Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Brucknerstraße

Barmbek-Süd (1938): Anton Bruckner (4.9.1824 Ansfelden/Oberösterreich – 11.10 11.10.1896 Wien), Komponist


Vor 1933 hieß diese Straße Hinrichsenstraße nach Siegmund Hinrichsen (1841-1902), langjähr. Präses der Bürgerschaft. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Straße 1938 umbenannt in Brucknerstraße, weil Hinrichsen jüdischer Herkunft war. Eine Rückbenennung erfolgte nicht. 1948 kam es in Borgfelde zur Benennung der Hinrichsenstraße. (Siehe unter: Hinrichsenstraße).

„Anton Bruckner wurde neben Richard Wagner von Adolf Hitler besonders verehrt. Hitler identifizierte sich nicht zuletzt aufgrund der gemeinsamen Herkunft auch biografisch mit Bruckner. Am 6. Juni 1937 wurde als Zeichen dieser Verehrung in der Walhalla bei Regensburg eine Bruckner-Büste aufgestellt. Bei diesem Festakt war Hitler persönlich zugegen. Bruckners Musik wurde von den Nationalsozialisten missbraucht und sollte ‚jene gläubige Andacht fördern, die erst das reibungslose Funktionieren der Staatsmaschinerie ermöglichte‘ (Albrecht Dümling).

Ausdruck der NS-Bruckner-Verehrung waren die im Stift St. Florian abgehaltenen Bruckner-Festtage sowie die Gründung des Reichs-Bruckner-Orchesters des Großdeutschen Rundfunks und des Reichs-Brucknerchores.“ 1)
Über Bruckners Herkunft heißt es in Wikipedia: „Bruckner kam als ältestes von zwölf Kindern des Lehrers Anton Bruckner (11. Juni 1791–7. Juni 1837) und dessen Ehefrau Theresia, geb. Helm (1801–1860), zur Welt. Da zu den damaligen Pflichten eines Dorfschullehrers auch kirchenmusikalische Dienste wie Kantoramt und Orgelspiel sowie das Aufspielen als Tanzbodengeiger auf Festen gehörten, kam der junge Bruckner über seinen Vater bereits früh mit der Musik in Kontakt und lernte den Umgang mit Violine, Klavier und vor allem der Orgel. Bereits mit etwa zehn Jahren fungierte er gelegentlich als Aushilfsorganist.

Nach dem frühen Tod seines Vaters 1837 wurde Bruckner von der Mutter als Sängerknabe ins nahe gelegene Stift Sankt Florian geschickt, wo er auch Musikunterricht erhielt.“ 2)

Seine Mutter, Theresia, geb. Helm (6.4.1801 Sierning – 11.11.1860 Ebelsberg), Tochter eines vermögenden Amtsverwalters und Gastwirtes, musste zwei Wochen nach dem Tod ihres Mannes die Dienstwohnung verlassen und zog mit ihren vier jüngeren Kindern und der blinden Schwägerin nach Ebelsberg. Hier arbeitete sie als Hilfsmagd und Wäscherin.

„Der Familientradition folgend, fasste [Bruckner] den Entschluss, die Lehrerlaufbahn einzuschlagen. Nach dem Besuch des vorbereitenden Lehrerseminars in Linz wurde er Schulgehilfe im Dorf Windhaag, wo es bald schon zu Konflikten mit seinem Vorgesetzten kam, die schließlich zur Versetzung nach Kronstorf führten: Bruckner habe zu viel komponiert und auf der Orgel improvisiert, statt seinen Pflichten (neben Schul- und Kirchendienst auch Arbeit auf dem Feld und im Wald) nachzukommen, so die Begründung.“ 2)

Schließlich konnte er doch noch nach seiner Berufung leben und arbeiten und wurde zu einem bedeutenden Komponisten und Orgelvirtuosen. Er verdiente sein Geld u. a. als Domorganist in Linz, später wurde er am Wiener Konservatorium Professor für Generalbaß, Kontrapunkt und Orgel und erhielt das Lektorat für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Universität Wien. Über seine Persönlichkeit heißt es in Wikipedia: „Trotz seiner Erfolge litt Bruckner sein ganzes Leben an Minderwertigkeitsgefühlen und einem tiefen Einsamkeitsgefühl. Zudem führte sein Schaffensdrang ihn oft an den Rand des Verkraftbaren: (…). Bruckner war ein tief in der religiösen Tradition der katholischen Kirche verwurzelter Mensch. (…) Auch sein Lebensstil war mönchisch bescheiden, sein Gottvertrauen gab Bruckner Kraft, die zahlreichen Anfeindungen seiner Gegner auszuhalten. Andere Religionen, wie das Judentum, hinterfragte der strenggläubige Christ Bruckner nicht: Er war – anders als der von ihm verehrte Richard Wagner – kein völkischer Antisemit. (…).“ 3)

