Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Vizelinstraße

Lokstedt (1948): Vizelin (um 1090 Hameln – 12.12.1154 Neumünster), Heiliger der katholischen Kirche, Bischof von Oldenburg.


Vor 1948 hieß die Verkehrsfläche Bachstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Heinrich-Ferck-Straße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. (Staatsarchiv Hamburg 133-1II, 38: Große Benennung von 1938, Anlage 2. Die neu vorgeschlagenen Straßennamen nach Stadtteilen geordnet.)

Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung. Es blieb bis 1949 bei Bachstraße. (Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38. Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamburger Straßen 1938-1946. V: Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dezember 19338 und Dezember 1946. Hier in der Liste: alter Name: Bachstraße, 1938: vorgesehener Name: Heinrich-Ferck-Straße, 1946 beschlossene Bezeichnung: Vizelinstraße.)

Der Architekt und Bauunternehmer Heinrich Ferck (1887-1937) war bei der Eingemeindung 1937 seiner Heimatgemeinde Lokstedt maßgeblich beteiligt, indem er das „architektonische Straßenbild beeinflusste“, 1) so Christian Zech. Ferck war im Bürger-Verein zu Lokstedt aktiv „beteiligte sich an der Errichtung des lokalen Kriegerdenkmals und unterstützte den lokalen Sportverein.“ 2)

„Vizelin wurde nach dem frühen Tod seiner Eltern zunächst bei Verwandten bei Hameln, dann auf der Burg Everstein bei Holzminden erzogen.“ 3)

Enno Bünz schreibt in der Neuen Deutschen Biographie über Vizelins Lebensweg: „Nach mehrjährigem Besuch der Paderborner Domschule wurde V. in das Bremer Domkapitel aufgenommen. Dort leitete er spätestens seit 1118 ‚mit großer Strenge‘ (Helmold) die Schule und erscheint noch in einer vor 1122/23 ausgestellten Urkunde als ‚scolasticus‘ unter den Zeugen. Danach ging V. mit seinem Schüler Thetmar († 1152) für drei Jahre zum Studium nach Laon. Insbesondere die Begegnung mit Norbert von Xanten († 1134), dem Leiter des nahe gelegenen Stifts Prémontré, wurde prägend für V.s weiteren Lebensweg. Von Norbert, seit Juni/Juli 1126 Ebf. von Magdeburg, am 25. 7. 1126 zum Priester geweiht, wurde er von Ebf. Adalbero von Hamburg-Bremen († 1148) mit der Mission der wagrischen Abodriten [siehe: Wagrierweg] beauftragt, die aber der Tod des Fürsten Heinrich von Alt-Lübeck (* um 1093) 1127 verhinderte. Daraufhin gründete V. im dt.-slaw. Grenzraum in Wippenthorp (slaw. Faldera), dem späteren Neumünster, ein Augustiner-Chorherrenstift. Dabei erhielt er die Unterstützung Ks Lothars III. von Süpplingenburg (1075–1137), den V. vielleicht schon als Vogt des Stifts Hameln kennengelernt hatte. Der Kaiser ließ 1134 auf V.s Rat in Segeberg an der Trave eine Burg und ein Stift errichten, das wie Neumünster den Gewohnheiten der Augustiner-Chorherren folgte. Deren asketische Lebensweise war von einem starken missionarischen Impetus getragen. Nach der Neugründung des Bistums Oldenburg 1149 wurde V. von Ebf. Hartwig I. von Hamburg-Bremen († 1168) am 25. 9. zum Bischof geweiht, blieb jedoch zugleich Propst der Stifte Neumünster und Segeberg, bis er wohl 1152 die Personalunion aufhob. Das Stift Segeberg, das im Bistum Oldenburg lag, mußte in Folge der Bedrohung durch die Slawen vorübergehend nach Högersdorf verlegt werden, wo V. 1149/50 die neue Stiftskirche weihte. Eine Zehntschenkung an dieses Stift ist die einzige von Bischof V. erhaltene Urkunde. Die Lebensweise der Chorherrengemeinschaften von Neumünster und Segeberg folgte neben V.s persönlichen Weisungen (‚monita‘) wohl der als ‚ordo monasterii‘ bezeichneten, strengeren Fassung der Augustinerregel. V. wirkte unablässig, doch unter schweren Rückschlägen als Buß- und Glaubensprediger bei Holsten und Slawen, worüber v. a. die ‚Chronica Slavorum‘ des Helmold von Bosau Zeugnis ablegt; wegen des Konflikts um Ausstattung und Besetzung der nordelbischen Bistümer wurde er erst Ende 1150 von Hzg. Heinrich dem Löwen (1129–95) in Lüneburg mit dem Bistum Oldenburg (1160 nach Lübeck verlegt) investiert.

Über die Wirksamkeit V.s als Diözesanbischof ist nur wenig bekannt; welche Gotteshäuser tatsächlich zu den ‚Vicelinskirchen‘ gehören, die von ihm laut späterer Tradition errichtet worden sein sollen, ist umstritten. Nach einem zweiten Schlaganfall 1152 gelähmt, starb er zwei Jahre später und wurde in Neumünster begraben.“ 4)

Die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte schreibt über Vizelin u. a. : „Vicelin (*um 1090-1154†), Missionar und Bischof, gilt bis heute als Heiliger und wird als der ‚Apostel der Wagrier‘ bezeichnet. Dies, obwohl die wendischen Slawen nicht durch ihn, sondern erst durch seine Nachfolger endgültig zum Christentum bekehrt wurden. Lebensgeschichte und Wirken Vicelins sind nur vor dem Hintergrund des kriegerischen Ringens zwischen slawischen und den deutschen Stämmen zu verstehen, das sich vom 9. bis weit in das 12. Jahrhundert hinein hinzog. Vor allem mit den von ihm veranlassten Kirchenbauten prägte Vicelin die kirchliche Topographie in Altholstein und im späteren Ostholstein. Er ist damit einer der ‚Kirchenväter‘ Nordelbiens.“ 5)