Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Karczweg

Langenbek (1988): Karl Karcz (15.11.1881 Czersk (Westpreußen) – von SA-Leuten schwer verletzt, am 10.4.1933 gestorben); Gipsputzer aus Harburg. Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.


Stolperstein: Bornemannstraße 8.

Der Metallarbeiter Karl Karcz heiratete Helene Buchholz, geb. am 12.9.1878 in Gönne, Kreis Neustettin in Pommern (heute wie Czersk polnisch). Sie wohnten in der Juliusstraße 8 (heute Bornemannstraße).

Nach dem 30. Januar 1933, als Hitler von Reichspräsident Hindenburg [siehe: Hindenburgstraße] zum Reichskanzler ernannt worden war, gerieten die Nationalsozialisten und ihre Anhänger in einen Machtrausch und Freudentaumel. Überall wurden Fackelzüge veranstaltet, auch in Harburg. Ein solcher fand am Abend des 6. Februar in Hamburg statt. Auch die Harburger SA beteiligte sich daran. In der Geschäftsstelle der Harburger NSDAP blieb nur eine Wache zurück, der „Sturm Niehaus" des Sturmbanns II/9, unter ihnen die SA-Leute Hugo Bornemann, Bernhard Rohrbeck und Edwin Hoffmockel. Bornemann hatte sich die Dienstpistole des Polizeibeamten und NSDAP-Landtagsabgeordneten Heinrich Stummeyer eingesteckt. Als die Teilnehmer des Fackelzugs nach Harburg zurückkehrten, wurden die drei SA-Leute von ihnen offenbar zu „Heldentaten" aufgeputscht. Zusammen mit anderen zogen sie zum verhassten Arbeiterlokal „Stadt Hannover" des Kommunisten Georg Reus am Großen Schippsee.

Auch der Sozialdemokrat Karl Karcz und der Kommunist Martin Leuschel [siehe: Martin-Leuschel-Ring] besuchten am Abend des 6. Februar dieses Lokal. [Leuschel und Karcz waren vorher auf einem Treffen der Metallgewerkschaft gewesen, auf dem über die Bildung einer antifaschistischen Einheitsfront gegen die Nationalsozialisten beraten und der Antrag auf einen gemeinsamen Kampf von Sozialdemokraten und Kommunisten knapp abgelehnt worden war. Nach der Versammlung waren Leuschel und Karcz sowie andere in das Lokal von Georg Reus gegangen, um weiter über diese Sache zu diskutieren.] Kurz vor Mitternacht verließ ein Arbeiter die Gaststätte und kehrte blutüberströmt wieder zurück. Er war vor dem Lokal von SA-Leuten zusammengeschlagen worden. Alle Besucher der Gaststätte strömten nach draußen. Gegen 0.40 Uhr, also schon am 7. Februar, fielen Schüsse. Martin Leuschel erlitt einen Bauchschuss und verstarb nach wenigen Stunden im Krankenhaus. Karl Karcz wurde schwer verletzt. Auch er kam ins Krankenhaus und erlag am 10. April seinen Verletzungen. Weitere Opfer gab es nicht. Am 10. Februar demonstrierten Tausende in Harburg gegen den ersten politischen Mord in der Stadt.

Die drei SA-Leute flüchteten, wurden aber auf dem Sand festgenommen. Die Pistole, die Bornemann kurz zuvor weggeworfen hatte, wurde sichergestellt. Die Mörder hatten jedoch nichts zu befürchten. Nur Bornemann kam ins Polizeigefängnis an der Wetternstraße. Hier wurde er später von 40 bis 50 seiner Spießgesellen gewaltsam befreit. Ein Verfahren gegen ihn wurde gar nicht erst eröffnet, denn nach der Verordnung des Reichspräsidenten vom 21. März 1933 wurden alle Taten amnestiert, die im Zusammenhang mit der „nationalen Revolution" begangen worden waren. Bornemann, der offenbar arbeitslos war, wurde später mit einem Posten als Bademeister im Harburger Außenmühlenbad „belohnt".

Text: Hans-Joachim Meyer, Text entnommen www.stolpersteine-hamburg.de