Moltkestraße
Hoheluft-West (1873): Helmuth Graf von Moltke (26.10.1800 Parchim -24.4.1891 Berlin), Generalfeldmarschall
Siehe auch: Von-Moltke-Bogen
Siehe auch die anderen Straßen im „Generalsviertel“ in Hamburg Eimsbüttel: Mansteinstraße, Roonstraße; Bismarckstraße, Tresckowstraße, Kottwitzstraße, Contastraße, Tegetthoffstraße, Gneisenaustraße, Goebenstraße, Wrangelstraße.
In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Generalstabsweg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bei Moltkestraße (vgl.: Staatsarchiv Hamburg: 133-1 II, 38. Anlage 2. Große Umbenennung von 1938. Die neu vorgeschlagenen Straßennamen nach Stadtteilen geordnet unter Angabe der verwendeten Benennungsmotive)
„Helmuth von Moltke stammte aus der Familie von Moltke, die zum mecklenburgischen Uradel zählt. Er war der Sohn des späteren dänischen Generalleutnants Friedrich Philipp Victor von Moltke (1768–1845) und dessen Ehefrau Henriette Sophie, geb. Paschen (1776–1837). Von 1801 bis 1803 lebte die Familie auf Gut Gnewitz, zog dann nach Lübeck. Nachdem der Vater 1806 in den dänischen Militärdienst getreten war, sorgte er auch dafür, dass seine drei ältesten Söhne 1811 als Kadetten an der Kadettenakademie in Kopenhagen Aufnahme fanden. Seine Kindheit soll Helmuth von Moltke nicht als glücklich empfunden haben,“ heißt es in Wikipedia. 1)
1842 heiratete Moltke in Itzehoe die 25 Jahre jüngere Marie Burt (1825-1868), eine angeheiratete Nichte. Sie war eine angeheiratete Tochter seiner Schwester Auguste Burt, geb. Moltke (1807-1890). Diese war mit dem Plantagenbesitzer Burt verheiratet. Dessen jüngste Tochter aus erster Ehe war Marie Burt. „Es war im Frühling, als Moltke die Nichte wiedersah, die er als Kind gekannt, und mit seinem scharfen Blick und seinem tiefen, richtigen Gefühl faßte er sehr bald den festen Entschluß, um sie zu werben. Er zog die liebe Schwester Gustl ins Vertrauen: sie sollte das Terrain rekognosziren. An einem stillen Sonntag Abend im Mai sprach Frau Auguste der zu ihren Füßen sitzenden Marie mit zartem Takt von den Gefühlen, die Onkel Helmuth für sie hege. (…) Wenige Tage nach ihrem sechszehnten Geburtstage war sie die Braut des schon vierzigjährigen Mannes. (…) Mit der Stunde, da Marie beglückt erkannte, wie viel dem lange einsamen Herzen dieses Mannes zu sein bestimmt war, nahm ihr Inneres einen ungewohnten Aufschwung. Es war, als müßte sie den trennenden Abstand der Lebensjahre und Erfahrungen einholen. In demselben Boden gottesfürchtigen Lebens wurzelnd, folgte sie seiner aufs Erhabene gerichteten lauteren Geistesgröße, indem sie ihn mit aller Innigkeit ernster und einziger Liebe umschlang, um ihn nie mehr zu lassen.“ 2) Beide verlebten eine glückliche Brautzeit, in der sie sich viele zärtliche Briefe schrieben. Moltke sagte seiner Braut aber auch, was sie noch alles an sich verändern müsse: „Es dürfe ihr nicht so ganz einerlei sein, was die Leute von ihr dächten – ja, dass müsse sie auch lernen, sie müsse allen Leuten recht gefallen. ‚Die Schönheit ist nur eine Herausforderung für die Kritik, und Du mußt durch verbindliches, freundliches Wesen die Leute damit versöhnen.‘ Einen tiefen Blick in die eigenartige Selbstprüfung und Selbsterkenntnis Moltkes läßt sich aus dem Brief vom 13. Februar 1842 thun: ‚Mein ganzes Auftreten ist nur eine mit Zuversichtlichkeit und sage du monde (Weltsitte) übertünchte Blödigkeit. Die langjährige Unterdrückung, in welcher ich aufgewachsen, hat meinem Charakter unheilbare Wunden geschlagen, mein Gemüth niedergedrückt und den guten, edlen Stolz geknickt. Spät erst hab ich angefangen, aus mir selbst wieder aufzubauen, was umgerissen war; hilf Du mir fortan, mich zu bessern.‘ Darauf antwortete Marie: ‚Ich weiß wohl, daß es in dem Moltkeschen Charakter liegt, sich wenig zu äußern und mitzutheilen. (…) Was mich bei Dir so rühren kann, ist die übergroße Bescheidenheit Deines Charakters und vor Allem die Gutmüthigkeit. (…).“ 3) In den Ehejahren war das Paar sehr häufig getrennt, weil Moltke seinen vielfältigen Tätigkeiten nachgehen musste. Sie ließ – wie so viele Soldatenfrauen – viele Versetzungen über sich ergehen, hatte die dazu notwendigen Umzüge zu organisieren sowie neue Wohnungen einzurichten, und sie war viel allein.
