Elisabeth-von-Thadden-Kehre
Bergedorf, seit 1987, benannt nach Elisabeth von Thadden (29.7.1890 Mohrungen /Ostpreußen – 8.9.1944 hingerichtet), Gegnerin des Nationalsozialismus. Motivgruppe: Verdiente Frauen
Siehe auch: Anna-von-Gierke-Ring, Helene-Lange-Straße
Elisabeth von Thadden war die Tochter von Ehrengard von Gerlach, die mit dem Gutsbesitzer Dr. jur. Adolf von Thadden, Königlich preußischer Landrat des Kreises Freifenberg, Mitglied des pommerschen Provinz-Landtags sowie Vorsitzender des Verbands pommerscher Landkreise, verheiratet war.
1905 zog die Familie auf das Gut Trieglaff in Pommern. Als die Mutter starb, war Elisabeth 20 Jahre alt. Sie führte nun den Gutshaushalt und erzog die jüngeren Geschwister. „Beflügelt von den Ideen der Helene Lange [siehe: Helene-Lange-Straße], wußte sie, daß ihr mehr zukam, als die Enge des bürgerlichen Frauendaseins.“ 1) Nachdem der Vater 1920 eine zweite Ehe eingegangen war, ergriff Elisabeth von Thadden den Erzieherinnenberuf und machte bei Anna von Gierke (siehe: Anna-von-Gierke-Ring) das Jugendleiterinnenexamen. Danach arbeitete sie im Jugendlager Heuberg auf der Schwäbischen Alb und in der Schlossschule Salem. „Geprägt von christlicher Ethik und den pädagogischen Vorstellungen Kurt Hahns, gründete sie 1927 ein Internat für Mädchen in der Nähe von Heidelberg. Das Heim gewinnt Anerkennung, die Unternehmung ist erfolgreich. Elisabeth von Thaddens pädagogische Prinzipien ‚Verantwortlichkeit‘, ‚Vertrauen‘ und ‚Gemeinschaft‘ machten sie zunächst für nationalsozialistische Ideen empfänglich (…). Erste Konflikte treten auf, als sie von einer Schülerin wegen ‚mangelnder Erziehung im neuen Sinne‘ denunziert wird.“ 1)
1941 nahmen ihr die nationalsozialistischen Machthaber die Heimleitung. Elisabeth von Thadden arbeitete nun beim Roten Kreuz und musste dort erleben, dass auf Hitlers Befehl hin Briefe von deutschen, sich in Russland befindenden Kriegsgefangenen vernichtet wurden.
1943 arbeitete Elisabeth von Thadden in verschiedenen Soldatenheimen in Frankreich.
Elisabeth von Thadden gehörte den christlich-konservativen Kreisen Berlins an. Als sie am 10. September 1943 Mitglieder dieser Kreise zu einer Teegesellschaft lud, war auch ein junger Mann dabei, den ihr eine Freundin aus der Schweiz ans Herz gelegt hatte, weil er schlechte Erfahrungen mit dem NS-Regime gemacht hatte. Es stellte sich jedoch später heraus, dass er ein Spitzel war, der die bei der Teegesellschaft geführten Gespräche an die Gestapo weitergeleitet hatte. Daraufhin wurden alle Gäste in der Folgezeit verhaftet. Elisabeth von Thadden wurde am 1. Juli 1944 vom Volksgerichtshof wegen „Wehrkraftzersetzung und Hochverrats“ zum Tode verurteilt und enthauptet.
1986 wurden die Namen Lilo Gloeden, Marie Terwiel, Gertrud Seele und Elisabeth von Thadden für die Benennung von Straßen vorgeschlagen. Das Staatsarchiv Hamburg nahm dazu Stellung: „Die vier für Straßenbenennungen vorgeschlagenen Frauen (...) waren während des Dritten Reiches oppositionellen Kreisen in Berlin zuzurechnen, unterstützten zum Teil Verfolgte und wurden vom Volksgerichtshof bzw. Reichsgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dem Bezirksamt Bergedorf wurde im Rahmen einer Vorabstimmung mitgeteilt, dass bisher Personen, nach denen Straßen benannt wurden, entweder eine Beziehung zu Hamburg oder überörtliche Bedeutung hatten. Letzteres mag bei den hier vorliegenden Namen auch eine Frage der politischen Wertung sein, die die Bezirksversammlung mit ihren Vorschlägen getroffen hat.“