Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Michael-Pritzl-Weg

Bergedorf/Allermöhe (1997): Michael Pritzl (7.3.1907 Bergedorf -27.6.1995 Bergedorf), Maschinenbauer, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.


Michael Pritzl, aufgewachsen in einem sozialdemokratischen Elternhaus, war von März 1921 bis 1931 Mitglied der SAJ (Sozialistischer Arbeiterjugendbund), vom 1. Mai 1926 bis 1931 Mitglied der SPD, ab Oktober 1931 Mitglied der SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) und in dieser Zeit bis 1933 Vorsitzender der SAP Bergedorf-Lohbrügge. Außerdem war er von 1922 bis 1933 im Deutschen Metallarbeiterverband organisiert. Er hatte eine Lehre als Maschinenschlosser durchlaufen.
Michael Pritzl wohnte im Stadtteil Lohbrügge im Dünenweg 1, 1. Stock. 1929 verlobte er sich mit Anni Bartels.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten arbeiteten die Brüder Michael und Hermann Pritzl in der illegalen Druckerei der sozialistischen Arbeiterpartei in der Heysestraße. Michael Pritzl „beteiligte sich am Aufbau einer Untergrundstruktur der Sozialistischen Arbeiterpartei und leitete die Bergedorfer Gruppe. Wichtigste Aufgabe war die Herstellung von Flugblättern gegen die Politik der Nationalsozialisten.“ 1)

Michael und Hermann Pritzl, Hans und Richard Stoll (siehe: Hans-Stoll-Straße), Walter Becker (siehe: Walter-Becker-Straße) und Anni Bartels druckten den „Spartakusbrief“, der in Norddeutschland verteilt wurde.

„Die Gruppe druckte zum Beispiel ein Flugblatt gegen den Boykott jüdischer Geschäfte, von dem sie 1.500 Stück in Bergedorf verteilten. Als abendliche Spaziergänger oder als Liebespaare getarnt klemmten sie die Schriften unter Türklinken und schoben sie unter den Haustüren hindurch. Als die illegale Druckerei im August 1933 aufflog, floh Michel Pritzl nach Dänemark. Anni wurde von der Polizei verhört und anschließend für zwei Tage eingesperrt und verlor ihren Arbeitsplatz. Als Anni später erfuhr, dass Michel in Dänemark untergetaucht war, besuchte sie ihn unter falschem Namen und schrieb ihrem Verlobten mit Hilfe von Deckadressen – die beiden standen in ständigem Schriftverkehr. Da Anni nicht weiter getrennt von Michel leben wollte, entschloss sie sich, bei dem nächsten Besuch ganz in Dänemark zu bleiben. 1937 verließ sie Deutschland und heiratete Michel im selben Jahr in Dänemark. Sie suchte sich Arbeit als Reinemachefrau und nähte für Bekannte und Nachbarn, um über die Runden zu kommen.“ 2)

Michael Pritzl, der in Dänemark als politischer Flüchtling anerkannt worden war, traf in Kopenhagen „wichtige Funktionäre seiner Partei (…). Über die Frage einer gemeinsamen Front aller Gegner der Nationalsozialisten kam es zu Streitigkeiten, in deren Folge P. von der Partei ausgeschlossen wurde. Die von ihm daraufhin initiierte ‚Sozialistische Arbeitsgemeinschaft‘ konnte keinen nennenswerten Einfluss gewinnen.“ 3)

„Als die Nationalsozialisten Dänemark besetzten, kam Michel ins Internierungslager und Anni musste sich alleine durchschlagen. In dieser Zeit fuhr sie zweimal in der Woche mit dem Fahrrad 100 km hin und zurück, um Michel im Lager Horseröd zu besuchen.“ 4)

1941 wurde Michael Pritzl an die Gestapo Hamburg ausgeliefert und zu einem Jahr Gefängnis im KZ Fuhlsbüttel wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt wurde. „Nach der Haftentlassung wurde P. zur Arbeit bei der Erdöl/Preußag zwangsverpflichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war P. Mitbegründer der Freien deutschen Gewerkschaft in Bergedorf (später Deutscher Gewerkschaftsbund) und 1946-1972 Betriebsratsvorsitzender bei der Preußag in Bergedorf.“ 5)

Am Haus Heysestraße 5 ist eine Erinnerungstafel angebracht. Sie verweist darauf, dass hier während der NS-Zeit eine Illegale Druckerei der SAP betrieben wurde. Auf der Gedenktafel steht: „In diesem Hause war 1933 die illegale Druckerei der Sozialistischen Arbeiterpartei. Hier druckten Michael und Hermann Pritzl, Hans und Richard Stoll, Walter Becker und Anni Bartels den „Spartakusbrief“, der in ganz Nordwestdeutschland verteilt wurde. Nach Verrat wurde Richard Stoll zu 2 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt und später zum Strafbataillon 999 eingezogen. Die anderen konnten nach Dänemark fliehen. Nach der Besetzung wurde M. Pritzl der Gestapo Hamburg ausgeliefert und zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. H. Stoll kam bei der Flucht nach Schweden ums Leben.“

Im Rahmen des von Annette Hülsmeyer 2013 initiierten Projektes „Namentuch-Denkmal. Garten der stillen Helden“ des Haus' im Park in Bergedorf wurde auch für die „Heldin“ Anni Bartels ein Namentuch geschaffen. Die Klasse 8e der Gretel-Bergmann-Schule in Hamburg-Allermöhe entwarf und gestaltete das Namentuch. „Auf dem Tuch sieht man Anni Pritzl mit ihrem Mann Michel von Hamburg-Bergedorf nach Kopenhagen in Dänemark reisen. Sie sind als Hochzeitspaar dargestellt, links Michels Arm mit den Ringen und rechts Annis Arm. Beide tragen Hochzeitskleidung und befinden sich mit ihrem Reisekoffer auf einer Straße. Allerdings kann man auch sehen, dass sie in Dänemark nicht nur heiraten, sondern auch, dass Michel schon der Weg ins KZ-ähnliche Lager bevorsteht. Das wird symbolisiert durch den Zaun aus Draht und die Worte ‚Arbeit macht frei‘“, die sich über dem Eingang mehrerer Konzentrationslager befunden haben“ 6)