In diversen deutschen Städten sind nach Moltke Straßen benannt worden. So heißt es in einer Schrift, die sich mit Dortmunder Straßennamen beschäftigt. „Moltke hat sich nicht nur um seinen Anteil für die erfolgreichen so genannten Deutschen Einigungskriege verdient gemacht, die die Grundlage für spätere Angriffskriege und die Entstehung einer kollektiven deutschen Identität bildeten. Er gehörte auch schon früh zu den Befürwortern einer deutschen Expansion nach Übersee. ‚Als das Deutsche Reich in den 1880er Jahren ... in die Reihe der europäischen Kolonialmächte trat, verfolgte Moltke die Entwicklung der Kolonien mit Interesse. Große Bewunderung hegte er für die beiden ‘Kolonialpioniere’ Carl Peters und Hermann Wissmann wegen ihres ‘schneidigen Vorgehens’ gegen die einheimische Bevölkerung.‘“ 4)
Der Beirat zur Überprüfung Düsseldorfer Straßen- und Platzbenennungen schreibt über die Düsseldorfer Moltkestraße: „Helmuth von Moltke der Ältere gilt bis heute als einer der bedeutendsten Befehlshaber der preußisch-deutschen Geschichte und verkörpert ‚wie kein anderer die militärischen Tugenden und Triumphe des Deutschen Kaiserreiches.‘ (Meier, S. 269) Die von ihm entwickelten Strategien entschieden nicht nur maßgeblich die sogenannten ‚Einigungskriege‘, sondern begründeten im 19. Jahrhundert auch eine neue Tradition militärischen Führungsdenkens. Als Befürworter europäischer Nationalstaaten hielt Helmuth von Moltke die ‚Erhebung der deutschen Nation‘ (Salewski, S. 72) nur durch kriegerische Auseinandersetzungen für realisierbar. Den Theorien des berühmten Militärwissenschaftlers Carl von Clausewitz folgend, betrachtete er den Krieg als legitimes politisches Mittel und widmete sich dementsprechend der Neuorganisation des Heeres. Neben der Umstrukturierung des Generalstabs und der Reformierung der militärischen Ausbildung unter Einbeziehung wissenschaftlicher Kriterien (Statistik, Geographie, Topographie. etc.) machte sich Moltke die technischen Entwicklungen seiner Zeit zunutze und avancierte auf diese Weise zum ‚Wegbereiter des industrialisierten Volkskriegs‘ (Thies, S. 94); der Ausbau des Eisenbahn- und Telegraphennetzes bildete die logistische Voraussetzung für seine Aufmarschpläne. Moltkes operatives Denken war maßgeblich durch die geostrategische Lage Preußens in Mitteleuropa beeinflusst und sah die schnelle Vernichtung des Gegners durch Umfassung vor. Die Durchführung dieser Militärmanöver setzte die Beweglichkeit des Heeres voraus, sodass der Chef des Generalstabs die Praxis der sogenannten ‚Auftragstaktik‘ etablierte, die bis heute zur Führungsphilosophie der Bundeswehr gehört. Die Delegation von Weisungen bis auf die unterste Befehlsebene führte dazu, ‚dass vom General bis zum Unteroffizier ein eigenständiges Führungsdenken einzog und jeder, auch ohne Befehl, den Kampf von sich aus fortsetzte.