Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Lessingstraße

Hohenfelde (1863): Gotthold Ephraim Lessing (22.1.1729 Kamenz - 15.2.1781 Braunschweig). Dichter, Schriftsteller. Freimaurer.


Siehe auch: Eva-König-Bogen
Siehe auch: Ackermannstraße
Siehe auch: Reimarusstraße
Siehe auch: Unzerstraße
Siehe auch: Gottschedstraße
Siehe auch: Schubackstraße

Gotthold Ephraim Lessing war der Sohn von Justina Salome Lessing, geborene Feller und des Kamenzer Archidiakons Johann Gottfried Lessing.

Nach dem Besuch einer öffentlichen Lateinschule und der Fürstenschule St. Afra in Meißen begann Lessing 1746 an der

Universität Leipzig auf Wunsch seines Vaters ein Theologiestudium, brach dieses aber bald ab und wechselte 1748 das Studienfach; fortan studierte er Medizin, beschäftigte sich aber auch mit Literatur und Theater.

„Im November 1748 zog er nach einer überstandenen Krankheit in die brandenburgische Residenzstadt Berlin. Dort rezensierte er die Berlinerische Privilegierte Zeitung (die spätere Vossische Zeitung), wurde 1750 Mitarbeiter bei den Critischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit (…).

Ab 1751 konzentrierte sich Lessing weiter auf sein Studium (…). Als Medizinstudent verfolgte er ein Studium an der philosophischen Fakultät. (…).“ 1) 1752 promovierte er „zum Magister der Sieben Freien Künste (…).“ 2)
1758 gab Lessing in Berlin mit Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn die „Briefe, die neueste Literatur betreffend“ heraus. „1760 wurde Lessing zum Auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften gewählt. Von 1760 bis 1765 war er in Breslau als Sekretär beim General Tauentzien beschäftigt. 1765 kehrte er zurück nach Berlin. 1767 ging Lessing für drei Jahre als Dramaturg und Berater an das Hamburger Nationaltheater (…).“ 3)

Das Nationaltheater hatte seine Spielstätte im „Comödienhaus“ am Gänsemarkt und hieß „Entreprise“ und zwar deshalb, weil es privat finanziert war. Der Kaufmann Abel Seyler (1730-1800), zweiter Ehemann der im Comödienhaus engagierten Schauspielerin Sophie Friederike Hensel (1738-1789), hatte mit zwei weiteren Kaufleuten die Bühne gepachtet. Um die Idee eines deutschen Nationaltheaters zu verwirklichen, wurden der Schriftsteller Johann Friedrich Löwen (1727-1771) als Direktor und Gotthold Lessing als Dramaturg engagiert. Lessing hatte 1755 das bürgerliche Trauerspiel „Miss Sara Sampson“ geschrieben, welches der erste große Erfolg des deutschen Dramas war.

Ziel des Nationaltheaters war es, „‚eine Nationalbühne dem ganzen Volke zu verschaffen‘. Die Idee eines Nationaltheaters geht zurück auf die 1680 in Frankreich gegründete Comédie francaise. In Deutschland steht sie im Zusammenhang mit Bemühungen um ein Drama, das gegen das dominierende französische Vorbild ‚deutsche Eigenarten‘ und ‚deutsches Wesen‘ widerspiegeln soll.

Allerdings enthält das Programm des Hamburger Nationaltheaters nur einen geringen Anteil von Stücken neuerer deutscher Autoren (…), französische Dramatiker überwiegen auch hier. Immerhin wird Gotthold Ephraim Lessings ‚Minna von Barnhelm‘ mit 16 Aufführungen zum erfolgreichsten Stück der Bühne am Gänsemarkt.“ 4)
Für das Nationaltheater entwarf Lessing eine „Hamburgische Dramaturgie“. In der „Chronik Hamburg“ steht dazu: „In Form einer Theaterzeitschrift will Lessing ‚ein kritisches Register von allen aufzuführenden Stücken‘ bieten und ‚jeden Schritt, den die Kunst, sowohl des Dichters, als des Schauspielers, hier tun wird‘ kommentieren. (…)
Seine ursprüngliche Absicht einer kritischen Würdigung der aktuellen Theaterarbeit am Nationaltheater muss Lessing dabei jedoch schon bald ändern. Allein die Besprechung der ersten Aufführung erfordert sieben Hefte; die späteren Texte erscheinen mit erheblichen Verzögerungen, zeitweise werden gar keine neuen Hefte herausgebracht. Frühzeitig hat Lessing seine eigentliche Absicht aufgegeben, auch die Leistungen der Schauspieler in seine Reflexionen zur Schauspielkunst einzubeziehen.

