Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Gustav-Seitz-Weg

Steilshoop (1972): Prof. Gustav Seitz (11.9.1906 Mannheim - 26.10.1969 Hamburg), Bildhauer


Gustav Seitz war der Sohn von Jakobine Seitz, geborene Lederer und des Stuckateurmeisters Johannes Seitz. 1) Gustav Seitz absolvierte eine Bildhauerlehre, besuchte danach die Landeskunstschule in Mannheim und dann die Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg.

„Ab 1933 arbeitete Gustav Seitz unter Hugo Lederer im Meisteratelier an der Preußischen Akademie der Künste. (…) Ihn interessieren vor allem naturgetreue Abbildungen von Menschen. In dieser Zeit entstanden Plastiken wie ‚Wäscherin‘, ein ‚Weiblicher Akt‘ oder ‚Pommersches Bauernmädchen‘. Zudem war er an mehreren kleinen Ausstellungen beteiligt und arbeitete als freischaffender Künstler. Ermöglicht habe ihm dies seine Frau, die Architektin Luise Zauleck.“ 2) Seitz war mit ihr seit 1937 verheiratet. Luise Zauleck (14.8.1910 Weidenau-11.10.1988 Hamburg) war die Tochter des Pfarrers Johannes Zauleck und eine Verwandte des Architekten Christian Zauleck. Zwischen 1931 und 1936 studierte sie Architektur an der TH Berlin. Danach war sie sowohl angestellt als auch selbstständig als Architektin in Berlin tätig. In Wikipedia heißt es über Luise Seitz-Zaulecks Wirken in dieser Zeit: "(...) ab 1938 [war sie] Mitglied der Abteilung Baukunst der Reichskulturkammer. Sie selbst arbeitete zunächst als freie Architektin. 1942 nahm sie jedoch einen Auftrag an, für Otto Rauter landwirtschaftliche Bauten zu planen. Dieser Auftrag kam somit vom Reichskommissar für die Erhaltung deutschen Volkstums im Osten. Während der Kriegszeit war sie mit anderen Architekten befreundet, die ebenfalls keine nationalsozialistische Ideologieverfolgten, jedoch – wie Seitz-Zauleck – opportunistisch Aufträge vom NS-Regime annahmen, beispielsweise Egon Eiermann oder Hans Scharoun." 3) Während des Zweiten Weltkrieges, so Joist Grolle, schloss sich Luise Seitz-Zauleck einer kommunistischen Widerstandsgruppe an."4)

Seitz trat nicht der NSDAP bei. Weder in der NSDAP-Zentralkartei noch in der NSDAP-Gaukartei des Berlin Document Center im Bundesarchiv findet sich eine auf Gustav Seitz ausgestellte Mitgliederkartei, sodass sich eine Parteimitgliedschaft darüber nicht nachweisen lässt. Seine Werke wurden in dieser Zeit noch gezeigt. Als der Zweite Weltkrieg begann, musste Seitz von 1940 bis 1945 als Soldat "dienen".

1945 kehrte er aus amerikanischer Gefangenschaft nach Berlin zurück. Atelier und Wohnung waren durch Bombenangriffe zerstört worden. Luise Seitz-Zauleck war nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 Dezernentin für Wohnungsplanung in Berlin geworden. „Die wichtigste Planung im Werk von Luise Seitz-Zauleck war der sogenannte Kollektivplan, der 1945 bis 1946 erstellt wurde. Luise Seitz-Zauleck war Teil der Kerngruppe des Planungskollektivs, welches den Plan erarbeitete und 1946 eine Ausstellung zum Thema Wiederaufbau im Berliner Stadtschloss zusammenstellte. Seitz-Zauleck war für die Fragen des Wohnungsbaus verantwortlich. Obwohl der Kollektivplan selbst keine verbindliche Planungsgrundlage war, wirkte er sich ideell jedoch noch die folgenden Jahrzehnte auf die Berliner Stadtentwicklung aus. Neben Ludmilla Herzenstein war mit Luise Seitz-Zauleck eine zweite Frau im Planungskollektiv vertreten, was zu jenem Zeitpunkt keinesfalls selbstverständlich war.“ 5)

