Heysestraße
Bergedorf (1949): Paul Heyse (15.3.1830 Berlin – 2.4.1914 München), Dichter, Nobelpreisträger für Literatur.
Siehe auch: Marianne-Wolff-Weg
Vor 1949 hieß die Straße Beethovenstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Andreas-Falkenberg-Weg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1949 bei Beethovenstraße und wurde dann umbenannt in Heysestraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Paul Heyse schrieb rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. 1911 erhielt er als erster deutscher Belletristik-Schriftsteller den Literaturnobelpreis.

Der Autor Hans Pleschinski, der einen Roman (Am Götterbaum, 2021) über Paul Heyse verfasst hat, erläuterte in einem Interview, Heyses Werke: „In Heyses Werken kann man wiederentdecken, was Hunderttausenden von Lesern, und zwar weltweit, zwischen 1850 und 1900 gefiel. Heiter-melancholische Gedichte, spannend erzählte Geschichten, die ein wenig vom Alltag erlösten. Und staunend nimmt man wahr, wie vielfältig ein Dichter wie Paul Heyse interessiert war. Er kannte sich in allen kulturgeschichtlichen Epochen aus, aber er engagierte sich auch bei aktuellen Fragen. Er kämpfte für die Emanzipation der Frauen: Wagt, frei zu sein! Das erste Gedicht für Tierschutz stammt von ihm. Als liberaler Mann bekämpfte er Untertanengeist und die Gängelung des Menschen. Die erotischen Anziehungskräfte spielten für ihn immer eine große Rolle. Das alles – und noch viel mehr – kann man im Leben und Werk dieses Dichters entdecken“ 1).
Über Heyses Herkunft heißt es in Wikipedia: „Der Vater Karl Wilhelm Ludwig Heyse, außerordentlicher Professor für klassische Philologie und Allgemeine Sprachwissenschaft, war von 1815 bis 1817 Erzieher von Wilhelm von Humboldts jüngstem Sohn sowie von 1819 bis 1827 von Felix Mendelssohn-Bartholdy [Mendelssohnstraße].

Die Mutter, Julie Heyse geb. Saaling, stammte aus der begüterten und kunstinteressierten Familie des preußischen Hofjuweliers Jacob Alomon, der sich nach seinem Übertritt vom Judentum zum Christentum Saaling nannte. Sie war eine Cousine von Lea Salomon, der Mutter von Felix Mendelssohn Bartholdy. In Paul Heyses Elternhaus traf sich die kultivierte Gesellschaft, um sich über Musik und Kunst zu unterhalten. (…).
Durch die Mutter erlangte Heyse Zutritt zu den künstlerischen Salons Berlins. 1846 lernte er seinen späteren literarischen Mentor kennen, den 15 Jahre älteren Emanual Geibel, [Geibelstraße] einen damals populären Dichter. Heyse zeigte Geibel seine Gelegenheits- und Liebesgedichte vor. Zwischen den beiden Literaten entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft, aus der auch einige gemeinsame Arbeiten entstanden. Geibel führte Heyse in das Haus des Kunsthistorikers und Schriftstellers Franz Kugler ein, der später Heyses Schwiegervater wurde. (…).“ 2)
In der Neuen Deutschen Biographie steht über Heyses Ausbildungsgang und beruflichen Weg: „H. begann 1847 ein Studium der klassischen Philologie in Berlin; eine kurze Teilnahme an der Revolution 1848/49 als Mitglied des Berliner Studentenkorps veranlaßte seine erste Veröffentlichung, ein Flugblatt ‚Frühling 1848‘, dem ein Heft ‚15 neue deutsche Lieder zu alten Singweisen, den deutschen Männern E. M. Arndt und L. Uhland gewidmet‘, verfaßt mit Kugler und anderen, folgte. Mit dem Wechsel zur Universität Bonn (1849) ging H. zum Studium der romanischen Sprachen über. Er schloß es, 1850 nach Berlin zurückgekehrt, mit einer Dissertation über den Refrain in der Poesie der Troubadours ab.“ 3)
Paul Heyse schloss „sich dem literarischen Sonntagskreis Tunnel über der Spree an. Durch den Kunsthistoriker Franz Kugler wird er mit dem Historiker Jacob Burckhardt, dem Illustrator Adolph Menzel [Menzelstraße] sowie den Schriftstellern Theodor Fontane [Fontanestraße] und Theodor Storm [Theodor-Storm-Straße] bekannt. Um 1850 ist Heyses Ruf bei Verlegern so gefestigt, dass er Fontane und Storm lancieren kann. Allerdings bringt ihm der frühe Ruhm Spannungen von Seiten konservativer Mitglieder innerhalb des ‚Tunnels‘ ein,“ 4) schreibt Peter Czoik in seiner Biografie über Paul Heyse.