Unter diesen Umständen entwickelt sich die ‚Hamburgische Dramaturgie‘ zu allgemeinen Urteilen über die Ästhetik des Dramas und zu einer Auseinandersetzung mit der aristotelischen Poetik.“5)

Als das Unternehmen Nationaltheater 1769 auf Grund interner Querelen und der Diskrepanz zwischen Anspruch und Realisierung scheiterte, führte Abel Seyler seine Gesellschaft zu einem Engagement nach Hannover, und Lessing nahm eine Berufung zum Bibliothekar an die Wolfenbütteler Bibliothek an.

Lessing und Frauen
In seinen Theaterstücken lässt Lessing etliche weibliche Figuren die gesellschaftlichen Verhältnisse scharf analysieren und kritisieren, wie die Gräfin Orsina aus dem bürgerlichen Trauerspiel „Emilia Galotti“, die als ehemalige Mätresse eines Prinzen bei Hofe als unbequeme „Philosophin“ gilt: „Wie kann ein Mann ein Ding [Mädchen, Frau] lieben, das, ihm zum Trotze, auch denken will? Ein Frauenzimmer, das denkt, ist ebenso ekel als ein Mann, der sich schminket. Lachen soll es, nichts als lachen, um immerdar den gestrengen Herrn der Schoepfung bei guter Laune zu erhalten.“ Oder die Frauen wehren sich entschieden gegen sinnlose Ehrbegriffe, wie Minna, Tochter aus wohlhabendem adligem Hause, in dem Lustspiel „Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück.“ Wie sich hier real gelebte Einstellungen und Beziehungen von Lessing zu Frauen widerspiegeln, lässt sich hier nicht abschließend ausführen. Die wichtigste Rolle spielte die Fabrikantenwitwe Eva König, geb. Hahn (1736-1778), (siehe: Eva-König-Bogen, und siehe dort auch die Beziehung zwischen Lessing und Eva Hahn) Geschäftsfrau und Mutter.

Die beiden hatten sich kennengelernt, als Eva König noch in erster Ehe mit dem Hamburger Seidenhändler Engelbert König verheiratet gewesen war, mit dem sie vier Kinder hatte. Das Paar führte ein gastfreundliches Haus, in das es regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, Dichter, Schauspielerinnen und Schauspieler einlud, so auch Lessing. Zwischen ihm und dem Hausherrn entwickelte sich eine enge Freundschaft. Als Engelbert König unerwartet im Alter von 41 Jahren während einer Geschäftsreise in Italien starb, kümmerte sich Lessing um Eva König. In geschäftlichen Angelegenheiten vermochte er ihr jedoch nicht zu helfen.

Eva König übernahm die Geschäfte ihres Mannes, reiste auf Messen, führte die Seiden- und Tapetenlager und leitete die Wiener Samt- und Tapetenmanufaktur ihres verstorbenen Mannes. Damit war sie eine der wenigen Manufakturbesitzerinnen des 18. Jahrhunderts.

