Reinstorfweg
Wilhelmsburg (1966): Ernst Heinrich Friedrich Reinstorf (19.9.1868 Bütlingen -1960), Rektor der Schule Neuenfelder Straße in Wilhelmsburg, Heimatforscher und Vorsitzender des Heimatvereins.
Siehe auch: Hermann-Keesenberg-Brücke
In der von den Nationalsozialisten 1938 aufgestellten Vorschlagliste für die Große Umbenennung von Straßennamen, die im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes notwendig wurde, da durch dieses Gesetz das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert wurde und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam, ist auch die 1907 benannte Sanitasstraße aufgeführt, für die die Umbenennung in Reinstorfstraße vorgeschlagen wird. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg: 133-1 II, 38. Anlage 2. Große Umbenennung von 1938. Die neu vorgeschlagenen Straßennamen nach Stadtteilen geordnet unter Angabe der verwendeten Benennungsmotive). Der Name Sanitasstraße blieb bestehen und es kam zu keiner Umbenennung in Reinstorfweg.
Die Benennung einer in den 1960er Jahren neu angelegten Verkehrsfläche nach dem NSDAP Mitglied Ernst Heinrich Friedrich Reinstorf fand dann 21 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus statt.
Reinstorf hatte im Alter von 71 Jahren am 2.12.1939 die Aufnahme in die NSDAP beantragt und wurde am 1.4.1940 in diese Partei aufgenommen. (Mitgliedsnummer: 7578071) 1)
Er war der Sohn von Anna Marie Margarethe Reinstorf, geborene Brandt und von Ernst Friedrich Reinstorf. 1894 heiratete er Katharina Marie Wilhelmine Fuhrhop (17.4.1868 – 16.10.1929). Das Paar hatte ein bis zwei Kinder.
Bis zu seiner Pensionierung arbeitete Reinstorf als Schulleiter an den Schulen Rahmwerder Straße und Buddestraße. Wie es bei vielen Lehrern beliebt war, engagierte sich auch Reinstorf neben seiner Schultätigkeit als Heimatforscher. 1907 war er Mitbegründer des Vereins für Heimatkunde Wilhelmsburg geworden.
Reinstorf verfasste zahlreiche Schriften und Bücher zur Heimatkunde Wilhelmsburg, so auch das Buch „Geschichte der Elbinsel Wilhelmburg“. In seinem Vorwort schreibt er über das Erscheinen des Werks: „Der Text desselben stand 1943 bereits druckfertig im Satz. Das Werk konnte aber nicht erscheinen, da zuerst kein Papier vorhanden war und dann die Engländer auch noch das Blei des Satzes beschlagnahmten, so daß dieser wieder neu hergestellt werden mußte.“ Das Buch erschien 1955 und war versehen mit einem Schlusskapitel „Wilhelmsburg während des 2. Weltkriegs und nach demselben“, verfasst von dem ehemaligen NSDAP-Mitglied H. Keesenberg. Auch nach ihm ist in Wilhelmburg eine Straße benannt worden, und zwar im Jahr 2000 die Hermann-Keesenberg-Brücke. Im von Hermann Keesenberg verfassten Text ist zum Beispiel von Terrorangriffen im Zweiten Weltkrieg auf die Wilhelmsburger Bevölkerung die Rede; jedoch kein Wort über die Zwangsarbeiter, kein Wort über die Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung und der Widerstandskämpfer. Und das Thema Entnazifizierung wird ebenfalls mit keinem Wort erwähnt.
Ernst Reinstorf schreibt in seinem Vorwort über das Ziel des Buches: „Möge dieses Buch mit dazu beitragen, daß die Anhänglichkeit an die Heimat und die Liebe zu ihr und damit zu unserem deutschen Vaterlande in den hiesigen und außerhalb lebenden Wilhelmsburgern wachgehalten und wenn möglich noch vertieft werde.“ Reinstorf endet sein Vorwort „mit deutschem Heimatgruß der Verfasser E. Reinstorf.“
Reinstorfs Buch über die Geschichte der Elbinsel Wilhelmsburg wurde im Rahmen des Projektes „Start der Digitalisierung der Geschichte Wilhelmsburg“, gefördert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2003 neu aufgelegt. Im Vorwort zur Neuauflage heißt es u. a. „Hamburgs große Elbinsel Wilhelmsburg blickt zurück auf eine spannende Geschichte: Ernst Reinstorf hat 1943 diese in seinem Buch, welches Sie in der Hand halten, zusammengetragen. (…) das Buch, das Ernst Reinstorf schrieb, ist viel zitiert, doch wenig kommentiert worden. Aus heutiger Sicht können einzelne Aussagen – ohne das Gesamtwerk in Frage zu stellen – kritisch hinterfragt werden. Diese Neuauflage will keine Bewertung vornehmen, Die Wiederverfügbarkeit des Werkes in den heutzutage verfügbaren Medien stand im Vordergrund. (…). Der Herausgeber Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V., Hamburg-Wilhelmsburg Oktober 2003.“