Von-Moltke-Bogen
Bergedorf/Allermöhe (1995): Helmuth James Graf von Moltke (11.3.1907 Kreisau – 23.1.1945 Berlin-Plötzensee), Anwalt. Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
Siehe auch: Moltkestraße
Siehe auch: Schmidt-Rottluff-Weg
Helmuth James Graf von Moltke verfolgte Hitlers Aufstieg mit offener Kritik. Daher verzichtete er 1933 auf ein Richteramt. Im Jahr 1935 ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder. Von 1935 bis 1938 absolvierte er eine Ausbildung als britischer Rechtsanwalt (Barrister). Er plante die Übernahme einer Anwaltskanzlei in London, doch der Ausbruch des II. Weltkrieges im September 1939 machte diesen Plan zunichte. Stattdessen wurde von Moltke als Kriegsverwaltungsrat in das Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht in Berlin eingezogen. In seiner Rolle als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht setzte er sich gegen Unrecht und Willkür der Nazis ein. Sein besonderes Engagement galt der humanen Behandlung von Kriegsgefangenen und der Einhaltung des Völkerrechts. Schon 1939 arbeitete von Moltke erste Denkschriften zur politischen Neuorientierung Deutschlands aus. Zu Beginn des Jahres 1940 stieß Peter Graf Yorck von Wartenburg zu einer Gruppe von Regimegegnern um von Moltke. Die beiden Männer wurden zu den führenden Köpfen dieses sogenannten Kreisauer Kreises. Von Moltke bemühte sich um eine systematische Ausweitung seiner Kontakte zu protestantischen und katholischen Kirchenführern und zu den Köpfen der sozialdemokratischen Opposition. Nachdem er Mitglieder des Solf-Kreises vor einer Gestapo-Überwachung gewarnt hatte und dies den Behörden bekannt wurde, erfolgte am 19. Januar 1944 seine Verhaftung. Von Moltkes Beteiligung an den Umsturzplänen des 20. Juli wurde erst im Nachhinein bekannt. Am 11. Januar 1945 verurteilte ihn der Volksgerichtshof zum Tode; am 23. Januar 1945 wurde er in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Helmuth James Graf von Moltke war verheiratet mit Freya, geb. Deichmann (29.3.1911 Köln – 1.1.2010 Norwich, Vermont). Ihr Vater war Bankier gewesen. Freya studierte Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1935 mit der Promotion zur Dr. jur. ab. 1931 hatte sie Helmuth James Graf von Moltke geheiratet. Das Paar bekam zwei Söhne. „Während der Jurist Helmuth James Graf von Moltke bei der Abwehr in Berlin dienstverpflichtet war, bewirtschaftete seine Frau Freya das schlesische Gut Kreisau, wo sich die Konspiration auf drei Tagungen seit Pfingsten 1942 verdichtete und als ‚Kreisauer Kreis‘ zu einem historischen Begriff wurde: ‚Wenn die Männer geplant haben, haben wir zugehört.‘“ 1) Freya von Moltke, promovierte Juristin, wie auch andere Ehefrauen der Männer vom 20. Juli „beschränkten sich (…) auf ihre ‚aktive (…) Mithörerrolle‘, stellten bisweilen Fragen, aber fühlten sich für die politische Planung nicht kompetent. (…) Der klassische Gegensatz der Geschlechter – im letzten Brief vor seiner Hinrichtung beschrieb ihn Moltke seiner Frau so: ‚ Aber ohne Dich, mein Herz, hätte ich der Liebe nicht. Ich sage gar nicht, daß ich Dich liebe; das ist gar nicht richtig. Du bist vielmehr jener Teil von mir, der mir allein eben fehlen würde. Es ist gut, daß mir das fehlt; hätte ich das, so wie Du es hast, diese größte aller Gaben, mein liebes Herz, so hätte ich vieles nicht tun können, so wäre mir so manche Konsequenz unmöglich gewesen (…). Nur wir zusammen sind ein Mensch. Wir sind, was ich vor einigen Tagen symbolisch schrieb, ein Schöpfungsgedanke.