Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Dohnányiweg

Bergedorf/Lohbrügge (1964): Hans von Dohnányi (1.1.1902 Wien -8.4.1945 KZ Sachsenhausen), Reichsgerichtsrat, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus


Siehe auch: Bonhoefferstraße

Hans von Dohnány war der Sohn der Pianistin Elisabeth, geb. Kunwald und des ungarischen Komponisten Ernst von Dohnány. Das Paar trennte sich 1913.

Der Jurist Hans von Dohnányi arbeitete in den Jahren von 1929 bis Anfang 1932 und dann wieder ab Mitte 1933 im Reichsjustizministerium. Er war dort zunächst als persönlicher Referent und in der Folgezeit als Leiter des Ministerbüros von Franz Gürtner tätig. In diesen Jahren sammelte von Dohnányi systematisch Informationen über Rechtsbrüche des NS-Regimes und über Verbrechen in den KZs. Zu Beginn des Jahres 1938 knüpfte er Beziehungen zu Oppositionellen in den Reihen der Wehrmacht. Mit Ludwig Beck, Hans Oster und Erwin von Witzleben plante er im September 1938 einen Staatsstreich. Auf Druck der NSDAP musste von Dohnányi 1938 aus dem Ministerium ausscheiden. Man versetzte ihn an das Reichsgericht Leipzig. Im Herbst 1939 arrangierte Oster seinen Wechsel ins Amt Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht. Der Plan der Hitler-Gegner: Hier sollte von Dohnányi die Vorbereitungen für einen Staatsstreich weiter vorantreiben. Durch seine Arbeit im Oberkommando der Wehrmacht war von Dohnányi über die Massenvernichtung der europäischen Juden informiert. Zugleich leitete er Berichte seines Schwagers Dietrich Bonhoeffer (siehe: Bonhoefferstraße) über die Judendeportationen an hohe Wehrmachtsoffiziere weiter, um diese zum Eingreifen zu bewegen. Anfang 1942 fasste er den Beschluss, auf eigene Faust einige von der Vernichtung bedrohte jüdische Familien zu retten: Sie sollten als angebliche deutsche Agenten ins neutrale Ausland ausreisen. Da es dabei zunächst um sieben Flüchtlinge ging, wurde die Operation ‚Unternehmen Sieben‘ genannt. Am 5. April 1943 wurde von Dohnányi wegen angeblicher Devisenvergehen verhaftet, nach dem gescheiterten Staatsstreich vom 20. Juli 1944 wurde dann ein Teil seiner gesammelten Dokumente über NS-Verbrechen von der Geheimen Staatspolizei gefunden. Aufgrund seiner Mitwirkung an den Vorbereitungen des Umsturzversuches wurde von Dohnányi von einem SS-Standgericht zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung erfolgte im Konzentrationslager Sachsenhausen kurz vor Kriegsende, wahrscheinlich am 9. April 1945.

Verheiratet war Hans von Dohnányi seit 1925 mit Christine Bonhoeffer (26.10.1903 Königsberg – 2.2.1965 Kassel), der Schwester seines Schulfreundes Dietrich Bonhoeffer (siehe: Bonhoefferstraße). Das Paar hatte drei Kinder, darunter den späteren Ersten Bürgermeister von Hamburg, Klaus von Dohnányi. Die Kinder wurden 1926, 1928 und 1929 geboren. Vor ihrer Hochzeit hatte Christine Dohnàny, die schon als Kind besonderes Interesse an Tieren und weniger an Puppen gehabt hatte, einige Semester Zoologie studiert.

0546 Hans Von Dohnanyi Briefmarke
Sondebriefmarke 2002; Quelle: Deutsche Post AG, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

In der NS-Zeit war sie über die politischen Aktivitäten ihres Ehemannes unterrichtet. Am 5. April 1943 wurde sie gemeinsam mit Dietrich Bonhoeffer und ihrem Ehemann verhaftet und kam in ein Frauengefängnis. An ihre Kinder schrieb sie am Ostersonntag, 26. April 1943, aus dem Gefängnis: „Tragt keinen Hass im Herzen gegen die Macht, die uns das angetan hat. Verbittert Eure jungen Seelen nicht, das rächt sich und nimmt Euch das Schönste, was es gibt, das Vertrauen.“ 1)

Durch Intervention ihres Vaters, Karl Bonhoeffer und eines alten Studiengefährten, konnte Christine von Dohnanyi nach einigen Wochen wieder freikommen.

„Nach ihrer Freilassung versuchte sie, auch die Freilassung ihres Mannes und ihres Bruders zu erreichen. Sie schmuggelte mehrfach Diphtheriebazillen, um diesem zu ermöglichen, Vernehmungen zu entgehen, aber auch geheime Nachrichten in das Gefängnis ihres Mannes. Jeglicher Kontakt lief dabei über den Untersuchungsrichter Manfred Roeder, der die Besuchs- und Schreibmöglichkeiten erheblich beeinflusste.“ 2)

Aus dem Gefängnis schrieb Hans von Dohnanyi einmal an seine Frau: „‘Mein über alles geliebtes Herzelein! Deinen Brief bekam ich gestern. Ich habe ihn – ach, wie oft! – sicherlich 10 mal gelesen. Eine unendliche Sehnsucht nach Dir stieg in mir auf, ich meine manchmal, sie sollte mir die Brust zersprengen.‘“ (…) Der Zensor las ja stets mit, also verbot sich jedes Wort zur politischen Lage oder zur Sorge um die Mitverschwörer. Hans von Dohnanyi lebte für diese Briefe, die seltenen Begegnungen mit seiner Frau, die Briefe der Kinder, denen er warmherzig und aufmunternd antwortete.“ 3)

Christine Dohnanyi und ihre Kinder erfuhren zunächst nichts von der Hinrichtung Hans von Dohnanyis. Über zwei Monate lang suchte Christine von Dohnanyi ihren Mann unter den Überlebenden des KZ Sachsenhausen.
In einem Interview mit dem Journalisten Felix Zimmermann antwortete der Sohn Klaus von Dohnanyi auf die Frage nach der Suche nach dem Vater: „Es hieß, er sei von den Russen mitgenommen worden, weil er so viel wusste. Es gab Gerüchte, man habe ihn in Moskau gesehen. Aber das stimmte alles nicht. Meine Mutter hat im November die Todesanzeige veröffentlicht.“

Und auf die Frage, ob sie daran zerbrochen sei, antwortete Klaus von Dohnanyi: „Meine Mutter hat sich davon nicht erholt. Sie hatte ihr Studium abgebrochen und versuchte dann nochmal den Anschluss zu kriegen. Aber das war einfach zu spät. Zu viel war passiert, sie ist sehr früh gestorben.“ 4)

Christine von Dohnanyi starb mit 61 Jahren an einem Herzinfarkt.