Weberstraße
Barmbek-Süd (1906): Carl-Maria Freiherr von Weber (18. oder 19.11.1786 Eutin – 5.6.1826 London), Komponist.

Carl Maria von Weber war der Sohn der Opernsängerin und Schauspielerin Genovefa Weber, geb. Brenner (2.1.1764 Oberdorf/Allgäu – 13.3.1798 Salzburg), nach der in Marktoberdorf der Genoveva-Brenner-Weg benannt ist, und des Musikers und Kapellmeisters am fürstbischöflichen Hof in Eutin Franz Anton von Weber (1734-1812). Dieser gründete 1789 eine reisende Theatertruppe und ließ dort auch seine Kinder auftreten.
Die Mutter: Genovefa von Weber
Genovefa erhielt zwischen 1774 und 1784 eine musikalische Ausbildung in Neapel „und während ihrer Anstellung bei der ‚italienischen Singspieler-Gesellschaft‘ in Wien 1784/85.“ 1) 1785 heiratete die damals 21-Jährige den 51-jährigen Franz Anton. Es war seine zweite Ehe und er war Vater von vier Kindern. Zwei der Söhne aus seiner ersten Ehe brachte dieser mit in seine zweite Ehe. Mit Genofeva bekam Franz Anton noch drei weitere Kinder, von denen zwei bereits im Kindesalter verstarben.
Nachdem Carl Maria von Weber in Eutin geboren war, zog die Familie nach Hamburg. Da sie ihr Geld mit ihrer reisenden Theatertruppe verdiente, verweilte sie nie lange an einem Ort. Genofeva und auch Carl Maria von Weber waren Teil der auftretenden Künstler.
1794 wurde Genofeva Weber am von Wolfgang von Goethe (Goetheallee, Goethestraße) geleiteten Hoftheater in Weimar als Sängerin vertraglich gebunden. Doch ihr Ehemann Franz Anton ersuchte um die vorzeitige Auflösung des Vertrages, weil „so unendlich viel Unordnungen und Sachen vorgegangen, die nicht wohl verstatten, uns länger dabey aufzuhalten.“2)
In Salzburg, wohin die Familie Weber 1797 gezogen war, wo Vater Franz Anton eine Anstellung als Kapellmeister und Schauspieldirektor erhalten hatte, bekam Carl Maria von Weber Unterricht in Satztechnik und Kontrapunkt und schrieb im Alter von 13 Jahren seine ersten Fughetten. In dieser Zeit starb Genofeva im Alter von 34 Jahren 1798 an Tuberkulose.
Nachdem die Mutter gestorben war und auch die reisende Theatertruppe keinen Erfolg hatte, versuchte Vater Weber mit seinem Sohn Carl Maria Geld zu verdienen, indem er ihn als Wunderkind präsentierte.
Musikalischer Werdegang von Carl Maria von Weber
Carl Maria von Weber wurde im Alter von 18 Jahren Kapellmeister am Theater in Breslau. Drei Jahre später, 1807, nahm er eine Anstellung beim Herzog von Württemberg an, verschuldete sich dabei und kehrte zu seinem reiseleben zurück. Er trat als Pianist, Dirigent und Opernkomponist in verschiedenen Städten auf, leitete von 1813 bis 1816 das Stände-Opernhaus in Prag und übernahm ab 1817 die Aufgabe deutschen Opern am Dresdener Hoftheater einzuführen.
„ (…). Mit dem Aufbau der deutschen Oper leistete er Bedeutendes für das Musikleben und wirkte weit über seine Zeit hinaus. Gleichzeitig entstand hier in den ersten vier Jahren seiner Tätigkeit sein wichtigstes Werk, ‚Der Freischütz‘, (…). Eine ähnliche Rezeptionsgeschichte war den folgenden Opern ‚Euryanthe‘ und ‚Oberon‘ versagt, obwohl auch diese beiden Stücke auf teils enthusiastische Zustimmung trafen. Weber starb im Juni 1826 in London, kurz nach der dortigen Uraufführung des ‚Oberon‘.“ 3)
Carl Maria von Weber und seine Ehefrau Caroline Brandt
Carl Maria von Weber soll viele Liebesaffären gehabt haben. Doch dann, als er kurz vor seinem 31. Geburtstag stand und am Dresdner Hoftheater angestellt war, heiratete er 1817 die Sängerin und Schauspielerin Caroline Brandt (geboren zwischen 1792 und 1793 Bonn – 23.2.1852 Dresden). Beide hatten sich sieben Jahre zuvor in Frankfurt kennengelernt.
