Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Paul-Nevermann-Platz

Altona-Altstadt (1984): Paul Nevermann (5.2.1902 Klein Flottbek bei Altona – 22.3.1979 Puerto de la Cruz/Teneriffa), Erster Bürgermeister von Hamburg.


Siehe auch: Grete-Nevermann-Weg und Paula-Karpinksi-Platz
Siehe auch: Oelsnerring

Vorher hieß die Verkehrsfläche Altonaer Bahnhofsplatz.

Paul Nevermann war der Sohn des ungelernten Brauereiarbeiters Johann Nevermann und seiner Frau Louise. Der Vater war aktiver Gewerkschafter und Sozialdemokrat.

Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte Paul Nevermann eine Ausbildung zum Schlosser und Maschinenbauer. Er trat dem Metallarbeiterverband bei, machte über den zweiten Bildungsweg das Abitur und schloss ein Jurastudium ab. 1930, im selben Jahr seiner Promotion, heiratete er Grete Faden ( (14.1.1907 Klein-Flottbek– 25.12.1973 Hamburg/Rissen), später SPD-Politikerin, Vorsitzende des Ortsausschusses Blankenese. (siehe: Grete-Nevermann-Weg)

Bereits in der Weimarer Zeit war Paul Nevermann aktiver Sozialdemokrat gewesen. Während der Zeit des Nationalsozialismus arbeitete er als selbstständiger Rechtsanwalt und stand unter Polizeiaufsicht mit täglicher Meldepflicht. Nevermann verteidigte kommunistische und sozialdemokratische Politiker. 1935 wurde ihm verboten, in Hochverratsprozessen als Verteidiger aufzutreten. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Nevermann für zwei Wochen verhaftet und in ein KZ eingeliefert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er im November 1945 sozialdemokratischer Sozialsenator und nach der Bürgerschaftswahl 1946 Senator für Bau- und Wohnungswesen. Ab 1950 hatte er gleichzeitig das Amt des Zweiten Bürgermeisters inne. Nach der Abwahl der SPD 1953 war er von 1953 bis 1957 Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion; ab 1957, nach dem Wahlsieg der SPD, wieder Senator für Bau- und Wohnungswesen, von 1961 bis zu seinem Rücktritt 1965 Erster Bürgermeister von Hamburg. Anlass für seinen Rücktritt war nicht die im Vorfeld des Besuches von Queen Elisabeth II. in Hamburg bekannt geworden Tatsache, dass sich Nevermann nach 35 Ehejahren von seiner Frau Grete getrennt hatte. Denn trotz der Trennung zeigte sich das getrenntlebende Ehepaar auf offiziellen Anlässen gemeinsam: Grete Nevermann nahm in solchen Fällen ihre Pflichten als ‚First Lady‘ weiterhin wahr. Anlass für seinen Rücktritt bot Paul Nevermanns faux pas, sich bei einer Premiere im Schauspielhaus mit einer anderen Frau gezeigt zu haben. Dieses Verhalten löste einen öffentlichen Skandal aus. Das, was eigentlich niemanden etwas anging, wurde nun breit diskutiert und als unschicklich empfunden. Grete Nevermann entsagte ihren Verpflichtungen als ‚First Lady‘ und ließ öffentlich mitteilen, dass sie aus persönlichen Gründen am Empfang der Queen nicht teilnehmen werde. Das britische Königshaus wurde über die Situation informiert und reagierte gelassen; es hatte auch nichts gegen eine Ersatz-‚First Lady‘ – in diesem Fall war dies Ilse Engelhard, die Ehefrau des Zweiten Bürgermeisters. Zwei Tage nach der Abreise der Queen trat Paul Nevermann von seinem Amt zurück. „Nicht etwa, weil er, wie viele seiner Genossen entschuldigend erklärten, amtsmüde war, sondern weil er erschreckt zur Kenntnis nehmen mußte, daß sein Privatleben plötzlich wichtiger war als seine politischen Ziele. Öffentlich ausgetragene Ehezwistigkeiten paßten vor allem seinen Parteifreunden im SPD-Landesvorstand nicht: Sechs Stunden lang diskutierten die Funktionäre, ob sich ein Bürgermeister ein derartiges, für alle beteiligten Seiten aufregendes Privatleben leisten könne. Die Herren und Damen Funktionäre versuchten alles, um den Parteifreund und Bürgermeister zu einer reumütigen Rückkehr zur Gattin Grete zu bewegen, aber (…) vergebliche Liebesmüh. Paul Nevermann war es schließlich, der die moralinsaure Debatte abkürzte: Er habe, gestand er, den öffentlichen Konflikt um sein Privatleben unterschätzt. Da er aber seine private Entscheidung nicht zu ändern gedenke, trete er den politischen Rückzug an“ 1), schreiben Kurt Grobecker und Kerstin von Stürmer in ihrem Buch „Hamburg skandalös.“

Der Historiker Markus Tiedemann interpretiert diesen privaten Fall höchst politisch. So schreibt er: „Am 2. Juni 1965 trat Paul Nevermann trotz erfolgreicher politischer Arbeit aufgrund öffentlichen und parteiinternen Drucks zurück. Vorausgegangen war eine Kampagne der Springer-Presse gegen den Bürgermeister, in der die Tatsache, dass Nevermanns Frau am öffentlichen Empfang der Königin von England in Hamburg nicht teilnehmen werde, zu einem Skandal aufgebauscht wurde. Dass Nevermann seit geraumer Zeit getrennt von seiner Frau in einer neuen Beziehung lebte, war ein öffentliches Geheimnis gewesen. Als eigentlicher Auslöser für die Springer-Kampagne gegen Nevermann gilt aber dessen Entscheidung auf der Konferenz der Ministerpräsidenten gegen ein privates Zweites Deutsches Fernsehen, das Axel Springer als Unternehmen führen wollte. Nevermann wollte sich zunächst nicht den Provokationen der Presse beugen, entschied sich aber auch dagegen seine neue Liebe zu verleugnen. Auch aufgrund dieser Ehrlichkeit bedeutete sein Rücktritt nicht das Ende seiner Popularität.“ 2) Von 1966 bis 1970 war Nevermann Landesvorsitzender der Hamburger SPD.