Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hermann-Niebuhr-Weg

Groß Flottbek (2011): Hermann Wilhelm Niebuhr (18.5.1867 Windbergen/Dithmarschen – 8.1.1966 Hamburg), erster Pastor in Groß Flottbek


Der Weg war vorher ein Teil vom Stockkamp.

Hermann Niebuhr kam als Sohn eines Bauern in Windbergen bei Meldorf zur Welt.1) Auf Initiative seines Volksschullehrers schickten ihn die Eltern auf die Meldorfer Gelehrtenschule, ein Gymnasium. Sein Abitur legte er in Kiel ab und studierte anschließend Theologie in Kiel, Tübingen und Berlin. Das Vikariat absolvierte er in Hademarschen bei Itzehoe und arbeitete zwei Monate lang als Hilfsgeistlicher in der Altonaer St.-Petri-Gemeinde. Die Zeit bis zum Antritt seiner ersten Pfarrstelle in Leck bei Flensburg im Jahr 1900 überbrückte er als Hauslehrer auf dem Gut Waldenau bei Schenefeld.

Ende 1908 wurde er zum ersten Pfarrer der neu gegründeten Kirchengemeinde Groß-Flottbek gewählt. Groß-Flottbek war zu der Zeit noch ein eigenständiges schleswig-holsteinisches Dorf und hatte bis 1907 kirchlich zu Nienstedten gehört. Dann beschloss die Gemeindevertretung die Trennung von der Muttergemeinde und richtete eine eigene Pfarrstelle ein. Als Erstes wurde der Friedhof am Stillen Weg angelegt, Kirche und Pastorat mussten noch gebaut werden. Vorübergehend stellte die damalige Musikschule in der Zeisestraße (heute Waitzstraße) einen Saal für die Gottesdienste zur Verfügung. 1911 war das Pfarrhaus fertig, im Jahr darauf die Kirche, für beides war ein Grundstück am Schäferkamp gefunden worden, mitten im Dorf.

Während des Ersten Weltkriegs betreute Hermann Niebuhr durch Briefe und Pakete auch die eingezogenen Soldaten seiner Gemeinde, reiste zudem 1915 an die belgische Front, um Verwundete aus Groß-Flottbek im Lazarett zu besuchen. Freundschaftlich verbunden war er mit dem Architekten Hans Gerson, (siehe: Gersonweg) der zusammen mit seinem Bruder Oskar seit 1907 ein Architekturbüro führte.2) Beide entwarfen Villen und Landhäuser für zahlreiche wohlhabende Hamburger Kaufleute, ab 1922 zudem Kontohäuser in der Hamburger Innenstadt wie den Thaliahof, das Ballinhaus (ab 1938 Messberghof genannt) und zusammen mit Fritz Höger (siehe zu ihm unter: Recha-Lübke-Damm) den Sprinkenhof. Hans Gerson stammte aus einer ursprünglich jüdischen Familie, hatte sich jedoch christlich taufen lassen. Als er überraschend 1931 starb, wünschte sich die Familie eine Urnenbeisetzung. Das stieß auf Unmut in der konservativen Groß-Flottbeker Gemeinde, welche die neuartigen Feuerbestattungen ablehnte. Hinzu kamen offen antisemitische Reaktionen.3) Hermann Niebuhr ließ sich davon nicht beirren und trug die Urne eigenhändig zum Grab auf dem Groß-Flottbeker Friedhof.4)

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 beherrschten so genannte Deutsche Christen den Groß-Flottbeker Kirchenvorstand. Dabei handelte es sich um eine durch völkisches Gedankengut geprägte Gruppierung des deutschen Protestantismus mit enger Verbindung zum Nationalsozialismus. Konflikte gab es beispielsweise, als die Evangelische Frauenhilfe Deutschland, für die sich Hermann Niebuhrs Frau Maria stark in der Gemeinde engagierte, im Zuge der Gleichschaltung in der NS-Volkswohlfahrt aufgehen sollte. Schließlich wurde Hermann Niebuhr – auch wegen des Engagements seiner Frau – zwangspensioniert. Am Pfingstsonntag 1934 hielt er seine Abschiedspredigt, blieb der Gemeinde jedoch bis zu seinem Tod 1966 verbunden.

Text: Frauke Steinhäuser