Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Dietzweg

Billstedt (1966): Heinrich Dietz (3.10.1843 Lübeck – 28.8.1922 Stuttgart), sozialdemokratischer Verlagsbuchhändler, Reichstagsabgeordneter


Siehe auch: Kunhardtstraße

Johann Heinrich Wilhelm Dietz war der Sohn von Anna Catharine Elisabeth Dietz, geb. Meyer und des Schneiders Johann Jochim Christian Dietz.

Über ihn schreibt die Historikerin Angela Graf: „Der weit über die deutschen Grenzen hinaus bekanntgewordene sozialdemokratische Parteiverleger war nach der Schriftsetzerlehre in St. Petersburg tätig, kehrte 1866 nach Lübeck zurück und engagierte sich in der Druckergewerkschaft.“ 1) Dietz hatte sich der Arbeiterbewegung angeschlossen.
1870 heiratete der damals 27-Jährige Magd. Zülow (1847–1927). Das Paar bekam 4 Kinder.
1874 zog das Paar nach Hamburg. Dietz „übernahm die technische Leitung der sozialdemokratischen Genossenschaft-Druckerei (ab 1890 Auer-Druck), in der im folgenden Jahr das ‚Hamburg-Altonaer Volksblatt‘ erschien. 1878 wurde diese Druckerei zum Schein an ihn verkauft, um sie vor den Sozialistengesetzen zu retten. Nach dem Verbot des Volksblattes 1878 gaben die Sozialdemokraten die ‚Gerichtszeitung‘ (später Hamburger Echo) heraus, 1879/80 auch den ersten Jahrgang des ‚Wahren Jacob‘, einer satirischen Zeitschrift. Nach der Ausweisung von führenden Sozialdemokraten aus Hamburg siedelte Dietz 1880 nach Harburg über, musste aber nach Lübeck zurückkehren, als auch die neue Zeitung verboten wurde. Von dort aus holte ihn die Partei 1881 nach Stuttgart, wohin die Reste der Leipziger Parteidruckerei überführt worden waren.“ 1)

Der Vater von vier Kindern bekleidete für die SPD von 1881 bis 1918 im Reichstag das Mandat für den Wahlkreis 2 (Neustadt und St. Pauli).

„Dietz betreute die Herausgabe des Briefwechsels von Karl Marx und Friedrich Engels und verlegte die Werke sozialdemokratischer Schriftsteller, (…) Während des Sozialistengesetzes, aber auch danach organisierte er den Vertrieb sozialistischer Literatur in Deutschland. (…)

Von 1892 bis 1917 erschien in seinem Verlag die sozialistische Frauenzeitschrift Die Gleichheit, die von Clara Zetkin herausgegeben wurde.

Dietz leistete Außerordentliches zur Verbreitung des Marxismus in der Sozialdemokratie. In zahlreichen innerparteilichen Kontroversen bezog er indessen stets auf Seiten des gemäßigten Parteiflügels Position. (…)
Sein ambitioniertes Verlagsprogramm finanzierte Dietz vor allem durch das weitverbreitete sozialdemokratische literarische Satireblatt Der Wahre Jacob, (…). 1906 übernahm die SPD den Dietz-Verlag als zentralen Parteiverlag, was am verlegerischen Engagement von Dietz nichts änderte. (…).“ 3)

Dietz vielfältige Aufgaben hatten zur Folge, dass er ständig unterwegs war und kaum bei der Familie. Dazu schreibt Angela Graf in ihrer Dissertation über Dietz: „Eines der herausragenden Merkmale, die Heinrich Dietz’ Leben in seiner zweiten Hälfte geprägt haben, ist die Tatsache, daß er von nun an fast ständig unterwegs sein mußte [Dieses Schicksal teilte er natürlich mit vielen der Abgeordnetenkollegen und besonders den agitatorisch tätigen Parteivorstandsmitgliedern. ] . Im Vordergrund stand seine Tätigkeit in Stuttgart, die von ihm persönlich – zumindest im ersten Jahrzehnt – noch die Erledigung sehr vieler Kleinarbeiten erforderte. Aber Heinrich Dietz kümmerte sich auch später um viele Einzelheiten am liebsten selbst. Die Reichstagsverhandlungen (…) verpflichteten ihn zu häufigem Pendeln zwischen Stuttgart und Berlin. Ein Leben in der Familie, oder auch die kontinuierliche Erziehung seiner Kinder, das gab es für den Sozialdemokraten Heinrich Dietz nicht (mehr). (…)“. 4)

Und weiter schreibt Angela Graf über das Privatleben von Dietz, dass dessen Ehefrau: „wohl mehr im Hintergrund stehen mußte, wenn ihr Mann Besuche empfing. Aus dem Moskauer Hotel Metropol schrieb Clara Zetkin an Anna Geigers [Enkelin von Dietz] Tochter: ‚Nicht alle, die in dem gastfreien Hause Dietz verkehrten, erkannten den hohen Wert von Helene. Ich rechne es zu den Glücksfällen meines Lebens, daß ich diesen Wert sofort erkannte und gegen alle in die Schranken trat, die glaubten, Helene als ‘Nebensächlichkeit’ behandeln zu dürfen“ (…).
Am Ende seines Lebens nahmen die Bemerkungen über seine Frau in Heinrich Dietz’ Briefen deutlich zu. An Helene Dietz selbst äußerte er sich sehr besorgt, sorgte sich über ihr Wohlergehen im Kriege, über eine neue Erkrankung und die erhoffte baldige Besserung (…).“ 5)