Kurt-Adams-Platz
Bergedorf/Lohbrügge (1967): Dr. Kurt Adam (5.12.1889 Hamburg – 7.10.1944 KZ Buchenwald), Bürgerschaftsabgeordneter, Direktor der Hamburger Volkshochschule, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
Stolperstein: Rathausmarkt 1 (vor dem Hamburger Rathaus).
Das parlamentarische Engagement des Studienrates Kurt Adams galt vor allem der Hamburger Schulpolitik. Daneben galt er als Finanz- und Steuerexperte der sozialdemokratischen Bürgerschaftsfraktion und äußerte sich immer wieder auch zu Fragen der Sozialpolitik. Beides sind Belege für sein breites Interessengebiet, das sein berufsspezifisches Anliegen einer Reform des Hamburger Schulwesens weit überschritt. Kurt Adams war Parlamentarier par excellence: Er verstand es, seine umfassenden Kenntnisse auf verschiedenen Politikfeldern in beeindruckender Rhetorik und – wo es ihm geboten erschien – auch in deutlicher Positionierung gegen den politischen Gegner zu entwickeln. Von 1924 bis zur „Gleichschaltung" der Hamburgischen Bürgerschaft 1933 gehörte er zu den Stützen der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion.
Kurt Adams wurde am 15. Dezember 1889 als Sohn des Kaufmanns Richard Adams in Hamburg geboren. Ostern 1896 wurde er an der Realschule „Vor dem Lübeckertor" eingeschult. 1905 schloss er mit dem Zeugnis für den einjährig-freiwilligen Dienst ab, verbrachte ein halbes Jahr in Paris und trat Ende September in die Oberrealschule „Auf der Uhlenhorst" ein. Hier legte er drei Jahre später die Reifeprüfung ab. Danach nahm Kurt Adams das Studium der Fächer Deutsch, Französisch und Geschichte auf. Er studierte jeweils ein Semester in Göttingen, Freiburg i. B. und Berlin und schließlich vier Semester in Greifswald, wo er 1912 mit einer Dissertation zum Thema „Otto Ludwigs Theorie des Dramas" zum Dr. phil. promoviert wurde.
Sein beruflicher Werdegang begann 1913 mit dem Eintritt in den Hamburgischen Schuldienst. Adams war zunächst Kandidat und seit 1918 Oberlehrer an der Oberrealschule „Vor dem Holstentor", dem heutigen „Albrecht-Thaer-Gymnasium". Hier unterrichtete er die Fächer Deutsch, Französisch und Geschichte. Sein pädagogisches Ideal orientierte sich an den Erkenntnissen der Reformpädagogik. In seinen eigenen Klassen folgte er dem Konzept des "Gesamtunterrichts" und suchte im Rahmen eines fächerübergreifenden Unterrichtsansatzes lebensweltliche Erfahrungen seiner Schüler zum Ausgangspunkt gemeinsamen Lernens zu machen.
In die gleiche Richtung ging sein Engagement für die 1919 gegründeten Hamburger Versuchsschulen, die eine Umsetzung der insbesondere von der Volksschullehrerschaft erhobenen Forderung nach Einrichtung einer selbstverwalteten, kollegial geführten Einheitsschule anstrebten.
An der Schule „Tieloh-Süd" in Barmbek erteilte er Kurse und hospitierte 1926 in seiner Funktion als Mitglied des Schulbeirats zur Begutachtung der Versuchsschulen an den drei anderen Versuchsschulen in der Telemannstraße, der Breitenfelder Straße und am Berliner Tor. Auch im Parlament war Adams ein beharrlicher Vertreter der Interessen des Hamburger Schulwesens. Praktische Fragen wie z. B. die Erneuerung von Heizungsanlagen oder die Sanierung von Gebäuden fanden dabei ebenso sein Interesse wie Fragen pädagogisch konzeptioneller Art.
So setzte sich Adams für die Abschaffung der Prügelstrafe, für die Herabsetzung der Wochenstundenzahl von damals 41 Stunden für Schüler und schließlich für die stärkere Förderung von Schülerreisen und Schülerwanderungen ein. Auch in der Bürgerschaft machte er deutlich, dass er dem gemeinsamen Tun der Schüler mehr Bedeutung beimaß als dem „Bildungswust (...), der in den höheren Schulen seit Jahren Platz gegriffen hat" – eine Einschätzung, die ihm heftige Kritik von Seiten des Philologenverbandes eintrug, der seine wichtigsten parlamentarischen Exponenten damals in den Reihen der Deutschnationalen Partei hatte.
