Hinrichsenstraße
Borgfelde (1948): Siegmund Hinrichsen (17.1.1841 Hamburg – 22.10.1902 Hamburg während einer Bürgerschaftssitzung), Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, Bürgerschaftspräsident.
Siehe auch: Anton-Rée-Weg
Die vor 1933 benannte Hinrichsenstraße in Barmbek wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1938 umbenannt in Brucknerstraße (Komponist). Eine Rückbenennung erfolgte nicht. Stattdessen wurde 1948 in Borgfelde eine Hinrichsenstraße benannt, die vorher Baustraße hieß. (vgl.: Registratur Staatsarchiv Az. 1520-3/0. Antwort auf Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prosch (CDU), Straßen mit Namen jüdischer Bürger, Bürgerschaftsdrucksache 11/2389 vom 7.5.1984.)
Siegmund Hinrichsen war der Sohn von von Jette Hinrichsen, geborene Wulff (/1819-1866) und von Moritz Hinrichsen (1804-78), einem Schreib- u. Rechenlehrer an der Stiftungsschule v. 1815 in Hamburg, einer israelitischen Freischule für arme jüdische Jungen.
1871 heiratete Siegmund Hinrichsen Rebecca Pullen gen. Behrens (1850–1927). Die Ehe blieb kinderlos.
Nach dem Schulabschluss - er besuchte die Stiftungsschule, wo sein Vater unterrichtete - absolvierte er eine Banklehre und wurde danach bei der Norddeutschen Bank angestellt. 1879 gründete er mit einem Kompagnon die Privatbank Hardy & Hinrichsen, die Dienstleistungen im Hamburger Börsengeschäft anbot.1)
Siegmund Hinrichsen fungierte von 1886 bis 1888 und von 1892 bis 1893 als Vizepräsident der Handelskammer und war deren Präsident von 1889-1891. Ab 1894 war er Vorsitzender des Vorstands der Stiftungsschule von 1815. In dieser Funktion bemühte er sich, Vorstellungen des Pädagogen Anton Rée (1815-91) [siehe: Anton-Rée-Weg] folgend, praktische Umsetzungsmöglichkeiten dafür zu schaffen, dass durch die gemeinsame Erziehung von Kindern unterschiedlichen Glaubens, unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Gesellschaftsschichten Verständnis und Toleranz gefördert und auf diese Weise vorhandene religiöse und soziale Schranken abgebaut werden konnten"2), schreibt Hans-Dieter Loose in seinem Porträt über Hinrichsen.
Hinrichsen engagierte sich auch auf politischem Gebiet. So wurde er im Alter von 30 Jahren 1871 in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt.
Hier schloss er sich der Fraktion des „Linken Zentrums“ an und fungierte als Abgeordneter bis zu seinem Tod im Jahr 1902. Damals wurden die Abgeordneten nicht als Angehörige von Parteien gewählt, sondern als Personen. „Sie traten erst nach der Wahl in die Bürgerschaft einzelnen Fraktionen bei; deren Namen 'Rechte', 'Linkes Zentrum' und 'Linke' verraten (...), dass feste Parteirichtungen fehlten. Ein Fraktionszwang [wie heute üblich, R. B..] war undenkbar. (..) Im Linken Zentrum waren vorwiegend Vertreter der Industrie versammelt. (...).“3) Hinrichsen war von 1892 bis 1902 Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Er war Gegner des Zollanschlusses, begrüßte die deutsche Kolonial- und Flottenpolitik. „Doch nicht nur der Erwerb von Kolonien – Hinrichsen war Direktoriumsmitglied der 1898 gegründeten Gesellschaft für Süd-Kamerun - war nach seiner Ansicht zur Festigung der deutschen Weltstellung erforderlich, ebenso notwendig sei eine starke Flotte, für deren Ausbau er sich lebhaft einsetzte.“ 4)