Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Erlerring

Wilhelmsburg (1975): Fritz Erler (14.7.1913 Berlin – 22.2.1967 Pforzheim), Verwaltungsbeamter bei der Berliner Stadtverwaltung, Bundestagsabgeordneter, Fraktionsvorsitzender der SPD. Mitbenennung auch nach seiner Ehefrau (2021).
Neuer Text: nach Käthe Erler, geb. Wiegand (1912-2006), sozialdemokratische Kommunalpolitikerin in Pforzheim, und ihrem Ehemann Fritz Erler (1913-1967), sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender.


Eine Eingabe an die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vom 11.10.2018 zur Mitbenennung des Erlerrings auch nach dessen Ehefrau, der Kommunalpolitikerin Käthe Erler, führte im August 2021 zur entsprechenden Mitbenennung. (siehe: Amtlicher Anzeiger vom 24.8.2021)

Käthe Wiegand (22.10.1912 Berlin – 3.10.2006 Kronach) gehörte in ihrer Jugend in Berlin der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an und trat 1931 der SPD bei.

Auch Fritz Erler, der nach dem Abitur in der Berliner Stadtverwaltung als Beamter arbeitete, war als Jugendlicher der SAP (ab 1928) beigetreten. Ab 1931 leitete er den Bezirk Prenzlauer Berg der SAP.
Fritz Erler stammte aus einer Arbeiterfamilie, die am Prenzlauer Berg lebte. Sein Vater war Friseur und Mitglied der SPD, seine Mutter gehörte ebenfalls der SPD an.

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1965: Fritz Erler links neben Willy Brandt, daneben US-Verteidigungsminister Robert McNamara (rechts); Quelle: Frank Hall, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Ebenso wie seine Eltern und auch wie Käthe Wiegand wurde Fritz Erler Mitglied der SPD. „Er schloss sich der oppositionell zum SPD-Vorstand stehenden Gruppe ‚Neu Beginnen‘ an. Im April 1933 in der Frühzeit des Nationalsozialismus nach politischen Differenzen aus der SPD und der SAJ ausgeschlossen, arbeitete er illegal bis zu seiner Verhaftung 1938 für diese Gruppe.“ 1)

Auch Käthe Wiegand trat gegen den Nationalsozialismus auf.

Käthe Wiegand und Fritz lernten sich in der Berliner Stadtverwaltung kennen- und lieben. 1938 heiratete das Paar. Doch bereits wenige Monate nach der Hochzeit wurde Fritz Erler aus dem Staatsdienst entlassen und verhaftet und nach einjähriger Untersuchungshaft zu zehn Jahren Zuchthaus und Zwangsarbeit wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt. „Diese Strafe verbüßte Erler (…) im Emslandlager Aschendorfermoor (ab Januar 1940), im Strafgefangenenlager Rodgau-Dieburg im Stammlager I in Dieburg (ab Dezember 1940) und im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden (ab Frühjahr 1941). Er konnte bei einem der berüchtigten ‚Todesmärsche‘ in Richtung KZ Dachau fliehen und sich die letzten Kriegswochen in Süddeutschland versteckt halten.“1)

Durch die Gefangenschaft ihres Mannes wurde Käthe Erler gesellschaftlich isoliert. „‘Es wurde ziemlich einsam um sie in einem Staat, der sie feindlich betrachtete‘, hat später ein Wegbegleiter vermerkt.“ 2) Hinzu kam, dass Käthe Erler mit der Heirat ihren Beruf aufgeben musste, das verlangte das Gesetz zum „Doppelverdienertum“. Danach hatten erwerbstätige Behördenangestellte und Beamtinnen aus dem Erwerbsarbeitsleben auszuscheiden, sobald sie einen „Ernährer“ heirateten.

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war Fritz Erler von 1945 bis 1946 Landrat in Biberach. „Von Juli 1947 bis Juni 1949 bekleidete er (…) das gleiche Amt in Tuttlingen.“1) Von 1949 bis zu seinem Tode fungierte er als Bundestagsabgeordneter. „Bekannt wurde er dort in den Debatten durch seine scharfen Beiträge zur jüngsten deutschen Vergangenheit. Den angeblichen Mitläufern des Nationalsozialismus, die sich nun um politische Führungspositionen bemühten, empfahl er: „Wer mitläuft, kann nicht führen.“ Im Bundestag war er vor allem mit verteidigungspolitischen Fragen beschäftigt und leitete den entsprechenden Fraktionsarbeitskreis von 1953 bis zu seinem Amtsantritt als Fraktionsvorsitzender. (…) Seit 1957 war Erler stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Nach dem Tod Erich Ollenhauers am 14. Dezember 1963 wurde er am 3. März 1964 zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion und somit zum Oppositionsführer gegen Bundeskanzler Ludwig Erhard gewählt.“ 1)

Seine politische Karriere machte es ihm oft nicht leicht und auch nicht möglich, seine Rolle als Ehemann und Vater zu erfüllen. Und so ist dann auch unter einem Familienbild, das in der Pforzheimer Zeitung am 19.10.2012 abgedruckt wurde, zu lesen: „Einen Spaziergang mit der gesamten Familie gab es höchstens mal am Wochenende, wenn der Politiker Fritz Erler etwas Zeit für die Ehefrau Käthe und die Kinder (…) hatte.“ Das Ehepaar Erler hatte zwei Söhne (geb. 1942) und eine Tochter (geb. 1946).

Aber nicht nur Fritz Erler war politisch aktiv. Auch seine Ehefrau engagierte sich. Zwei Jahre, bevor Fritz Erler 1965 an Leukämie erkrankte, wurde sie in den Gemeinderat gewählt. Fritz Erler verstarb 1967. Von 1966 bis 1987 war Käthe Erler Stadträtin in Pforzheim, wo die Familie seit 1954 lebte. „Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Gemeinderat, fortan wurde sie zur Stimmenkönigin bei den Wahlen, lag im Jugendwohlfahrts- und Sozialausschuss, im Schul-, im Krankenhaus- und Kulturausschuss. Ihr Rat und ihre Lebenserfahrung waren unter anderem der Manfred-Bader-Stiftung, der August-Kayser-Stiftung, der Ehe- und Familienberatungsstelle, der Nachbarschaftshilfe und Pro Familia, dem Frauen- und Müttertreff zugutegekommen. Und sie hat einen Babysitterdienst mit auf den Weg gebracht. Als Käthe Erler an ihrem 75. Geburtstag vom damaligen Oberbürgermeister Joachim Becker das Bundesverdienstkreuz überreicht wurde, betonte er, dass sie sich stets für den sogenannten kleinen Mann eingesetzt habe – für die Schwachen und die Jugend. Sie habe viel Not gelindert, ihre Arbeit sei dabei jedoch fast immer im Stillen geschehen.“ 3)