Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Musäusstraße

Iserbrook (1930): Johann Karl August Musäus (29.3.1735 Jena – 28.10.1787 Weimar), Schriftsteller. Märchensammler, satirischer und volkstümlicher Erzähler der Aufklärung, Freimaurer.


Siehe auch: Ludwig-Richter-Straße

Johann Karl August Musäus war der Sohn von Wilhelmine Julia Musäus, geborene Streit und des Landrichters Johann Christoph Musäus.

Musäus studierte von 1754 bis 1758 Theologie. Die ihm angebotene Pfarrstelle in Farnroda bei Eisenach musste er allerdings aufgeben. Alfred Richli klärt auf, was damals passiert war: Musäus, der ein sehr heiteres Gemüt hatte, muss damals „zur Unzeit“ ein Tänzchen gewagt haben.1) Musäus hatte einen Tag nach seiner Wahl zum Pfarrer auf der Kirchweih getanzt – solch einen Pfarrer wollten dir Bauern nicht haben. 2)

Musäus, der Geld verdienen musste, begann zu schreiben. „Von 1760 bis 1762 erscheint der Roman ‚Grandison der Zweite oder Geschichte des Herrn von N‘, ein aufklärerisch-satirisches Werk gegen die platte Empfindsamkeit. Anna Amalia holt ihn nach Weimar, zunächst als Pagenhofmeister, später [ab 1769] wird er am Gymnasium alte Sprachen und Geschichten lehren. Um das kärgliche Gehalt, wie es alle Schulmeister erhielten, aufzubessern, verfasste er Gelegenheitsgedichte, schrieb weiter gegen den grassierenden Geniekult und gegen die absurde Lehre der Physiognomik Lavaters [siehe: Lavaterweg].“ 3)

1766 hatte er noch die Tätigkeit eines Literaturkritikers für die von Friedrich Nicolai herausgegebene Allgemeine deutsche Bibliothek übernommen und rezensierte rund 350 zeitgenössische Romane. 4)

1770 heiratete Musäus die Kaufmannstochter Juliane Krüger (1743–1819). Das Paar bekam zwei Söhne, von denen einer sehr jung verstarb.

Herzogin Anna Amalia ermöglichte Musäus den Erwerb eines Gartenhauses, das auch von ihr ausgestattet wurde. Dort verfasste Musäus seine Gedichte und Märchen und dort empfing er Freunde. 5)

Besonders seine „Volksmärchen der Deutschen“, die zwischen 1782 und 1786 in fünf Bänden erschienen, wurden rasch populär und später ins Englische und Französische übersetzt. Dazu schreibt Hans Peter Neureuter in der Neuen Deutschen Biographie: „Ihr Verdienst liegt nicht nur in der frühen Aufnahme der Volksüberlieferung, sondern auch in der bewußten Schaffung eines eigenen Märchenerzählstils. (…) So greift er einerseits zurück auf das kernige Deutsch des 16. Jh. und versetzt es andererseits virtuos mit aktuellen Fremdwörtern und Anspielungen, geistreichen Metaphern, Sentenzen und Reflexionen. Der auktorial-artistische Erzähler hält das historische Zeit- und Ortsbewußtsein seiner Leser stets wach, entheroisiert und entmystifiziert Rittertum, Herrschaft und Klerus aus bürgerlicher, ja bisweilen auch plebejischer Perspektive. Trotzdem wahrt die farbige Erzählung die Aura der alten Wundergeschichten. (…).“ 6)

Über Musäus heitere Gesinnung äußert Alfred Richli: „Seine Lebensgestaltung führte zwangsweise zu vielen Widersprüchen; und da sich diese bei seiner Zurückhaltung vor grösseren Unternehmen nur im Zusammenstoss von Kleinigkeiten äussern konnten, war das Leben von Musäus reich an komischen Effekten. Man vergegenwärtige sich nur, wie Musäus mit pedantischer Pünktlichkeit auf jeden Geburtstag seiner Gattin ein Huldigungscarmen an Daphne hervorbrachte! Dabei gab er sich über die Eignung seines Julchens zur griechischen Schäferin keinerlei Illusionen hin. Überhaupt hatte er ein feines Sensorium für die zum Lachen reizenden Kontrastwirkungen, und er hat aus seiner eignen Lächerlichkeit noch Kapital geschlagen. Seine kurze Autobiographie, der ebenso brillante wie inhaltlich belanglose ‚Modische Weltlauf eines unmodischen Weltbürgers‘, ist ein unanfechtbares Dokument für die Freude, die Musäus an der komischen Selbstdarstellung empfand.“ 7)

Musäus starb im Alter von 52 Jahren an einem Polypen am Herzen. Seine acht Jahre jüngere Ehefrau überlebte ihn um 32 Jahre.