bei den Reichstagswahlen 1907 (Hottentotten-Wahl) hält er sich an die Parteidisziplin und spricht in über 30 Volksversammlungen ‚gegen die Tollheit der deutschen Kolonialpolitik‘. Er hielt es für selbstverständlich, dass ‚für Taten, wie sie in den heutigen Kolonien verübt worden sind, unter keinen Umständen die Steuergroschen des deutschen Volkes bewilligt werden dürfen‘. Bömelburgs Wahlkampfparole: ‚Keinen Groschen für die verbrecherischen Kolonialkriege‘. 5) (Die Reichstagswahl 1907 „wurde als Hottentottenwahl bezeichnet, weil ihre Ursache und der Wahlkampf durch den Hereokrieg in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika bestimmt waren, vor allem aber durch den damit zusammenhängenden Aufstand der Nana. Die Nana wurden als ‚Hottentotten‘ bezeichnet – ein schon damals abwertender Ausdruck. Durch den anhaltenden und mit hohen Kosten verbundenen Kolonialkrieg kam es in Deutschland zu einer politischen Krise, nachdem die deutsche Regierung am 2. August 1906 im Reichstag einen Nachtragshaushalt in Höhe von 29 Millionen Mark für den Krieg in Deutsch- Südwestafrika beantragt hatte. Vor allem die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) weigerte sich angesichts rücksichtsloser Kriegsführung mit zahlreichen Opfern unter den geschätzten 20.000 Nama, weiteren Geldern zuzustimmen. Zunächst hatte die Reichsleitung versucht, den Konflikt durch ein gewisses Entgegenkommen beizulegen. Vor allem der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger [siehe Erzbergerstraße] kritisierte scharf die umfangreichen Ausgaben und argumentierte gegen die Kolonialkriege. Dies führte dazu, dass auch die Zentrumsfraktion teilweise gegen ihren Willen den Nachtragshaushalt ablehnte. Dagegen traten Konservative und Nationalliberale vehement für die Weiterführung des Kolonialkrieges ein. Die Abstimmung am 13. Dezember ergab eine knappe Mehrheit von 177 zu 168 gegen den Nachtragshaushalt.“) 6)