Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Leiblstieg

Groß Flottbek (1950): Wilhelm Leibl (23.10.1844 Köln – 4.12.1900 Würzburg), Maler.


Siehe auch: Trübnerweg
Siehe auch: Herbstweg

Vor 1928 hieß die Straße Gustav-Adolf-Straße. 1928 wurde sie umbenannt in Brinckmanstraße, Johann Brinckman (1814-1870), niederdeutscher Dichter. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).
Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Leiblstraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es in der NS-Zeit nicht mehr zur Umbenennung. Diese erfolgte dann nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1950.

Wilhelm Leibl war der Sohn von Maria Gertrud Leibl, geborene Lemper und des Kölner Domkapellmeisters Carl Leibl.

Eberhard Ruhmer schreibt über Leibls Kindheit und Jugend u. a. : „Als L. 1854 in das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium kam, zeigte sich bald, daß er für einen intellektuellen Beruf wenig geeignet war, wogegen die künstlerische Begabung schon vor der Schulzeit in ihm erwacht war; Eltern, Geschwister, Lehrer und Mitschüler waren seine ersten Modelle. (…) L. verließ 1860 mit dem Einjährigen das Gymnasium. Um sich auf den Beruf eines Maschinenbauingenieurs vorzubereiten, wurde er zunächst Feinmechanikerlehrling, trennte sich jedoch bereits nach sechs Wochen wieder vom Handwerk, obgleich er letzteres sehr schätzte. Er erreichte die Zustimmung der Eltern zu seinem Entschluß, Maler zu werden. (…) 1864 bezog L. die Münchner Akademie, (…).“1)

1869 schuf Leibl mit seinem Bild „Bildnis der Frau Mina Gedon“ „sein erstes Hauptwerk, das in seiner Realitätstreue und dem nüchternen Blick bei gleichzeitiger höchster Feinheit malerischer Töne geradezu ein Gegenentwurf zu den Historienbildern seines Lehrers war. Die Ausstellung des Bildes auf der ‚Internationalen Kunstausstellung‘ im Münchner Glaspalast brachte ihm die Bewunderung des verehrten Malers Gustave Courbet und eine Einladung nach Paris ein.“2)

In Paris konnte Leibl mit seinen Bildern Erfolge erzielen, nicht so in Deutschland, „Daraufhin wandte er sich den Alten Meistern zu und entwickelte den nahezu fotorealistischen ‚Holbeinstil‘. Während der 1890er Jahre fand Wilhelm Leibl zunehmend Anerkennung auch in Deutschland, sein Stil wurde wieder weicher und die Gemälde von ihrem Duktus getragen.“ 3)

Leibls künstlerischer Werdegang war mit vielen Steinen gepflastert. Finanziell ging es nicht immer gut. Und auch in der Liebe stand es nicht zum Besten. Wir erfahren nur von einer Liebe Leibls: die zu der Wirtstochter Therese Bauer. Sie gebar im Juni 1876 ein Kind, dessen Erzeuger Leibl war. „Der uneheliche Sohn wurde zu Pflegeeltern gegeben und starb bereits im März 1877. Im folgenden Herbst schien Wilhelm Leibl die Beziehung zu der jungen Frau wieder aufgelöst zu haben.“4)

An anderer Stelle wird berichtet, Leibl hätte Therese Bauer geheiratet, „wenn sie nur willens gewesen wäre, ihren mangelnden Kenntnissen auf allen Gebieten durch Anstellung bei einer sogenannten besseren-Familie aufzuhelfen. Vielleicht in realistischer Einschätzung ihrer Möglichkeiten, vielleicht aber auch aufgrund von Widerständen der Familie, einem Maler gegenüber, ist sie auf diesen Vorschlag nicht eingegangen.“ 5)

Leibl blieb zeit seines Lebens ledig. Ihn verband eine tiefe Freundschaft mit dem Maler Johannes Sperl. Beide sind auf einem Grabplatz auf dem Würzburger Hauptfriedhof begraben.
Sperl gehörte auch zum „Leibl-Kreis“, eine Künstlervereinigung, die zwischen 1871 und 1873 bestand. Zu dem Kreis gehörte u. a. auch Wilhelm Trübner [siehe: Trübnerweg]. Die Maler arbeiteten am Starnberger See. „L. bewährte sich in dieser oft sehr eng zusammenarbeitenden Gemeinschaft als die große moralisch-künstlerische Instanz, deren Intensität und Ernsthaftigkeit allen zum Maßstab diente, während er selbst darauf verzichtete, trotz überlegenen Könnens den Mentor zu spielen, wie die Mitglieder des Kreises ihrerseits darauf bedacht waren, nicht L.s Stil zu imitieren. (…) 6)

