Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Ebner-Eschenbach-Weg

Bergedorf, seit 1984, benannt nach Marie Freifrau von, geb. Gräfin Dubsky, Freiin von Trebomyslyce (13.9.1830 Zdislawitz/Mähren – 2.3.1916 Wien), österreichische Schriftstellerin


Siehe auch: Grillparzerstraße, Uhlenhorst seit 1948 und Grillparzerbrücke, Uhlenhorst seit 1960. Franz Grillparzer (1791 - 1872), Dichter

1898 erhielt Marie von Ebner-Eschenbach als erste Frau den höchsten Zivilorden Österreichs: das Ehrenabzeichen für Kunst und Wissenschaft. 1900 wurde sie als erste Frau in Österreich zum Dr. h. c. der Philosophischen Fakultät der Universität Wien ernannt.

Marie von Ebner-Eschenbach wurde auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren als Freiin Dubský geboren. Ihre Mutter war Baronesse Marie von Vockel, die zweite Ehefrau ihres Vaters Baron Franz Dubský (ab 1843 Graf).

Kurz nach der Geburt von Marie verstarb die Mutter. Marie bekam eine Stiefmutter, zu der sie ein gutes Verhältnis hatte. Diese verstarb, als Marie sieben Jahre alt war. Im Alter von zehn Jahren bekam Marie eine neue Stiefmutter, die Gräfin Xaverine Kolowrat-Krakowsky. Auch zu ihr soll Marie ein gutes Verhältnis gehabt haben. Die Gräfin förderte das schriftstellerische Talent von Marie und machte sie bekannt mit der Theaterwelt, indem sie sie oft ins Wiener Burgtheater mitnahm. Durch ihre Stiefmutter lernte Marie auch den Schriftsteller Franz Grillparzer kennen (siehe: Grillparzerstraße).

Marie wurde von Gouvernanten und anderen Hauslehrern erzogen und erlernte mehrere Sprachen. Auch bekam sie bereits im Alter von elf Jahren die Aufgabe übertragen, den Büchernachlass ihrer verstorbenen Großmutter in die Bibliothek auf Schloss Zdislawitz einzuarbeiten.

1848, im Alter von achtzehn Jahren, heiratete sie ihren fünfzehn Jahre älteren Cousin Moritz von Ebner-Eschenbach, einen Physiker, Professor an der Ingenieur-Akademie in Wien, später Feldmarschalleutnant und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Das Paar hatte keine Kinder und wohnte zwischen 1848-1850 in Wien, dann bis 1856 in Klosterbruck bei Znaim, danach in Wien und Zdislawic. Moritz von Ebner-Eschenbach soll seine Frau stets in ihrer schriftstellerischen Entwicklung unterstützt haben.

1879 machte Marie von Ebner-Eschenbach, die leidenschaftlich Uhren sammelte, eine Uhrmacher-Ausbildung. Damals ungewöhnlich für Frauen. 1900 wurde sie in die Zunft der Wiener Uhrmacher aufgenommen und 1908 sogar „Fahnenmutter“ der Innung. Ihr Faible für Uhren verarbeitete sie auch in ihrer bekannten Erzählung „Lotti, die Uhrmacherin.“

Später wandte sie sich dann ganz der Literatur zu und schrieb über zwanzig Jahre lang Dramen. Doch als Dramatikerin hatte Marie von Ebner-Eschenbach wenig Erfolg. So wandte sie sich schließlich der Prosa zu.