Lessing und Eva König verliebten sich ineinander. 1771, als sie sich auf einer Rückreise von Wien nach Hamburg bei Lessing in Braunschweig aufhielt, machte er ihr einen Heiratsantrag. Doch weil beide in finanziell ungesicherten Verhältnissen lebten, lehnte sie zuerst einmal ab. Dennoch blieben sie weiterhin ein Liebespaar, doch sahen sie sich wegen der vielen Geschäfte, denen Eva König in Wien nachgehen musste, nur sehr selten. Den Kontakt zueinander hielten sie in erster Linie über Briefe. Am 10. August 1771 schrieb Eva König aus Hamburg an den in Wolfenbüttel weilenden Lessing: „Mein lieber Freund! (...) Machen Sie, daß Sie bald kommen, sonst kommt eine ganze Ladung Frauenzimmer, um Sie abzuholen. Ich denke, dies ist die härteste Drohung, die ich Ihnen machen kann. Denn eben lege ich Ihre Sinngedichte aus den Händen, und bin in meiner längst gehegten Meinung – Sie seyen ein Erzweiberfeind, nun völlig bestärket. Ist es aber nicht recht gottlos, daß Sie uns bei allen Gelegenheiten so herunter machen! Sie müssen an verzweifelt böse Weiber gerathen sein. Ist dieses, so verzeihe ich Ihnen, sonst aber müssen Sie wahrhaftig! für alle die Bosheit, so Sie an uns ausüben, noch gestrafet werden. Das Mädchen, das Sie sich wünschen, sollen Sie wenigstens nie finden. Aber nun im Ernste. Wenn kommen Sie denn? Sie müssen es mir wirklich schreiben. Ich verspreche Ihnen nicht entgegen zu kommen, wenn Sie es nicht haben wollen, und es auch keinem Menschen zu sagen. Ich wollte es nur wissen, um mich auf den gewissen Tag recht freuen zu können – Ob Sie bei mir logiren wollen, stelle ich in Ihren Willen. Sie können Ursache haben, warum Sie es nicht tun wollen. Ich habe keine, die mich abhält, es zu wünschen. (...) Leben Sie recht wohl! Ich bin Dero aufrichtigste Freundin E. C. König.“

Die Historikerin Eva Horvath charakterisierte den Briefwechsel zwischen Lessing und Eva König in ihrem Aufsatz über die drei Frauen Meta Klopstock (1728–1758) [siehe: Klopstockstraße], Eva König und Elise Reimarus (siehe: Reimarusstraße), die sie in Beziehung zueinander setzte: „Hinter dem scheinbar sachlichen, fast nüchternen und gefassten Ton der Briefe verbergen sich unermessliche Sehnsucht, Liebe und gegenseitiger Respekt. Unverborgen ist dagegen die fast den ganzen Briefwechsel beherrschende gegenseitige Sorge wegen der häufig angegriffenen Gesundheit der Partner. Bedrückend sind die Berichte über die verschiedenen Unternehmungen, um die finanziellen Sorgen zu lösen. In den gewandt formulierten Briefen Evas widerspiegeln sich die Gedanken einer reifen, verantwortungsbewussten und an praktischen Dingen orientierten Frau. Ihr ist die Schwärmerei der Meta Moller [verh. Klopstock] völlig fremd. Güte, Wärme und Zurückhaltung bestimmen ihren Charakter. Trotzdem kommt in den spärlichen Worten ihre Zuneigung und Liebe Lessing gegenüber stets zum Ausdruck.“6)

Lessing hielt das Getrenntsein nicht aus. Er verfiel immer mehr in seine schon lange währende Melancholie, bekam Schreibblockaden und ging noch lustloser seiner Arbeit als Bibliothekar in Wolfenbüttel nach. 1775 setzte er sich kurzentschlossen in eine Postkutsche und reiste zu Eva König nach Wien. Ein Jahr später heirateten sie endlich. Die Hochzeit fand in York im Haus ihres Freundes Johann Schuback (1732–1817) (siehe: Schubackstraße) statt. Danach zog das Paar mit Eva Königs Kindern aus erster Ehe nach Wolfenbüttel, wo es eine glückliche Ehe führte, die durch den Tod Eva Königs jäh beendet wurde.

Nach dem Tod seiner Frau schrieb Lessing aus Wolfenbüttel an die in der Hamburger Fuhlentwiete 122 wohnende Elise Reimarus (1735–1805) (siehe: Reimarusstraße): „Ich muß ein einziges Jahr, das ich mit einer vernünftigen Frau gelebt habe, theuer bezahlen (...). Wie oft möchte ich es verwünschen, daß ich auch einmal so glücklich seyn wollen, als andere Menschen!“ 7) Eva König, mit der Lessing knapp eineinhalb Jahre verheiratet war, starb am 10.1.1778 im Kindbett, nachdem ihr neugeborenes Kind bereits einige Tage zuvor verstorben war.