Leibl muss eine enge Verbindung zu seiner Mutter gehabt haben, denn als sie 1880 starb, stürzte Leibl in tiefe Trauer. „Zum persönlichen Verlust kamen die Schwierigkeiten, die Leibl während der Vollendung des fast fotorealistisch gemalten Bildes ‚Die drei Frauen in der Kirche‘ (1878–1881, Hamburger Kunsthalle) hatte. Seit 1881 lebte der Maler in Aibling, wo er täglich zu Fuß in das nahegelegene Berbling gehen musste, (um das Bild mit den drei Frauen in der Kirche von Berbling herstellen zu können). 7)

Über drei Jahre lang standen die alten Bäuerinnen Maria Buchner und Maria Vogel dem Maler Modell. Die junge Magd Anna Staber war als Modell ausgesucht worden, weil sie damals zu krank für die Feldarbeit gewesen war. Alle drei Frauen bekamen für ihr Modellsitzen ein wenig Geld.
„Erst Ende Dezember 1881 konnte er das Gemälde abschließen. Die Ausstellung des Werks im Künstler-Unterstützungsverein in München zog ein großes Echo, aber eher gemischte Kritiken nach sich. Im Anschluss war es in Wien bei der Internationalen Kunstausstellung zu sehen. Den erhofften Preis erzielte Wilhelm Leibl ebenfalls nicht. Der Wormser Baron Schön erwarb das Werk für 40.000 Mark. Bald nach der Vollendung des ‚Kirchenbildes‘ wandte sich Wilhelm Leibl von seinem altdeutschen ‚Holbeinstil‘ ab.“ 8)

„L. selbst wurde der Münchner Kunstbetrieb mehr und mehr zuwider; er behielt zwar sein Münchner Atelier noch bis 1886, benützte es aber immer seltener und zog sich meist in Begleitung seines Freundes, des Landschaftsmalers J. Sperl, malend, jagend und Sport treibend, auf oberbayer. Dörfer zurück und wurde in der Metropole mehr und mehr vergessen. Erst 1890 erwarb die Neue Pinakothek ein Werk dieses bedeutendsten Münchner Malers (…).“ 9)

Wilhelm Leibl bekam nun mehr Aufträge und konnte somit auch mehr Geld verdienen. „Der bisher geschmähte Realismus Leibls erfreute sich nun auch bei den Kritikern zunehmend Anerkennung, (…). Noch im gleichen Jahr ernannte ihn das Bayerische Staatsministerium des Inneren zum Professor ehrenhalber; 1892 wurde er Ehrenmitglied der Berliner Akademie. Der Verkauf seiner Genrebilder ermöglichte Wilhelm Leibl die Pacht eines Bauernhauses im Bauerndorf Kutterling (1891)“ 10) Hierhin zog er gemeinsam mit Johann Sperl.

„1895 präsentierte Wilhelm Leibl über Vermittlung von Wilhelm Trübner 19 Werke auf der ‚Großen Berliner Kunstausstellung‘, darunter Hauptwerke wie die ‚Frauen in der Kirche‘. Anlässlich dieser Mini-Retrospektive wurde der Berliner Möbelhändler, Sammler und stille Teilhaber der Kunsthandlung Keller & Reiner Ernst Seeger auf Leibl aufmerksam. In Seeger fand der Künstler einen äußerst effizienten Manager und Händler für seine Bilder. So kaufte Seeger alle noch in Aibling befindlichen frühen Arbeiten Leibls; zudem sicherte er sich das Vorkaufsrecht für alle neuen Bilder. Der Geschäftsmann fühlte sich Leibl und Johann Sperl auch freundschaftlich verbunden und besuchte sie häufig in Kutterling. Er nahm auch Leibls Nichte, Felicia Kirchdorffer, bei sich in Berlin auf, um ihre Pianistenlaufbahn voranzutreiben. Durch diese Unterstützung konnte sich Wilhelm Leibl ganz auf seine malerischen Überlegungen konzentrieren. (…).“ 11)

Wilhelm Leibl blieb aber nicht mehr viel Lebenszeit. Er war schwer herzleidend und litt an Atemnot. 1900 starb er an einer Lungenembolie.