0586 Marie Von Ebner Eschenbach
Sonderbriefmarke 1980 zum 150. Geburtstag von Marie von Ebner-Eschenbach; Quelle: Deutsche Bundespost, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Franz Grillparzer hatte sie sowohl in ihren Bemühungen als Dramatikerin als auch als Schriftstellerin ermutigt. Marie von Ebner-Eschenbach schreibt darüber: „ (…) Ich habe Grillparzer, den ich erst vor kurzem persönlich kennengelernt hatte, gefragt: ‚Herr Hofrat, darf ich Ihnen ein Theaterstück, das ich geschrieben habe, vorlesen?‘ Ob er ein Zeichen des Unwillens gegeben, ob er mich nur erstaunt angesehen hat, weiß ich nicht mehr. Aber die Erlaubnis, vorzulesen, erhielt ich und erschien denn auch schon am folgenden Tage mit meinem Manuskript. Und nun, nicht um einen Hauch weniger deutlich als damals, sehe ich ihn vor mir am Schreibtisch sitzen, klein und schmal in seinem alten Lehnsessel, mit dem Rücken gegen das Fenster. In seinem ehrwürdigen Gesicht alle Zeichen überstandener Leiden, einer schmerzvollen Ergebung. Mit ein paar gütigen Worten hatte er mich ermutigt anzufangen, und ich las und las und wagte kein einziges Mal, ihn fragend anzusehen. Er hatte ein blaues Taschentuch in seinen feinen, schlanken Händen, mit dem er sich fortwährend beschäftigte, das er auf den Schoß legte, entfaltete, zusammenknüllte, wieder entfaltete. Und gerade nur bis zu diesem Taschentuch erhoben sich manchmal meine Augen. Aber mein Herz schwoll vor Entzücken, wenn er von Zeit zu Zeit ‚gut‘ oder sogar ‚sehr gut‘ sagte. Mehr als einmal fragte ich, ob ich ihn nicht ermüde und aufhören solle. Nein, er wollte das Ganze hören. Am Schluß schlug er einige geringe Veränderungen vor, fällte aber ein Urteil über die Arbeit nicht. Mit sehr gemischten Gefühlen trat ich den Heimweg an. Sehr bald aber gab es keine Mischung mehr. Die Reue über das Wagnis, das ich unternommen hatte, stellte sich nicht langsam ein, sie kam plötzlich, stürzte über mich her wie ein wildes Tier über einen träumend Dahinwandelnden. Grillparzer hatte mein Stück gewiß miserabel gefunden, und es ist ja miserabel. Wie konnte ich darüber in Zweifel sein? ... Ich weiß, daß ich jeden Bettler, dem ich begegnete, um sein gutes Bewußtsein beneidete. Ihm wäre es doch nicht eingefallen, dem größten jetzt lebenden Dichter ein selbstverfaßtes Drama vorzulesen. (…) Nie mehr ist es mir eingefallen, seine Teilnahme für eine meiner Arbeiten anzurufen, und er wußte, daß es aus Ehrfurcht und Schonung geschah. (…) In seiner Güte fühlte er sich von Zeit zu Zeit bewogen, mich zu fragen, was ich denn jetzt arbeite, gab sich aber stets mit einer ausweichenden Antwort zufrieden. Ich erinnere mich, ihm einmal erwidert zu haben: ‚Weiß nicht, weiß selbst nicht, vielleicht eine Novelle. Einige meiner Freunde behaupten, ich hätte mehr Talent zur Novelle als zum Drama.‘ Er lächelte. (…)

Zwei Dinge hatte ich bei ihm nie gesehen. Nie die Spur eines Stäubchens und nie eine Zeitung; vielleicht liest er gar keine und weiß nichts von den Strafpredigten, die mir gehalten worden sind. So faßte ich Mut und stieg eines Vormittags die vier Treppen des lieben Hauses Nummer 1097 in der Spiegelgasse, wie immer mit einigem Herzklopfen, empor. Bald darauf gehörte ich zu den Glücklichen der Erde, denn Grillparzer begrüßte mich mit den Worten: ‚Sie sind's. Nun endlich. Ich hätt Ihnen gern schon lange gesagt, daß sich niemand in ganz Wien über den Erfolg von Ihrem Doktor Ritter so gefreut hat wie ich.‘ Ich hätte ihm am liebsten die Hand geküßt, wagte es nicht, kam in Verlegenheit und brachte nur kleinlaut: ‚Ach, Herr Hofrat, aber die Kritik!‘ hervor. Das war albern und heuchlerisch, denn in diesem Augenblick lag mir wirklich nichts an der Kritik. ‚So? hab nichts gelesen.‘ Ein Achselzucken, eine wegwerfende Handbewegung. Machen Sie sich nichts daraus, sagte er nicht, er wußte zu gut, daß man sich was draus macht (…).“ 1)

Mit ihren Erzählungen hatte die inzwischen 40-jährige Marie von Ebner -Eschenbach Erfolg. „Die Ebner-Eschenbach ist sicherlich keine Revolutionärin, aber in ihrer Beschreibung von Lieblosigkeit, Dummheit, Gedankenlosigkeit, Arroganz und Unbildung, auch von Güte, Verzicht, von Liebesfähigkeit und Glück, besitzt sie eine solch kritische Radikalität, daß die LeserInnen ihrer Werke in ungewöhnliche Spannung versetzt werden. In der Schilderung menschlicher Stärken und Schwächen macht sie nicht halt vor Adel und Klerus, bürgerlichen und bäuerlichen Schichten, sondern zeigt, erfüllt von liberalem Geist, die Brüchigkeit der ständischen Gesellschaft,“ 2) heißt es bei Susanne Gretter und Luise Pusch in ihrem Buch „Berühmte Frauen 2“.

1879/80 erschienen Ebner-Eschenbachs „Aphorismen“; es folgten Sprüche, Parabeln, Märchen, Erzählungen, Novellen und 1887 ihr bekanntester Roman „Das Gemeindekind“, in dem es um soziale Probleme geht.

Nachdem 1898 ihr Ehemann verstarb, unternahm Marie von Ebner-Eschenbach noch mehrere Reisen, die sie nach Italien führten. 1906 veröffentlichte sie ihre Erinnerungen „Meine Kinderjahre“.