Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Gebrüder-Wolf-Platz

St. Pauli (2006): Gesangsgruppe, erhielt 1933 Berufsverbot wegen ihrer jüdischen Herkunft
Leopold Wolf (1869-1936); James Wolf (2.12.1870 Hamburg – deportiert 1942 ins KZ Theresienstadt, dort tot am 3.1.1943); Pauline Wolf, geb. Isaac, (27.3.1867 Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, Todesdatum 3.3.1944) Stolperstein in Bismarckstraße 11.


„James Wolf wurde am 2. Dezember 1870 in Hamburg geboren; er war das elfte Kind von Isaac Joseph Isaac und Pauline Levin. Als sich um die Mitte der neunziger Jahre die Brüder Ludwig, Leopold und James zu einem ‚Humoristischen Gesangsterzett - Wolf-Trio‘ zusammentaten, war James mit dabei. Er verließ die Gruppe 1906. Wahrscheinlich wollte er nicht mehr tingeln. Sesshaft war er wohl schon durch die Heirat mit seiner Cousine Pauline Isaac geworden. Sie heirateten im Jahre 1899. Die Ehe blieb kinderlos. Das Adreßbuch von 1907 nennt ihn als James Wolf in der Bismarckstraße 11. Unter dieser Adresse hat James eine Zeitungshandlung gehabt. Das Hamburger Adreßbuch weist aus, dass er sie von J. F. N. Werdier, Zeitungsexpedition, übernommen hat. Dort hat er bis 1937 gelebt und gearbeitet. In diesem schrecklichen Jahr hat er seinen Laden verloren, weil die Nationalsozialisten diesen wahrscheinlich einem ‚Arier‘ zugedacht hatten. Auch die damit verbundene Wohnung musste er verlassen. Zu dieser Zeit war er 68 Jahre alt. Es könnte natürlich auch sein, dass er sich ‚zur Ruhe‘ setzen wollte.

Er zog in ein Haus am Lehmweg 9, in dem außer ihm noch weitere Familienangehörige und andere Juden wohnten. Helene Löwenthal, seine Schwester, hatte nach dem Tod ihres Mannes vorübergehend noch in der Schäferkampsallee gewohnt. 1939 musste auch sie weichen und zog zum Lehmweg 9. Als James und seine Frau am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden, hatte man sie mit vielen weiteren Juden in die Wohlersallee 58 eingewiesen. Dies war eines der ‚Judenhäuser‘, in denen sehr viele Menschen zusammengedrängt wurden, bevor sie am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt verschleppt wurden. In Theresienstadt ist James am 3. Januar 1943 gestorben.

Eine bemerkenswerte Feststellung ist, dass James bereits 1907 mit dem Familiennamen Wolf im Hamburger Adreßbuch eingetragen war. Die offizielle Umschreibung von Isaac auf Wolf ist auch bei ihm nachweislich erst am 31.3.1924 erfolgt. Auch Ludwig (1921) und Leopold (1922) sind bereits vor 1924 mit dem Familiennamen Wolf eingetragen gewesen. Dass James offenbar als erster den Familiennamen Wolf ‚offiziell‘ geführt hat, lässt Johann-Hinrich Möller zu der Vermutung kommen, dass er den Namen seines Schwiegervaters, Wolf Isaac, geboren 1839, Musicus, übernommen hat. In diesem Zusammenhang ist Paulines Urkunde aus dem Zivilstandsamt A 29 No 11668 interessant: Auszug aus Staatsarchiv Hamburg, Zivilstandsamt A 29 (Filmarchiv S 3108, Aufnahmedatum Aug. 1964) ‚No 11668 Eingetragen den vierten April 1867 Ein Mädchen, Vornamen: Pauline ehelich geboren den siebenundzwanzigsten März 1867 um 2 ½ Uhr Nachmittags Ort der Geburt: Hamburg, Neustraße No 7 Vater: Wolf Isaac, dessen Geburtsort/Heimatberechtigung: Hamburg Proclamations-Protokoll 1866 No. 766, Alter 28 Jahre; Gewerbe: Musiker. Mutter: Henriette geborene Epstein, deren Geburtsort: Gehaus, Heimatberechtigung/Wohnort wie oben. Alter: 24 Jahre, Gewerbe: - Ort und Datum der Trauung derselben: hies. (Deutsch Isr. Gemeinde) d. 23 Mai 1866 Name des Geburtshelfers oder der Hebamme: Dr. de la Camp und Frau Levien angezeigt durch den Vater. An Documenten sind beigebracht: Ehebescheinigung. Die Richtigkeit obiger Anzeigen, so weit solche nicht schon durch Documente attestiert ist, wird durch Unterschrift an Eidesstatt bescheinigt. gez. Wolf Isaac, gez. Brümmer. Bemerkungen: Hamburg, 22. April 1924.

Nach dem Senatsbescheid vom 31. März 1924 hat das nebengenannte Kind fernerhin statt des Familiennamens Isaac den Familiennamen Wolf zu führen.

Der Aufsichtsbeamte für Personenstandswesen. gez. N.N.

Die nebengenannte Pauline Isaac, spätere Wolf, jetzt verheiratete Wolf, hat laut schriftlicher Anzeige vom 12. Dez. 1938 zusätzlich den Vornamen ‚Sara‘ angenommen. Hamburg, den 15. Dez. 1938 gez. N.N.

H. gest. am 3.3.1944 in Theresienstadt (s. St.A. Arolsen I, No 319/1959.‘

Aufschlussreich dürfte dabei insbesondere die zweite Eintragung sein: ‚Die nebengenannte Pauline Isaac, spätere Wolf, jetzt verheiratete Wolf, hat laut schriftlicher Anzeige vom 12. Dez. 1938 zusätzlich den Vornamen ‚Sara‘ angenommen‘. Demnach hat Pauline bereits vor ihrer Heirat mit James schon den Namen Wolf geführt.

James war von kleiner Statur. Er war außerordentlich kräftig. Wenn die teilweise recht behäbigen Zeitungsfrauen kamen, um die Zeitungen abzuholen, habe er manche von ihnen in die Höhe gehoben und auf die Ladenbank gesetzt. So sorgte er auf seine eigene Art dafür, dass Stimmung im Laden war. Wahrscheinlich fand die Hochzeit seiner Nichte Esther Edda mit Kurt Guderian in seiner Wohnung in der Bismarckstraße 11 statt, wo er auch seinen Laden hatte. James wurde als ein außerordentlich liebenswerter Mensch beschrieben. Gern und häufig habe er gesellig mit Geschwistern und Neffen an den Abenden beisammen gesessen und einen zünftigen Skat gespielt.

James war mit seiner fast vier Jahre älteren Cousine Pauline, nämlich der Tochter von Wolf Isaac und dessen Frau Henriette Epstein, verheiratet. Wolf und James Vater (Isaac Joseph Isaac) waren Brüder. Pauline wurde am 27. März 1867 geboren. Sie wurde in der Familie jedoch allgemein Paula gerufen. Vielleicht hatte sie sich aber auch selber zu einer späteren Zeit für diesen Namen entschieden. Gemeinsam mit ihrem Mann wurde auch sie am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt verschleppt. Sie hat James um genau zwölf Monate überlebt, denn sie starb am 3. März 1944.“

Text: Dieter Guderian (†)