Pestalozzistraße
Barmbek-Nord (1880): Johann Heinrich Pestalozzi (12.1.1746 Zürich – 17.2.1827 Brugg), Pädagoge.
Siehe auch: Lienhardstraße
Siehe auch: Krüsistraße
„Johann Heinrich Pestalozzis Eltern waren der Chirurg Johann Baptist Pestalozzi (1718–1751) und die Chirurgentochter Susanna Hotz (1720–1796) (…). Sein Großvater Andreas Pestalozzi (1692–1769), der ihm schon früh die Liebe zu Jugend und Volk vermittelte, war reformierter Pfarrer in Höngg.
Der Deutschschweizer Johann Heinrich Pestalozzi besuchte von 1751 bis 1765 die Elementar- und die Lateinschule und studierte zunächst Theologie, dann Jurisprudenz (…) in Zürich, (…). Trotz seines leidenschaftlichen theoretischen Interesses am Menschen, an Gesellschaft und Staat wollte er primär praktisch tätig sein. So brach er sein Studium in Zürich vorzeitig ab und begab sich in eine landwirtschaftliche Lehre (1767/1768) (…). Ab 1769 versuchte er sich im aargauischen Birr als landwirtschaftlicher Unternehmer. Durch die Einführung neuer Gewächse und neuer Düngemethoden wollte er der teilweise verarmten Bauernschaft ein Beispiel geben, wie sie ihre Situation verbessern könnte. Dieses Unternehmen scheiterte jedoch.“ 1)

1769 heiratete Pestalozzi die sieben Jahre ältere Anna Schulthess (9.8.1738 Zürich – 17.12.1815), gegen den Willen ihrer wohlhabenden Eltern, ihr Vater war ein Zuckerbäcker und Drogist, die einen armen „Schlucker“ nicht als Schwiegersohn haben wollten.
Die beiden hatten sich am Krankenbett eines Freundes kennengelernt. „Die wohlbehütete und wohlhabende Bürgerstochter ist dem betont Unbürgerlichen an Klarheit und Sicherheit weit überlegen (…). Im Jahre ihrer Hochzeit entschließt sich Pestalozzi unter dem Eindruck von Rousseaus Schriften, Landwirt zu werden, und Anna gibt ihm ihr gesamtes Vermögen zum Ankauf des ‚Neuhofs‘. Ohne Erfahrung, ohne wohlmeindende Ratgeber macht er sich ans Werk, leiht sich noch mehr Geld zu Wucherzinsen und kauft Land, Land und noch mehr Land“ 2), um eine Baumwollindustrie aufzubauen.
„Pestalozzi lässt Kinder auf seinen Feldern arbeiten, nimmt 37 von ihnen in sein Heim auf, und Anna muss sie alle versorgen. Noch vor dem Ende des ersten Ehejahres hat Heinrich Annas Vermögen verwirtschaftet und das Vertrauen seiner Freunde verloren. Er beginnt zu schreiben; damit hat er mehr Erfolg (…)
Eigentlich möchte Anna zu ihrem Heinrich aufblicken, sein ‚schwaches Weib‘ sein, bald aber widerstreben ihr bestimmte Eigenschaften dieses Mannes. Er ist oft heftig, in seinen Unternehmungen sprunghaft und unbedacht und von lähmender Hypochondrie: Ständig hat er Angst zu sterben, überlebt Anna aber letztlich um zwölf Jahre,“ 3) schreibt Ursula Reis in ihrer Biografie über Anna Pestalozzi.
1770 bekam das Paar einen Sohn, den Pestalozzi nach der Pädagogik Rousseaus erzog. Doch soll er die Ratschläge Rousseaus fehlinterpretiert haben. Wenn sein Sohn nicht lernen wollte, wurde er streng bestraft. Mit ca. elf Jahren begannen bei dem Sohn epileptische Anfälle. Er starb im Alter von 31 Jahren, also noch vor seiner Mutter, die nicht nur seinen Tod verkraften musste, sondern sie plagten auch zeit ihres Lebens seinetwegen Schuldgefühle.

Der folgende Lebensweg Pestalozzis hieß: Schriftstellerei und Leitung verschiedener Lehrinstitute. So übernahm Pestalozzi z. B. 1799 die Leitung eines Waisen- und Armenhauses, danach gründete er sein Erziehungsinstitut im Schloss Burgdorf. Überall entwickelte er Unterrichts- und Erziehungsmethoden. Seine Ehefrau führte den privaten Haushalt sowie die Hauswirtschaft der Kinderheime und betreute als Hausmutter die aufgenommenen Kinder. Ihr Umgang mit den Kindern war Inspiration für die pädagogischen Ideen ihres Mannes.
„Als Pestalozzi das Institut in Yverdon übernahm, war Anna bereits über Sechzig und gesundheitlich schwer angeschlagen. Nichtsdestoweniger übernahm sie wiederum die hauswirtschaftliche Leitung der Erziehungsanstalt und bemutterte die Pestalozzi anvertrauten Kinder. Sie starb 1815 infolge einer Hustenerkrankung.“ 4) Damals kam Pestalozzi zu folgender Erkenntnis: „Ihr Leben an meiner Seite war schwer, Kummer und Sorge war ihr Teil.“ 5)
Pestalozzi und Antisemitismus
Der Historiker Felix Sassmannshausen schreibt in seinem für das Land Berlin verfassten Dossier über Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin: „In der jüngeren Forschung gibt es Erkenntnisse über frühantisemitische Motive im Werk von Pestalozzi. Weitere Forschung müsste die mögliche Kontinuität antisemitischer Ressentiments bei Pestalozzi in den Blick nehmen.“ Sassmannshausen gibt als Handlungsempfehlung für den Umgang mit diesem Straßennamen: „weitere Forschung, Kontextualisierung.“ 6)