Ein besonderes Anliegen war dem sozialdemokratischen Bildungsfachmann schließlich auch das Aufbrechen des engen Zusammenhanges von sozialer Ungleichheit und Bildungschancen – die Forderung nach Abschaffung des Schulgeldes und nach einer Erhöhung der Hamburger Erziehungsbeihilfen stehen hier pars pro toto. Adams war in den Jahren seiner Parlamentszugehörigkeit Mitglied des Schulbeirates, der Hochschulbehörde und schließlich ehrenamtlicher Jugendpfleger. Bei den Reichstagswahlen 1928 und 1930 stand er auf einem von vornherein aussichtslosen hinteren Listenplatz seiner Partei.
Neben seiner parlamentarischen Tätigkeit engagierte sich Adams in den 1920er-Jahren in der sozialdemokratischen Kinderfreundebewegung. In Hamburg deren Leiter, gehörte er zeitweilig auch der Reichsleitung der Arbeitsgemeinschaft Kinderfreunde an. In dieser Funktion hatte er vielfältige Kontakte zu Vertretern sozialistischer Jugendbewegungen im Ausland. Besonders intensive Beziehungen pflegte der Hamburger zu den sozialdemokratisch orientierten Jugendbewegungen in Dänemark, Frankreich und Österreich. Bereits kurze Zeit nach seinem Eintritt in den Hamburgischen Schuldienst hatte er sich in der „Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens" organisiert. Seit 1919 war er in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer aktiv, deren Hamburger Ortsgruppe er über lange Jahre hinweg vorstand.
Im Oktober 1929 übernahm Kurt Adams die Leitung der Hamburger Volkshochschule. Hier gelang es ihm, unter den außerordentlich schwierigen Bedingungen der Wirtschaftskrise die Erwachsenenbildung nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern gleichzeitig wichtige Akzente zu setzen. Gleich nach seiner Amtsübernahme suchte er das Angebot, stärker hörerorientiert zu gestalten, indem er sich mit Hilfe einer im Wintersemester 1929/30 und im Sommersemester 1930 durchgeführten Umfrage ein Bild über die Beweggründe für den Besuch der Volkshochschule verschaffte. Besonders wichtig war ihm auch hier das methodische Prinzip vom gemeinschaftlichen Lernen: Weg von der Vorlesung und hin zur Arbeitsgemeinschaft – so das didaktische Credo des sozialdemokratischen Reformpädagogen. Als wichtigste Lernziele der Erwachsenenbildung nannte er in einer 1931 veröffentlichten Schrift die Herausbildung von Toleranz und „Verantwortungsbewußtsein für die Allgemeinheit". Der Erfolg seiner Arbeit manifestierte sich nicht zuletzt in steigenden Hörerzahlen: Hatten sich im akademischen Jahr 1928/29 etwa 10 000 Hörer eingeschrieben, so waren es 1932/33 bereits über 15 000 Hamburger, die das Kursangebot der Volkshochschule wahrnahmen.
Bei Umbildung der letzten frei gewählten Hamburgischen Bürgerschaft entsprechend dem Ergebnis der Reichstagswahlen vom 5. März 1933 verlor Kurt Adams sein Abgeordnetenmandat. Das Berufsverbot für den sozialdemokratischen Bildungs- und Sozialpolitiker folgte nach dem Verbot der SPD als „landesverräterische" Partei durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933.
Obgleich Adams mit Blick auf seinen Beamtenstatus dem Rat der sozialdemokratischen Parteiführung inzwischen gefolgt war und seinen Parteiaustritt erklärt hatte, wurde er am 23. Juni 1933 im Alter von 44 Jahren aus dem Hamburger Staatsdienst entlassen.
Kurt Adams hat es damals abgelehnt, seine politischen Überzeugungen öffentlich zu widerrufen und damit die von „Reichsstatthalter" Karl Kaufmann für eine Wiedereinstellung in den Staatsdienst aufgestellte Bedingung zu erfüllen.