Nach ihrem Tod wandelte der verzweifelte Witwer das Sterbezimmer seiner Frau zu seinem Arbeitszimmer um, in dem er u. a. den Streit mit dem Hamburger Hauptpastor Goeze führte und sein Theaterstück „Nathan der Weise“ schrieb. 1) Lessing kümmerte sich um die Erziehung der vier Kinder aus erster Ehe von Eva König. Er sorgte dafür, dass der Älteste, dessen Wunsch entsprechend, Soldat wurde. Der jüngere Bruder, beim Tod seiner Mutter erst zwölf Jahre alt, „galt als ein unbändiger, leicht erregbarer Knabe, den Lessing deshalb zu dem Wolfenbütteler Kantor Justinus Matthäus Stegemann in Pension gab. Unter seiner eigenen Obhut behielt er die siebzehnjährige Stieftochter Amalia und den zehnjährigen Fritz, sein Patenkind. (…).“ 8)

Amalie, im Familienkreis Malchen genannt, musste den Rollenvorstellungen der Zeit entsprechend mit Hilfe Lessings und des Personals den Haushalt führen. Eine junge Frau, oftmals ein Mündel, die im Haushalt arbeitet, und ein älterer Mann als Haushaltsvorstand: Das war eine für junge Frauen oftmals gefährliche Konstellation. So erzählen Theaterstücke, Opernintermezzi und andere Unterhaltungsliteraturen von sexuellen Übergriffen, wenn auch meist im harmonisierenden Gewand. Auch Lessing und seine Stieftochter wurden vor diesem realen häuslichen Konfliktfeld beurteilt: „Da der Witwer allein mit den Kindern wohnte, machte bald das Gerücht die Runde, daß er in seine Stieftochter verliebt sei und wohl demnächst heiraten würde. Als Lessing dies in Hamburg erfuhr, wo er sich ein paar Mal nach dem Tode seiner Frau aufhielt, war er empört und schrieb seiner Freundin Elise Reimarus einen so geharnischten und verärgerten Brief, daß diese sich beeilte, sich schleunigst bei ihm zu entschuldigen.

Die inzwischen zwanzigjährige Amalia vertrat die Stelle der Mutter mit großer Selbstverständlichkeit. Lessings wenige erhaltene Briefe an sie zeigen das herzliche Verhältnis zwischen beiden. In ihr hatte Lessing immer das verlorene Glück seines Lebens vor Augen. Doch Lessing war krank. (…) Er starb am 15. Februar 1781. Sein Tod war für Eva Lessings Kinder ein schreckliches Ereignis (…).“ 9)

Eine weitere schriftstellerisch tätige Person aus der Lessing-Familie war Karoline Lessing, geb. Meitzen (28.6.1779 Breslau – 1.10.1834 Altona), die Ehefrau eines Neffen von Lessing. „Ein Muster edler Weiblichkeit im Leben wie in ihrem Schaffen war die Gattin des Neffen unseres grossen Lessing Karoline Lessing (…), die Tochter des Stallmeisters Meitzen, seit 1799 mit dem Justizkommissär Lessing in Breslau vermählt. Ihr Hang zur Einsamkeit regte ihre Phantasie an, so dass sie bereits im Alter von 13 Jahren zu dichten begann; sie vertraute ihre kleinen Dichtungen ihrem Stiefvater an, dem wissenschaftlich gebildeten Kriegsrate Hempel, der sie zu weitern Versuchen ermunterte. Nach ihrer Vermählung setzte sie ihre poetische Tätigkeit mit Zustimmung ihres sonst der Frauenschriftstellerei abholden Gatten fort, ohne die Pflichten der Hausfrau und Mutter irgendwie zu verabsäumen. Als sie den Gemahl durch den Tod verloren, zog sie zuerst nach Schweidnitz, von da nach Lübeck und zuletzt wieder nach Breslau zurück. Bei einem Besuche ihrer Tochter in Altona wurde sie von der Cholera befallen und starb daselbst.“10)