‘ Freya von Moltke versteckte die Briefe ihres Mannes (…) in ihren Bienenstöcken, rettete sie als erstes auf ihrer Flucht aus Schlesien und gab sie später als Buch heraus. Inzwischen 83 Jahre alt, mißt sie ihren Beitrag, ihre Opfer mit souveräner Größe an den Frauen der Roten Kapelle: ‚Ich bin doch zu sehr eine normale Frau, als daß ich nicht wegen meiner Söhne am Leben bleiben wollte.‘ Während sie intellektuell opponierte (‚Wir selbst haben das Wort Widerstand überhaupt nicht benutzt‘), prangerten Männer und ebenso aktiv Frauen der Roten Kapelle die Untaten des nationalsozialistischen Regimes in Flugschriften an. ‚Das waren Frauen, die etwas tun wollten, die nicht ertragen konnten, nichts zu tun‘, so hebt die Gräfin deren Taten hervor. ‚Daß ich selbst nicht so weit gegangen bin‘, sieht sie inzwischen ‚als eine Schwäche von mir. So war ich eben. Ich bedaure das, aber vielleicht wäre ich dann nicht mehr am Leben‘. 1)
Aber sie sagte 1992 auch dies: „Es stimmt, wir haben nicht alle gleich viel von den Einzelheiten des Widerstandes unserer Männer gewusst – einige mehr, andere weniger. Und eine ganze Reihe von uns Frauen war auch selber ganz schön aktiv. Alle haben aber gewusst, worum es ging, mit allen Konsequenzen, die das für uns und unsere Kinder haben konnte und dann auch hatte. Und alle haben den Widerstand gebilligt. Ich meine, wir hätten verdient, dass das ganz klar und eindeutig gesagt wird.“ 2)
„Im Oktober 1945 musste sie mit den beiden Söhnen nach Westen ziehen. Kreisau zerfiel, das stattliche Schloss ebenso wie die Gehöfte und das unferne Berghaus, in dem die Familie angesichts der Nöte der Kriegszeit sich eingerichtet hatte. (…) Freya von Moltke nahm die Söhne mit nach Südafrika, wo sie Zuflucht fand bei den englischen Eltern der Mutter ihres Mannes, Chief Justice Sir James Jones-Innes. Zu den Gründen zählte, dass die Botschaft des deutschen Widerstands im Deutschland der Nachkriegszeit wenig willkommen war. Auf die Dauer allerdings konnte sie sich mit dem Apartheidregime nicht abfinden und zog Mitte der 50er-Jahre wieder nach Berlin. Doch auch dort blieb sie nicht lange. Ein alter Freund der Familie, der Philosoph und Historiker Eugen Rosenstock-Huessy (1888-1973), Emigrant von 1933 und Professor am renommierten Dartmouth College in Hanover (New Hampshire), hatte seine Frau verloren. Freya von Moltke, mittlerweile 49 Jahre alt, zog zum letzten Mal um, diesmal nach Norwich im US-Bundesstaat Vermont, und sorgte für den weit berühmten Hochschullehrer.“ 3) „Mit ihrer Unterstützung wurde das Gut der Moltkes in Kreisau nach 1990 zu einer Begegnungsstätte umgewandelt, die der deutsch-polnischen und europäischen Verständigung dient. 2004 wurde in Berlin eine Bürgerstiftung – die Freya-von-Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau[ – mit dem Ziel gegründet, die Kreisauer Begegnungsstätte langfristig abzusichern und die dort geleistete Arbeit zu fördern. Freya von Moltke unterstützte dieses Anliegen aktiv. Sie war darüber hinaus Ehrenvorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung (Trägerin der Kreisauer Begegnungsstätte) sowie des Kuratoriums des Institutes für kulturelle Infrastruktur Sachsen in Görlitz.“ 4)