Das Berufsverbot brachte Kurt Adams und seine Familie in eine wirtschaftlich schwierige Lage. Seine bescheidenen Ruhegehaltsbezüge, von denen er seine kranke Frau und drei in der Ausbildung befindliche Kinder zu ernähren hatte, suchte er zunächst durch eine Tätigkeit als Annoncenwerber für Kinozeitungen aufzubessern. Die Bekanntschaft mit dem Kaffeeimporteur Willy Heydorn, der in den Jahren 1931/32 Kurse bei Adams an der Hamburger Volkshochschule besucht hatte, eröffnete den Weg in die Selbstständigkeit.
An der Holzbrücke beim Nicolai-Fleet eröffnete Kurt Adams ein Kaffeeversandgeschäft, von dem aus er per Fahrrad vor allem Kunden aus seinem großen Bekanntenkreis belieferte. Die über diesen Weg weiterbestehenden regelmäßigen Kontakte zu politisch Gleichgesinnten ließen das kleine Kontor am Nicolaifleet schon bald zu einer Verteilungsstelle für illegales, politisches Schriftmaterial und zur Kontaktstelle von Mitgliedern des sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstandes in Hamburg werden. Unter hohem Risiko transportierte Adams bei seinen Auslieferungsfahrten zwischen den Kaffeetüten verstecktes Schriftmaterial, gab Informationen weiter und half anderen in Not geratenen Verfolgten, wie etwa dem früheren Lehrer und kommunistischen Bürgerschaftsabgeordneten Hermann Hoefer. Auf Vermittlung von Hoefer erhielt Adams später eine Stellung als kaufmännischer Angestellter im Internat Marienau.
Auch wenn Kurt Adams selbst keiner Widerstandsorganisation angehörte, leistete er ähnlich wie die Gruppe um seinen Bürgerschaftskollegen Walter Schmedemann [siehe: Walter-Schmedemann-Straße], zu der er in den Jahren 1933 und 1934 offenbar in Kontakt gestanden hat, eine Form aktiven Widerstandes.
Ende der 1930er-Jahre stellte sich bei Kurt Adams eine schwere Erkrankung ein. Der Tod seines Sohnes Kurt im September 1941 an der Ostfront setzte Adams ebenso zu. Wie viele andere Regimegegner wurde auch Kurt Adams nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 im Zuge der sog. Aktion „Gewitter" verhaftet.
Kurz vor Beginn der reichsweiten Verhaftungswelle hatte er sich einer schweren Blasenoperation unterziehen müssen und sich im Anschluss daran zu einem Erholungsaufenthalt bei seiner in Dessau lebenden Cousine begeben. Verhaftet wurde Adams bei einem von dort aus unternommenen Besuch im thüringischen Greiz. Hier hatte er den Vater einer Freundin seines gefallenen Sohnes in einer Rechtsstreitigkeit unterstützen wollen.
Aufgrund seiner Verhaftung in Thüringen wurde Kurt Adams am 28. August 1944 in das zu diesem Zeitpunkt mit etwa 84 000 Häftlingen bereits hoffnungslos überfüllte Konzentrationslager auf dem Ettersberg bei Weimar deportiert. Nach Berichten von Überlebenden des KZ Buchenwald hat Kurt Adams „die Strapazen der Arbeit und Unterernährung bei Kälte und dürftigster Bekleidung nicht überwinden können". Nach kurzer Zeit erkrankte er an einer Lungen- und Gehirnentzündung. Auf Betreiben der vor allem aus politischen Häftlingen bestehenden, illegalen Lagerorganisation und der darauf fußenden Häftlingsselbstverwaltung wurde er am 15. September in den „Krankenbau" verlegt. Hier war es der frühere Reichstagsabgeordnete Hermann Brill, der Kurt Adams pflegte und in den letzten Wochen seines Lebens engen Kontakt zu ihm hatte. Sechs Wochen nach seiner Verhaftung verstarb Kurt Adams am 7. Oktober 1944 im Alter von 54 Jahren an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen und der von den nationalsozialistischen Machthabern betriebenen planmäßigen „Vernichtung durch Arbeit".
Text mit freundlicher Genehmigung der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (Hrsg.) entnommen aus: Jörn Lindner/Frank Müller: "Mitglieder der Bürgerschaft – Opfer totalitärer Verfolgung", 3., überarbeitete und ergänzte Auflage, Hamburg 2012.