1852 konnte Heyse dank eines Stipendiums des preußischen Kultusministeriums zur Erforschung provenzalischer Handschriften nach Italien reisen. 1853 erhielt er in der Viticana in Rom Arbeitsverbot, vermutlich, weil er sich verbotenerweise Notizen von ungedruckten Handschriften machte. In Rom lernte er viele Künstler kennen, so z. B. Böcklin (Böcklinstraße) und Scheffel (Scheffelstraße).
In der Neuen Deutschen Biographie heißt es über den weiteren schriftstellerischen Lebensweg Paul Heyses: „Herbst 1853 kehrte er nach Berlin zurück mit dem Plan, sich zu habilitieren. Im März 1854 vermittelte dann jedoch Geibel eine Einladung von König Maximilian II. zu dauerndem Aufenthalt in München mit Jahresgehalt, Verpflichtung zur Teilnahme an den Symposien des Königs und dem, von H. nicht ausgeübten, Vorlesungsrecht an der Universität. Damit entschied sich H. zur Existenz als freier Schriftsteller, zumal angesichts der ihm in Berlin bewußt gewordenen Gefahr, ‘über den Horizont der dortigen Gesellschaft nicht hinauszublicken, ihrem Richterspruch mich zwar nicht blindlings zu unterwerfen, ihn aber doch für wichtiger zu halten, als er im Grunde war‘.“ 5) Heyse verpflichtete sich an den geselligen Abenden des Königs teilzunehmen, dem König Literaturlisten zusammenzustellen und den Hofstaat auch mal zur Jagd oder zur Kur zu begleiten.
Bevor Heyse 1854 nach München ging und das Angebot des Königs annahm, heiratete er im selben Jahr die damals 20-jährige Margaretha Kugler (1834–1862). Das Paar bekam vier Kinder, eines von ihnen starb früh.
In dieser Zeit „löste sich [Heyse] von der biedermeierlichen Literaturtradition seiner ersten Werke und trat in eine neue Schaffensphase ein, die, lange von breitestem Erfolg bei unermüdlich gehäufter Produktion begleitet, bis zu seinem Tode nicht wesentliche Wandlungen erfuhr. H. gewann durch seine Begabung zur Mittlerschaft, unterstützt durch frühen Ruhm, Kontakt mit den zunächst ablehnenden bayerischen Schriftstellern, er begründete den literarischen Verein ‚Krokodil‘ (…). [Die Mitglieder] verband ein Konservativismus, der an der Maxime, die Kunst habe „auch das Zeitliche im Licht des Ewigen“ darzustellen, bei realistischen Stoffen „das allgemein Menschliche“ und „Reiz und Adel der äußeren Form“ zu bewahren, festhielt (…). Als Geibel im Konflikt mit Ludwig II. München verließ, verzichtete H., seine Unabhängigkeit demonstrierend, auf das Jahresgehalt. Ein äußerlich glanzvolles Leben überschatteten der Tod seiner 1. Frau, mehrerer Kinder und eigene anhaltende Erkrankungen. Mit der 2. Eheschließung verknüpfte sich der Bau eines eigenen Hauses, das durch Jahrzehnte Mittelpunkt geistiger Geselligkeit in München wurde; (…).“ 6)
Nach acht Jahren Ehe starb Heyses Ehefrau 1862 im Alter von 28 Jahren. Ihre Mutter Clara Kugler (1812-1873) zog zu ihrem Schwiegersohn Paul Heyse, um ihm bei der Betreuung der Kinder zu helfen. Auch Paul Heyses Schwager, der Maler Hans Kugler (1840-1873), zog mit, da er durch seine chronische Krankheit der Pflege seiner Mutter bedurfte.
Fünf Jahre nach dem Tod von Margaretha Heyse heiratete der 37-jährige Witwer und Vater von drei Kindern 1867 die damals 17-jährige Kaufmannstochter Anna Schubart (25.5.1850-26.7.1930). Mit ihr bekam Heyse zwei weitere Kinder, von denen ebenfalls ein Kind früh starb.
Hans Kugler starb 1873 durch Suizid, woraufhin sich auch Clara Kugler das Leben nahm.
Heyse und Frauenemanzipation
Über dieses Thema schreibt Nele de Fries in ihrer Hausarbeit „Moderne Geschlechterrollen bei Paul Heyse. Eine literarische Emanzipation der Frau?“ „Der Autor Paul Heyse war ein Vorkämpfer der Frauenrechte, stets engagiert die Emanzipation voranzutreiben. In ‚L‘ Arrabbiata‘ wie auch in weiteren Novellen und Gedichten strengt Heyse moderne Geschlechterrollen an und stellt dadurch die Frage, ob durch die Erzählung solcher Modelle eine literarische Emanzipation der Frau erreicht werden kann. Heyse unterstützte Frauen also hinsichtlich ihrer Rechte auf wissenschaftliche Bildung und Ausbildung, 1866 veröffentlichte er sogar ein Gedicht in der ‚Gartenlaube‘ mit dem eindeutigen Titel ‚Frauenemancipation. Eine Fastenpredigt.‘.“ 7)