‘ (Schobeß, S. 300) Diese Strategie fand sowohl in der ‚Schlacht bei Königgrätz‘ (Deutsch-Deutscher Krieg) als auch im Deutsch-Französischen Krieg Anwendung und trug entscheidend zum Sieg der preußischen Truppen bei. Wie viele Angehörige seiner Generation zeigte sich Helmuth von Moltke der Expansion des deutschen Lebensraums gegenüber aufgeschlossen. Nach seiner Zeit als Militärberater in der Türkei hatte er bereits in den 1840er Jahren öffentlich für die Errichtung eines christlichen Staates unter deutscher Führung in Palästina geworben. Im Zuge der Inbesitzname deutscher Kolonien in den 1880er Jahren äußerte er seine Bewunderung für das Vorgehen des ‚Kolonialpioniers‘ Hermann von Wissmann, der Aufstände der indigenen Bevölkerung brutal niederschlug: ‚Der Mann macht mir Freude. So einen habe ich gern. Der geht doch feste da unten vor und hängt die Schufte auf, da wo sie es verdienen.‘ Obwohl Helmuth von Moltke den Krieg als ‚Glied in Gottes Weltordnung‘ betrachtete und durchaus von dessen Notwendigkeit überzeugt war, beobachtete er ‚die Fortentwicklung der Staaten, der Völker, ihrer Machtmittel und Mentalitäten‘ (Salewski, S. 81) am Ende des 19. Jahrhunderts mit Sorge. In seiner letzten Reichstagsrede im Jahr 1890 warnte er schließlich vor dem Ausbruch eines totalen Volkskriegs: ‚Es sind die größten Mächte Europas, welche, gerüstet wie nie zuvor, gegeneinander in den Kampf treten[...]. Wehe dem, der Europa in Brand steckt, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß [sic] schleudert!‘ ‚Organisation und Professionalität, ein hohes Maß an politischer Unabhängigkeit und vor allem der Mut zu originärem Denken und eigenständigem Handeln zeichnete [Helmuth von Moltkes] Tradition über viele Jahre und Jahrzehnte aus, ehe der Generalstab im Ersten Weltkrieg erstmals in Verruf geriet und danach im Nationalsozialismus ebenso unterging wie das Reich, das zu schaffen er mitgeholfen hatte.‘ (Görtemaker, S. 38).“ 5)
Der Beirat zur Überprüfung Düsseldorfer Straßen- und Platzbenennungen empfahl für den Umgang mit diesem Straßennamen: „militärischer Hintergrund verlangt weiterführende Erläuterungen / latenter Kolonialismus.“ 5)
Über Moltkes Einstellung zum Krieg siehe auch die Dissertation von Niklaus Meier: Warum Krieg? Die Sinndeutung des Krieges in der deutschen Militärelite 1871-1945. Diss. Universität Zürich. 2010.
Hamburg verlieh Moltke 1871 anlässlich der Siege in den deutschen Einigungskriegen die Ehrenbürgerschaft.
Bereits 1983 hatte die SPD Eimsbüttel vorgeschlagen, aus dem Generalsviertel, so benannt, weil dort alle Straßen nach ehemaligen Militärs heißen, ein „Friedensviertel“ zu machen und die dortigen Straßen umzubenennen. Aber daraus wurde nichts. 2021 erfolgte ein erneuter Vorstoß, diesmal von der Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung Hamburg Eimsbüttel. In ihrer Pressemitteilung vom 14.2.2021 schlägt die Fraktion unter der Überschrift „Moltkestraße im Generalsviertel: Keine Straßennamen nach Kriegstreibern!“ vor, die Straße entweder umzuwidmen nach dem von den Nationalsozialisten hingerichteten Neffen des Grafen von Moltke, Helmut James von Moltke oder die Verkehrsfläche umzubenennen nach der schwarzen Sängerin Audrey Motaung, die gegen Rassismus und für Frauenrechte eingetreten war und 2019 verstarb. Nach Helmut James von Moltke ist bereits seit 1995 in Hamburg-Allermöhe der Von-Moltke-Bogen (siehe: Von-Moltke-Bogen) benannt.