Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Gottschedstraße

Winterhude, seit 1910, nach Johannes Christoph Gottsched benannt.
Ergänzt 2001/2002 um die ebenso bedeutende Ehefrau Luise Adelgunde Gottsched, geb. Kulmus. Neuer Erläuterungstext: benannt nach dem Schriftstellerehepaar Luise Adelgunde Victoria Gottsched, geb. Kulmus (11.4.1713 Danzig – 26.6.1762 Leipzig), erste vollbeschäftigte Journalistin Deutschlands, und Prof. Johannes Christoph Gottsched (1700 - 1766), Literaturtheoretiker


Siehe auch: Lessingstraße, Hohenfelde (1863): Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781). Dichter, Schriftsteller.

„Nie mehr würde ich einen berühmten Mann heiraten“, soll die „Frau Professor Gottsched“ kurz vor ihrem Tod geäußert haben.

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Johannes Christoph Gottsched; Quelle: Maler Leonhard Schorer, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Den berühmten Literaturtheoretiker, Spracherzieher und geistigen Führer der Frühaufklärung, Johannes Christoph Gottsched, hatte die Tochter des königlich-polnischen Leibarztes Johann Georg Kulmus und seiner Frau Katharina Dororthea, geb. Schwenk bereits im Alter von siebzehn Jahren kennengelernt. Da war sie, die zwei Fremdsprachen beherrschte, schon schriftstellerisch tätig. Fünf Jahre später heiratete das Paar. „‚Verliebte Schwachheiten‘, wie sie es nannte, erwartete er von ihr allerdings vergeblich, und die lange Verlobungszeit erklärt sich vor allem daher, dass sie die Eheschließung solange es ging hinauszögerte. Als aber ihre Eltern gestorben waren, stimmte sie der Versorgungsehe mit dem 13 Jahre älteren Johann Christoph zu“,1) schreibt Luise Pusch.

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Luise Adelgunde Gottsched, geb. Kulmus; Quelle: Maler Elias Gottlob Haußmann, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Luise Gottsched wurde nun die „Gottschedin“ und zur „geschickten Freundin“ ihres Mannes, der in Leipzig eine Professur hatte und Herausgeber von „Die vernünftigen Tadlerinnen“, der ersten Wochenschrift für Frauen, war.

Das Ehepaar setzte sich für eine bessere Frauenbildung ein, was jedoch nicht implizierte, dass Herr Gottsched die berufliche Laufbahn seiner Frau wohlwollend unterstützte. Recht war es ihm zwar, dass seine Frau für ihn wissenschaftliche Hilfsarbeiten verrichtete – „Galeerenarbeit“ – wie sie diese Tätigkeiten einmal in einem Brief an ihre Freundin bezeichnete.

„Das Paar hatte keine Kinder, und so entwickelte [ Luise] Gottsched sich unter der Aufsicht ihres Gatten zum Inbegriff der gelehrten Frau der frühen Aufklärung. Auf Wunsch Johann Christophs lernte sie Latein und lauschte hinter der geöffneten Tür des Vorlesungssaals seinen Vorlesungen über Rhetorik und Dichtkunst. So präpariert, plagte sich Gottsched jahrzehntelang im Dienste der literarischen und wissenschaftlichen Projekte ihres Mannes, bis zu ihrem Tod im Jahre 1762 im Alter von nur 49 Jahren.“ 1)

Ihre selbstständigen Arbeiten wie das Übersetzen von Voltaire, Molière, J. Addison und A. Pope und ihre schriftstellerischen Arbeiten – sie veröffentlichte mit Erfolg Dramen und Lustspiele – waren dem Gatten wohl ein Dorn im Auge. So beschwerte sich Luise Gottsched in Briefen an ihre Freundin über seine Bevormundungen.

Besonders die Molière Übersetzungen hatten auch wesentlichen Einfluss auf Lessings (siehe: Lesingstraße) Minna von Barnhelm. Aber auch dieser Mann dankte dies nicht der Gotteschedin, sondern verriss die Lustspiele der großen Dichterin.

Luise Gottsched wurde Deutschlands erste vollberufliche Journalistin und schrieb viele Artikel in den unter dem Namen ihres Mannes herausgegebenen Zeitschriften. Allerdings waren nur wenige ihrer Artikel mit ihrem Namen gezeichnet. Die meisten erschienen unter seinem Namen, „als Teil der von ihm herausgegebenen Zeitschriften und literarischen Monumentalprojekte ‚Die deutsche Schaubühne‘ (1741-45) und ‚Die deutsche Sprachkunst‘ (1748). “ 1)

Nach dem Tod von Luise Gottsched brachte deren Freundin Dorothea von Runckel zwischen 1770 und 1771 Gottscheds Lieblingsdrama „Panthea“ und ihre Briefe heraus. „‚Nach 28jähriger Produktion literarischer Werke für die Projekte ihres Gatten, von denen die meisten ihm zugeschrieben wurden, war es Runckel, die endlich – unter dem Namen der Autorin – die Werke publizierte, die Gottsched schreiben wollte – ihre Tragödie und ihre Briefe‘ (Kord 1989:164).“ 2)

„Die neun Meilen entfernt wohnende, elf Jahre jüngere Runckel war für Gottsched während ihrer letzten zehn Jahre der Mittelpunkt ihres Lebens. Sie schickte ihr Liebesgedichte und ein Bild von sich (was sie Johann Christoph in der Verlobungszeit verweigert hatte), die ‚feurigste Umarmung‘ und ‚tausend Küsse‘. Sie schrieb von ‚ewiger Liebe‘ und war eifersüchtig auf andere Frauen in Runckels Leben.

Nach Gottscheds Tod heiratete Johann Christoph eine Neunzehnjährige und schrieb eine Biographie seiner ‚fleißigen Gehülfin‘, die für die nächsten 200 Jahre sein Bild von ihr in der Literaturgeschichte festschrieb. Erst mit der jüngeren feministischen Forschung (vor allem Goodman, Heuser und Kord) erfährt diese bedeutende Autorin und Gelehrte der Frühaufklärung späte Gerechtigkeit und die ihr gebührende Anerkennung“, so Luise Pusch in ihrer Biografie über Luise Gottsched, veröffentlicht in Luise Pusch` biographischer Datenbank www.fembio.org/