Gustav Seitz wurde im „Juni 1946 (...) auf den Lehrstuhl für plastisches Gestalten an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg berufen. Er schafft das ‚Totenmal für Weißwasser‘ im Auftrag der Vereinigung ‚Opfer des Faschismus‘. Ein Jahr später wird er (…) er an die Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg berufen. Für Aufruhr sorgte Gustav Seitz 1949. Als er im ostdeutschen Weimar einen Nationalpreis entgegennimmt, erntet er Kritiken seitens der westdeutschen Presse. Ein Jahr später wird er aus der Hochschule für Bildende Kunst in Charlottenburg geworfen, weil er der von der DDR neugegründeten Deutschen Akademie der Künste beigetreten und in dem – ebenfalls von der DDR gegründeten – Verband bildender Künstler Deutschlands aufgenommen worden war. In dieser Zeit zieht Gustav Seitz nach Ostberlin in die Treskowstraße im Bezirk Pankow. (…)" 6) Joist Grolle schreibt in seinem Porträt über Gustav Seitz über diese Zeit in der DDR: "Seine Frau, die sich als Architektin anfänglich an der Ost-Berliner Aufbauplanung aktiv beteiligt hatte, trat 1950 aus Protest gegen das Konzept 'Stalin-Allee' aus der SED aus. Seitz selbst, der keiner Partei angehörte, hielt deutlich Distanz gegenüber dem offiziell propagierten 'Sozialistischen Realismus'. Als die Kampagne gegen den 'bürgerlichen Formalismus' immer rigoroser wurde und sich sogar gegen das Andenken Ernst Barlachs [siehe: Barlachstraße] richtete, meldete Seitz sich unerschrocken zu Wort und verteidigte öffentlich das künstlerische Erbe des in der NS-Zeit verfemten Bildhauers. (...) Abgesehen von einem 1956 erteilten Auftrag für ein Käthe-Kollwitz-Denkmal (...) [siehe: Kollwitzring] erhielt Seitz während seiner Ost-Berliner Jahre keine größeren öffentlichen Aufträge.7)

1958 zog das Ehepaar Seitz nach Hamburg und wohnte in die Oberstraße 83. Luise Seitz-Zauleck war hier anscheinend nicht mehr berufstätig. Über Seitzs Umzug in den Westen schreibt Joist Grolle: "Obwohl Seitz im Vorfeld vom West-Berliner Vorstand des Deutschen Künstlerbundes willkürlich als 'Kommunist' angeschwärzt worden war, setzte Kultursenator Hans Harder Biermann-Ratjen durch, dass Seitz 1958 einen Ruf an die Hochschule für bildende Künste am Lerchenfeld bekam (...)."8)

In Hamburg erhielt Gustav Seitz zahlreiche staatliche Aufträge für Plastiken, die im öffentlichen Raum Hamburgs aufgestellt wurden, so zum Beispiel "Die Lauschende" vor dem Staatsarchiv an der Kattunbleiche. Seitz bekam im Laufe der nächsten Jahre viele Auszeichnungen, auch über Hamburg hinaus.

Die Kunsthistorikerin Sigrun Paas schreibt über Seitz Werke und bezieht dabei Seitz’s Tuschfederzeichnung „Freundinnen“ (1956/57) mit ein: „Als Bildhauer, dem die Menschendarstellung wichtigster Inhalt war, hat Seitz in vielen kleinen Zeichnungen Bewegung und Ausdruck – hauptsächlich von Frauen – studiert, Männerakte traten erst später in sein Werk und finden sich in wesentlich geringerer Zahl dort. Seitz zeichnete nach Modellen, häufig aber auch aus dem Gedächtnis. Sein bevorzugter Frauentyp ist von üppigem Körper, hat schwere, an Muttergöttinnen erinnernde Brüste. Obgleich die Körper voluminös und kompakt sind, entbehren sie nicht einer meist naiven, aber fröhlichen Anmut. Körperliche Funktion und Ponderation der Massen werden mit schnellem Federstrich überlegt, die kalligraphische Linie neigt selten zum Unziemlichen. Selbst in erotischen Szenen, die hier zwei Frauen in lesbischer Aktion zeigen – als Thema der ‚Drei Grazien‘, ein aus der Antike überlieferter Vorwand zur Darstellung von mehreren Akten zugleich – wahrt der Künstler trotz unverhohlener Beobachtungsfreude an der intimen Situation der beiden Frauen ‚Distanz‘. Diese liegt in seiner vergleichsweise fast größeren Neugier am Minenspiel in ihren Gesichtern und in der Verallgemeinerung der individuellen Physiognomie.“ 9)