„Nach der Hochzeit hatte er böse Machovorstellungen: Die Frau bleibt zuhause. Er stellte sich einfach vor, dass er heimkommt und seine Frau reicht ihm die Pantoffeln. Von zuhause kannte er das nicht, er war einfach stolz, dass er es sich leisten konnte, dass Caroline nicht mehr als Sängerin und Tänzerin arbeiten musste. Sie war auf der Bühne sehr erfolgreich, hat für ihn alles aufgegeben“, erzählt Christoph Schwandt, der eine Biografie über Carl Maria von Weber verfasst hat, in einem Interview 4)
Caroline Brandt war die Tochter der Schauspielerin Christiane Sophia Henrietta Brandt und des Tenors und Konzertgeigers Christoph Hermann Joseph Brandt. Bereits im Alter von acht Jahren trat sie auf der Bühne auf und nachdem sie zwischen ihrem 11. und 13. Lebensjahr ein Erziehungsinstitut besucht hatte, kehrte sie zur Bühne zurück und trat fortan in verschiedenen Orten auf. Fest engagiert war sie zwischen 1809 und 1813 am Frankfurter Theater, wo sie 1810 die Titelrolle in der Uraufführung von Carl Maria von Webers Oper Silvana übernahm. Während dieser Zeit wohnte sie mit ihrer Mutter zusammen. „Die Unbescholtenheit der Tochter war nach Ansicht der Eltern für ihre berufliche und gesellschaftliche Stellung im Ensemble ein Gut, das bewahrt werden mußte“, 5) so Hans-Peter Rieschel in seinem Beitrag über Carl Maria von Weber und Caroline Brandt.
Als Carl Maria von Weber Operndirektor am Prager Stadttheater war, engagierte er Caroline Brandt 1813 für die Oper Cendrillon (Aschenbrödel). In dieser Zeit kamen sich die beiden näher, wobei er sie zuerst als „Lückenbüßerin“ für eine zuvor in die Brüche gegangene Liebe benutzte. Dazu schreibt Hans-Peter Rieschel: „1814 irritierte Weber eine Liebesaffäre mit der Soubrette Therese Brunetti. Die verheiratete Brunetti, Mutter von fünf Kindern, war ein Vollweib, das Weber so leidenschaftlich liebte, daß sein inneres Gleichgewicht gestört und seine künstlerische Autorität beeinträchtigt wurden. (…) Die Zerrissenheit in der Person Webers hätte für den Opernchef das ‚Aus‘ bedeuten können, wenn ihm nicht die Brunetti den Anlaß gegeben hätte, mit ihr zu brechen. Sie favorisierte nämlich neben ihm andere Liebhaber. Aus Eifersucht, Trotz und Verzweiflung suchte er bei Caroline Brandt Trost für sein geschundenes Herz.“ 6)
Das Verhängnis für Carolines weiteren Berufsweg nahm seinen Lauf, denn Carl Maria von Weber bestand darauf, dass seine zukünftige Ehefrau den Beruf aufgeben müsse. „Über drei Jahre ging der Streit darum, ob die Frau auch in der Ehe ein Recht auf Berufsausübung habe oder ob Webers rigorose Forderung gelten solle: ‚Mein Weib muß mir gehören, nicht der Welt, ich muß sie ernähren, kein Teufel einer Mutter darf dazwischen stehen.‘ Da beide impulsive, leidenschaftliche Künstler waren, trieben sie sich gegenseitig regelrecht in Neurosen. Das Auf und Ab dieses Geschlechterkampfs wurde gekennzeichnet von den Daten: 1814 – bürgerliche Verlobung; 1815 – Auflösung der Verlobung; 1816 – neuerliche Verlobung. Webers Bedingung war geradezu unmenschlich und mußte Caroline abschrecken, ihn zu heiraten. Wieso sollte sie, ein Liebling des Publikums, am Beginn einer Karriere und mit einer Gage versehen, die inzwischen über der Webers lag, die Bühne aufgeben und in die dienende Rolle der Ehefrau wechseln?“ 7), ist bei Hans-Peter Rieschel nachzulesen. Aber es kam dann dennoch – wie bereits oben beschrieben - zur Hochzeit am 4. November 1817 in Prag. Damals lebte und arbeitete Weber schon in Dresden, wohin auch Caroline übersiedelte, ihre Bühnenkarriere aufgab und ganz Hausfrau und Mutter wurde. 1819 wurde das erste Kind, eine Tochter, geboren, die nur wenige Zeit lebte, 1822 das zweite und 1825 das dritte Kind.
Als Carl Maria von Weber starb, war Caroline 32 Jahre alt. „Carolines Rolle in der Ehe, die ihr Sohn mit den Worten ’Sie war des Vaters Eigentum‘ treffend charakterisiert hatte, war das Gegenteil einer emanzipierten Frau. Sie ging in den Pflichten der Gattin, Hausfrau und Mutter auf, weil sie darin ihre Selbstverwirklichung sah. (…)
Je älter Caroline wurde, desto mehr hatte sie ihren Mann vergöttlicht (…). Dieses Rollenspiel zwischen Mann und Frau war freiwillig und nicht erzwungen. (…) Mehr als ein Jahrzehnt hatte sie an der Seite des Künstlers und Menschen Weber ihre Bestätigung gefunden und plötzlich war diese Hälfte ihres Lebens nicht mehr vorhanden. Alles, was sie tat und was um sie herum geschah, war nicht mehr aufregend, nicht mehr spektakulär. Und vor allem: Es gab kein Zurück in den Beruf der Sängerin. Ihre Rolle als Hausfrau und Mutter in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen akzeptierte sie,“ 8) so Hans-Peter Rieschel.