Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Mesterfeld

Eidelstedt (1929): Feld des Schulmeisters.1)


Siehe auch: Mesterbrooksweg
Siehe auch: Mesterfeldweg
Siehe auch: Schoolmesterkamp

Nach Siegfried G. Schoppe hat der Straßenname nichts mit den Meistern zu tun. Schoppe erklärt: Flurname „mit der KS*m ( e ) st = Weideland, lat. Pastio, pastor; keine Meister-brüche etc. (…).“ 2)

Wir bleiben bei der von Beckershaus gegebenen Erklärung, deren Grundlage die Straßennamenkartei des Hamburger Staatsarchives ist.

39 Jahre bevor diese Verkehrsfläche nach dem Feld des Schulmeisters benannt wurde, hatten Frauen 1890 in Friedrichsroda /Thüringen den Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein gegründet – denn den Beruf des Schulmeisters übten nicht nur Männer aus. So betrieb z. B. im 16. Jahrhundert Gesche Focke eine Klipp- und Winkelschule an der Straße Neue Burg in Hamburg. Über 21 Jahre arbeitete sie im Kirchspiel St. Nikolai als „Lehrmutter“ solch einer „Klipp- und Winkelschule“. Winkelschulen waren Privatschulen, denen die Konzession von dem zuständigen Pastor des Kirchspiels, in dem sich die Winkelschule befand, fehlte. Ohne eine Befähigung oder Vorbildung nachweisen zu müssen, konnte jede und jeder solch eine Schule einrichten. Das Unterrichten galt als unzünftiges Gewerbe und wurde oft von älteren und/oder verarmten Frauen gestaltet und hatte nicht immer den besten Ruf, denn, „bei Schulen, die von ‚Frauenzimmern‘ betrieben wurden, ‚[ist] an eine methodische Eintheilung und Leitung der Unterrichtsgegenstände nicht zu denken‘“, schrieb F. H. Neddermeyer 1847 in seinem Buch „Zur Statistik und Topographie der Freien und Hansestadt Hamburg“. Ähnliches behauptete 1799 auch der Katechet Hübbe: „Womöglich noch schlechter und schädlicher sind die Klippschulen unserer Stadt, welche von Frauenspersonen gehalten werden, wo mehrenteils eine nicht geringe Anzahl von Kindern, besonders weiblichen Geschlechts und bei weitem nicht von gleichem Alter in einem engen finsteren Raum eingezwängt sind, um 5-6 Stunden des Tages auf dem Stuhle zuzubringen, von welchem sie nicht anders aufstehen, als um das ABC herzuplärren.“ In den Winkelschulen wurden Nähen, Lesen, Beten, Rechnen, Schreiben und Kenntnisse des Katechismus vermittelt.

Die Eröffnung der Klipp- und Winkelschulen fiel in die Zeit der Reformation, deshalb durften sie auch von Mädchen besucht werden, wofür sich der Reformator Johannes Bugenhagen (1485–1558) (Bugenhagenstraße) in seiner neuen Kirchenordnung von 1529 stark gemacht hatte: „In jedem Kirchspiel braucht man eine Mädchenschule. Dafür sollen in jedem Kirchspiel die Ratsverordneten und Diakone des Kirchspiels sorgen. Den gewählten Schulmeisterinnen soll man die Miete aus dem allgemeinen Schatzkasten zahlen. Sie sollen dort wohnen, wo es für die Mädchen des Kirchspiels gut gelegen ist. Für die genannte Miete sollen sie verpflichtet sein, mit den Mädchen auch besondere geistliche Übungen abzuhalten, damit sie die Sprüche aus der Heiligen Schrift, den Katechismus und christliche Lieder lernen. Besoldung aber und Lohn für ihre Arbeit sollen die Eltern der Mädchen, wenn sie dazu in der Lage sind, um so mehr und angemessener zahlen und jährlich entrichten, eine Rate des Jahreslohns alle Vierteljahre, und dann und wann etwas für die Küche, weil ein solcher Unterricht Mühe und Arbeit mit sich bringt, und doch in kürzerer Zeit durchgeführt wird.“

Mädchen waren bis zu dieser Zeit, wenn überhaupt, nur in Nonnenklöstern oder privat zu Hause unterrichtet worden. Nun kamen sie zwar in den Genuss einer Schulbildung, doch sollten sie eine geringere Schulausbildung bekommen als Jungen. In Augen Bugenhagens reichte es aus, wenn sie die Schrift lesen und auszulegen lernten, um nach zweijähriger Bildung: „brauchbare, tüchtige, fröhliche, freundliche, gehorsame, gottesfürchtige und nicht abergläubische und eigensinnige Hausmütter“ zu werden.

Es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis Mädchen die gleiche Bildung erhielten wie Jungen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Institute, wie das der Hamburgerin Caroline Rudolphi (Rudolphiplatz), die den Mädchen ebenso das Recht auf Bildung zugestanden wie Jungen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in fast jeder deutschen Stadt eine Mädchenschule, und die bürgerliche Frauenbewegung kämpfte für die Gleichbehandlung von Jungen und Mädchen im Bildungswesen. Auch kam es Anfang des 20. Jahrhunderts in Folge der Preußischen Mädchenschulreform zu einer verstärkten Einrichtung von Lyzeen. Doch der Anspruch auf gleiche Bildungsmöglichkeiten für Mädchen und Jungen konnte erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts verwirklicht werden.

