Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Heydornweg

Blankenese (1972): Wilhelm Heydorn (4.9.1873 Neustadt/Holstein - 27.12.1958 Hamburg), Pastor an St. Katharinen, Lehrer, freier Seelsorger.


Im Wikipedia-Eintrag zu Wilhelm Heydorn heißt es über ihn: „Wilhelm Heydorn war der Sohn des Kreisbaumeisters und späteren Geheimen Baurats Wilhelm Peter Carl Heydorn (1839–1910) und dessen Frau Elise Maria Antoinette, geb. Feldmann (1848–1927). Sein Vater gehörte der evangelisch-lutherischen Kirche an, seine Mutter war streng gläubige Katholikin und strebte für ihren Sohn die katholische geistliche Laufbahn an. Wilhelm Heydorn, das dritte der sieben Kinder des Ehepaares, wurde evangelisch getauft, ließ sich aber nicht konfirmieren, sondern trat im Alter von 15 Jahren zur katholischen Kirche über und erhielt im Januar 1891 die Kommunion.

Im Dezember 1890 verließ er die Schule und bereitete sich – dem Wunsch seines Vaters entsprechend – in Berlin auf die Laufbahn des Offiziers vor. Er trat im Januar 1891 in das Infanterie-Regiment ‚Herzog von Holstein‘ (Holsteinisches) Nr. 85 ein, besuchte die Kriegsschule in Anklam, nahm an mehreren Manövern in Schleswig-Holstein teil und wurde 1898 zum Oberleutnant befördert. Im Jahr 1894/1895 erkrankte er schwer und konnte sich, da er in seiner geänderten leichteren Verwendung nicht der Präsenzpflicht unterlag, auf die Abiturprüfung vorbereiten. die er im März 1897 in Kiel ablegte. Von 1898 bis 1901 besuchte er die Kriegsakademie in Berlin, eine anschließende Aufnahme in den Generalstab blieb ihm aber verwehrt. Er schied im Jahre 1902 aus gesundheitlichen Gründen als Halbinvalider aus der Armee aus und nahm, er war am 4. Januar 1900 in Horst erneut zur evangelischen Kirche übergetreten, an der Universität Kiel das Studium der evangelischen Theologie auf. Seine Ordination zum Pfarrer erfolgte am 29. Oktober 1905 in Schönkirchen/Holstein.“ 1)

Im Hamburg Lexikon heißt es über Wilhelm Heydorns weiteren Lebensweg: „Über theologische Ämter in Kiel, Breslau und Burg auf Fehmarn kam H. im April 1912 als Pastor im Pfarrbezirk der St. Katharinenkirche an den Stephan-Kampe-Saal der St. Annen-Gemeinde in Hammerbrook.“ 2) Damals war er seit 1909 verheiratet mit der zehn Jahre jüngeren Dagmar Huesmann (21.3.1883 Riga - 8.9.1982 Hamburg) aus Riga und hatte mit ihr einen 1910 geborenen Sohn. Im selben Jahr, als Heydorn Pastor in Hammerbrook wurde, gebar Dagmar Heydorn den zweiten Sohn. Zu den Aufgaben einer Pfarrersfrau, siehe unter: Thunstraße.

Heydorns „liberale Amtsführung, seine kirchenkritischen Veröffentlichungen (‚Die 1000 Thesen‘) und seine Sittlichkeit, Demut, Bildung und Freundschaft beschwörenden Predigten prägten sein charismatisches Auftreten. H. war aktives Mitglied im Deutschen Monistenbund, in dem er konfessionslosen Jugendunterricht erteilte, und Gründer der ersten Hamburger Bhai-Gemeinde. Weil H. Dogmen und rituelle Amtshandlungen ablehnte, wurde er 1920 suspendiert und ein Jahr später seines Kirchenamtes enthoben, woraufhin er aus der Amtskirche austrat. 1922 wurden ihm sein Titel, die Anstellungsfähigkeit als Pastor und sein Ruhegehalt aberkannt.“ 2)

Im Jahr seiner Suspendierung war der dritte Sohn 1920 geboren worden.

Heydorn studierte nach seiner Amtsenthebung an der Hamburger Universität Medizin und Altphilologie, arbeitete bis 1926 als Heilpraktiker; studierte dann noch auf Lehramt an Volksschulen und unterrichtete von 1928 bis 1933 als Hilfslehrer an der Hamburger Schule Telemannstraße und später als staatlich angestellter Hauslehrer für Kinder mit körperlicher Behinderung. Auch hielt er bis 1933 an Schulen freireligiöse Predigten.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Heydorn 1935 aus dem Schuldienst entlassen. Zuvor hatten die Nationalsozialisten 1933 die von Heydorn 1930 ins Leben gerufene „Menschheitspartei“ verboten.

Heydorn, der mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern in Blankenese wohnte und zusammen mit seiner Frau von 1934 bis 1939 die Pflegeelternschaft für Alexander Grothendieck, der später als Mathematiker bekannt werden sollte, übernommen hatte, arbeitete in der NS-Zeit als Nachhilfelehrer privat weiter.
„1939 wurde er wegen Abfassung und Verbreitung staatsfeindlicher Schriften verurteilt. 1945 gründete H. den ‚Menschheitsbund‘.“ 2).

Rainer Hering fasst den Lebensweg Heydorns wie folgt zusammen: „H. war ein nonkonformistischer Querdenker, der seinen Weg als Offizier, Pastor, Lehrer und Publizist zwischen unterschiedlichen religiösen wie weltanschaulichen Gruppierungen (Katholizismus, Protestantismus, Monismus, Baháíismus) ging und dabei eine kleine Gemeinde um sich versammelte. Waren seine sehr liberalen Ansichten als evangelischer Pastor für die Kollegen und die kirchenleitende Elite nicht mehr tragbar, so hat er doch vor allem in der ‚einfachen‘ Bevölkerung (Arbeiter, Landarbeiter) mit sehr großem Erfolg gewirkt und viele kirchenferne Personen der Kirche, so wie er sie verstand, nähergebracht. Im Mittelpunkt seines Wirkens stand der Mensch, unabhängig von allen Dogmen und festen Grundsätzen. Viele Züge seines Wirkens, u. a. die asketische Lebensführung als Vegetarier, Antialkoholiker und Nichtraucher, aber auch eine – trotz allem Sinn für praktische Tätigkeit – zu beobachtende politische Naivität, stellen ihn in den weiteren Kontext der vor allem im ersten Drittel des 20. Jh. verbreiteten Lebensreformbewegungen. – 1972 wurde in Hamburg-Blankenese ein Weg gegenüber seinem Grundstück nach H. benannt.“ 3)