Anton Bruckner blieb zeit seines Lebens unverheiratet. Er verliebte sich aber immer wieder in weitaus jüngere Frauen, die oft 20 Jahre und jünger waren. Und die er – der strenggläubige Katholik - für keusch und jungfräulich hielt. Doch Bruckner stieß bei den jungen Frauen auf Ablehnung, was nicht gerade seinem Selbstbewusstsein zu Gute kam. In einer Rezension über das Buch von Wolfgang Johannes Bekh „Anton Bruckner. Biographie eines Unzeitgemäßen“ heißt es: „Bruckners sexuelle Situation war bei weitem nicht so trostlos wie angenommen; so absurd und hoffnungslos seine Werbungen auch schienen, seinem Ziel, nämlich der Heirat mit einem hübschen, blutjungen Mädchen kam er mehrfach sehr nahe und scheiterte stets an eigenem Unvermögen bzw an eigener Untätigkeit im entscheidenden Moment. Fast erweckt es den Anschein, als habe sich sein Schaffenstrieb im Unbewussten durchgesetzt, um der Gefährdung seiner Komponistenlaufbahn, welche eine junge, wahrscheinlich relativ unverständige Ehefrau bedeutet hätte, einen Riegel vorzuschieben. Diese dadurch notwendig gewordene sexuelle Enthaltsamkeit (außerehelichen Verkehr verbot sein Katholizismus) wirkte sich wieder quasi compensando modo fruchtbar auf sein Schaffen aus. So auch im Falle der reizenden 17-jährigen Marie Bartl aus Oberammergau, die er 1880 (also im 56. Lebensjahre stehend!) anlässlich eines Besuchs der Passionsspiele (sie spielte eine Statistenrolle) kennenlernte, sofort über Vermittlung seines Hauswirtes ansprach, nach Hause begleitete (Schüchternheit zählte in diesem Zusammenhang nicht zu seinen Untugenden), wo er ihr nach Vorstellung bei ihrer Mutter (‚I bin da Professor Bruckner aus Wean und bin den Koasa sei Organist‘- als Komponist war er damals noch völlig unbekannt) umgehend einen Heiratsantrag machte, der erstaunlicherweise ernst genommen wurde. Es scheint, als habe Marie sich in ihn tatsächlich verliebt. Aber nach drei Tagen vielversprechenden Zusammenseins sich (selbstverständlich allein!) auf die vorgesehene Schweiz-Reise zu machen, ‚damit das teure Reisebillet‘ nicht verfiel, war denn doch ein starkes Stück an Knauserei! Er hat Marie nie mehr wieder gesehen. Die Brieffreundschaft dauerte noch etwa ein Jahr an; wie es zum banalen, und überdies seitens Bruckners völlig kampflosen Ende der ‚Beziehung‘ kam, sei an dieser Stelle nicht verraten. Die Marie-Erfahrung fand wohl im äußerst beglückenden Kopfsatz der VI. Symphonie ihren Niederschlag. Marie verweigerte später dem Brucknerforscher Auer die Herausgabe der Bruckner´schen Korrespondenz und verbrannte sie umgehend nachdem der lästige Besucher ihr Haus verlassen hatte. Sie versuchte nie, aus ihrer Freundschaft mit dem später so berühmt gewordenen Komponisten Kapital zu schlagen und verweigerte darüber jegliche Auskunft (‚Das geht niemand was an!‘). Es scheint, dass Bruckner - wie auch seine noch absurdere Verlobung 1894 (!) mit der 22-jährigen Ida Buhz zeigte – [damals war er um die 70. Die beiden schrieben sich drei Jahre lang Briefe. Kurz vor der Hochzeit scheiterte die Beziehung, weil die Protestantin Ida, ein Stubenmädchen, nicht zum Katholizismus übertreten wollte, R. B.] kein schlechtes Auge für Mädchen hatte. ‚Aber der geniale Mensch hat ebensowenig wie jeder andere Mensch einklagbaren Anspruch auf Liebe, außer es gelingt ihm, Liebe zu wecken. Liebe zu wecken setzt voraus, dass man selber lieben kann. Bei all den Erörterungen über den Eros des Menschen Bruckner wird ... außer acht gelassen, dass er zwar oft verliebt war, jedoch in keinem Fall wirklich geliebt hat. Die tiefe, unausweichliche Bindung an eine und nur eine Frau scheint Bruckner nicht erlebt zu haben, eine Leidenschaft, deren zwingende Gewalt auch die widerstrebende Frau hätte faszinieren und mit dem skurrilen Gebaren des Liebenden versöhnen können.‘ schrieb Grebe so treffend, dass Bekh es auf Seiten 92 f ziemlich wortgetreu übernommen hat. Grebe führt weiter aus: ‚Unbeantwortbar ist die an die Geheimnisse der Tiefenpsychologie rührende Frage, wo denn bei dem vitalen und seelenhaften Bruckner die große Liebe geblieben ist.‘ Warum Bekh ausgerechnet diesen bemerkenswerten Satz ausgelassen hat, ist nicht ersichtlich.“ 4)

Zu seiner Mutter hatte Bruckner ein enges und inniges Verhältnis. Als er es sich finanziell leisten konnte, unterstützte er sie. Und als sie starb, ließ er ein Foto von ihr auf ihrem Totenbett anfertigen. „Die Fotografie des Linzer Fotografen war danach, wie Bruckners Schüler berichten, zeitlebens hinter einem grünen Vorhang bedeckt in seiner Wohnung aufgehängt. Er betete, besonders in Zeiten seiner Krisen, vor diesem Bild seiner toten Mutter.“ 5)

Bruckner soll – wie seine Mutter auch - zu Schwermut geneigt haben.