Auch Dorothea (Dorthel) Sophie Christiane Encke (7.12.1780 Meyenburg bei Bremen – 23.6.1874 Hamburg) betrieb eine Winkelschule. Diese befand sich am Jacobikirchhof 14 und war von Dorothea Encke 1798 eröffnet worden. Es handelte sich dabei um eine Winkelschule „für Knaben höherer Stände“ und sie besaß im Gegensatz zu vielen anderen Winkelschulen einen guten Ruf.

Die Pastorentochter Dorothea Encke brachte gemeinsam mit ihrer Schwester Maria und einer Freundin ca. zwanzig Knaben im Alter zwischen fünf und zehn Jahren Lesen, Schreiben, Rechnen, Biblische Geschichte, Geographie und Französisch bei. Die größeren Kinder gingen von 9 bis 15 Uhr und die kleineren von 10 bis 14 Uhr zur Schule. Wer nicht aufpasste oder ungehorsam war, erhielt einen kräftigen Nasenstüber.

Die Historikerin und Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz schreibt über die Entwicklung des Lehrerinnenberufes u. a.. Mit der Forderung und den Kämpfen der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert um u. a. mehr Mädchenbildung und Zugang für Frauen zu den Universitäten, „wuchs auch die Forderung [von Frauen] nach Professionalisierung des Lehrerinnenberufes und einer entsprechenden Ausbildung. (…). Ihrem Wunsch aus der Enge des eigenen Heimes herauszutreten und Lehrerin zu werden, widersetzten sich die Männer, (…).

Mit der Verabschiedung des "Allgemeinen Landrechts" 1794 in Preußen wurde das Schulwesen - man unterschied bereits Volksschulen und Gymnasien - für eine Angelegenheit des Staates erklärt. Der Lehrer wurde Staatsbeamter; Frauen wurden aus dem Lehrberuf zurückgedrängt. Letztere sollten erst 1809/11 im Zuge der Steinschen Städteordnung als ‚Sachkenner über die Töchterschulen‘ einbezogen werden. Die 1810 in Preußen verabschiedete Regelung der Lehramtsprüfung der an Seminaren ausgebildeten Volksschullehre galt ebenso wie die Regelung für die höheren Schulen ausschließlich für Männer. Dennoch wurde 1811 das erste Lehrerinnenseminar der Königlichen Luisenstiftung in Berlin gegründet. Junge Mädchen bekamen eine dreijährige Ausbildung ‚für das häusliche und öffentliche Erziehungswesen‘. (…). Eine Professionalisierung konnte nicht mehr aufgehalten werden. Amtliche Lehrerinnenprüfungen für ganz Preußen wurden dennoch erst zwischen 1845 und 1853 eingeführt. (…).“ 3)
Und über die Entwicklung der Ständeorganisationen berichtet Gisela Notz: „Mit der Herausbildung des Selbstbewusstseins der Lehrpersonen gründeten sich auch die ersten Standesorganisationen. 1872 wurde der ‚Deutsche Verein für das höhere Mädchenschulwesen‘ gegründet. Sowohl an den höheren Mädchenschulen, als auch im Verein überwog nach wie vor die männliche Lehrerschaft. Die ‚Töchterschulmänner‘, wie sie sich selbst nannten, bestimmten auch, dass in der Oberstufe mehr Lehrer, in der Unterstufe mehr Lehrerinnen eingesetzt werden sollten. Den Lehrerinnen riss der Geduldsfaden und sie entschieden, sich nicht gemeinsam mit den Männern zu organisieren, sondern gründeten ihren eigenen Verein. (…).“ 3)

Die Diskriminierung der Lehrerinnen hielt aber an: „Frauen bekamen niedrigere Gehälter und hatten schlechteren Zugang zu Leitungs- und Machtpositionen als Männer. Für verheiratete Lehrerinnen wurde 1880 für den Schuldienst im Deutschen Reich die ‚Zölibatsklausel‘ eingeführt. (…). Mit ihrer Verheiratung erhielten Lehrerinnen die Kündigung. Sie verloren damit auch jeglichen Anspruch auf Ruhegehalt. Männer unterlagen dieser Klausel nicht. Befürworter beriefen sich auf die bürgerliche Familienideologie, nach der es nicht mit der erwünschten Frauenrolle zu vereinbaren sei, ein Leben lang berufstätig zu sein. Endgültig aufgehoben für das gesamte Bundesgebiet wurde die Zölibatsklausel erst mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Mai 1957. Mit der Weimarer Reichsverfassung war sie 1919 schon einmal abgeschafft, aber 1923 wieder eingeführt worden. Ab 1951 galt sie nur noch in im Dienstrecht des Landes Baden-Württemberg.“3)