Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Richeystraße

Barmbek-Nord, Bramfeld, Steilshoop (1951): Michael Richey (1.10.1678 Hamburg – 10.5.1761), Schriftsteller, Sprachforscher, Professor am Akademischen Gymnasium, Gelehrter.


Siehe auch: Brockesstraße
Siehe auch: Fabriciusstraße

Vor 1933 trug die Straße den Namen Goethestraße. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Straße 1933 umbenannt in Kaiser Friedrich-Straße. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Richeystraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1951 bei Kaiser Friedrich-Straße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Michael Richey schrieb das erste Wörterbuch zum Hamburger Platt.

1889 schrieb Max von Waldburg in der Allgemeinen Deutschen Biographie über Michael Richeys Werdegang u.a.: „Seine Eltern Joh. R., Kaufmann daselbst, und Esther geb. Engels, Tochter eines aus Holland stammenden Künstlers sorgten – unterstützt durch geradezu glänzende Vermögensverhältnisse – daß der Sohn schon in frühester Jugend eine systematische sorgfältige Erziehung genoß.“ 1)

Richey besuchte das Johanneum und das Akademische Gymnasium und studierte 1699 in Wittenberg Theologie, Philosophie, Naturlehre, Mathematik, Geschichte und schöne Wissenschaften.

Richey verfügte über keinen guten Gesundheitszustand. „Die Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand zwang ihn auch, die ihm von seinem Gönner Hauptpastor Mayer verschaffte Berufung als außerordentl. Professor nach Greifswald, nach schweren Kämpfen abzulehnen. In Hamburg seiner Erholung lebend, widmete er sich (…) wissenschaftlicher und poetischer Beschäftigung, (…). Kleinere Erholungsreisen festigten einigermaßen seine schwankende Gesundheit, und auf einer größeren ärztlich angerathenen Reise nach Frankreich bekam er, bevor er noch seine Ziel erreichte, eine Berufung als Rector nach Stade, (…). Hier eröffnete er die seinen Neigungen so entsprechende Lehrthätigkeit, mit der er später in Hamburg seinen Ruf als Pädagoge begründete, (…). Acht Jahre hindurch wirkte er segensreich in Stade. Hier begründete er auch einen Hausstand.“ 2)

Richey, der seit 1704 in Stade wirkte, heiratete 1706 im Alter von 26 Jahren die vier Jahre jüngere Anna Catharina Schulte (geb. 6.10.1682 Hamburg). 1711 wurde eine Tochter geboren. Bereits ein Jahr später, 1712 verstarb Anna Catharina Richey im Alter von 29 Jahren. Richey, nun Witwer eines kleinen Kindes, ging keine neue Ehe ein.

Weil es ihm gesundheitlich nie gut ging und weil „die Verhältnisse in Stade durch Kriegsunruhen und Krankheiten wenig erfreulich wurden, legte er 1713 sein Amt nieder, zog sich wieder nach Hamburg zurück, wo er nach mehrjähriger Muße, auf Empfehlung von Fabricius [siehe: Fabriciusstraße und Fabriciusstieg] und Hübner, 1717 an den Anstalten, die er einst als Schüler besucht, als Lehrer des Griechischen und der Geschichte berufen wurde [von 1717-1761]. Volle 44 Jahre hatte er mit treuer Hingabe an seinen Beruf gewirkt, siebenmal das Rectorat verwaltet, (…).“ 3)

Richey war von 1715 bis 1718 Mitglied der Teutsch-übenden Gesellschaft. Dazu schreibt Jürgen Rath: „Die ‚Teutsch-übende Gesellschaft‘ vereinte, mit dem Ziel verstärkter Emanzipation deutscher Sprache und Dichtung, Richey mit Fabricius, Barthold Heinrich Brockes [siehe: Brockesstraße] und vier anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.“ 4)

Außerdem gehörte Richey von 1724 bis 1726 „der Redaktionsgemeinschaft der bekannten Moralischen Wochenschrift ‚Der Patriot‘ an; Mitglied – und oft auch Wortführer – der ersten Patriotischen Gesellschaft aber war er zeit ihres Bestehens: von 1724 bis 1748.“5)

Max von Waldburg erklärt die Zielsetzung dieser Wochenschrift: „‘Der Patriot‘, war eine der bedeutendsten der um jene Zeit wie Pilze emporschießenden ‚moralischen‘ Wochenschriften. Ihre Tendenz, die verfahrenen gesellschaftlichen Verhältnisse zu reformiren, die Kindererziehung zu regeln, den guten Geschmack zu fördern, sowie das gesellige und Familienleben sittlich zu heben, fand allgemeinen Beifall und die geschickte Art, diese Absichten zu propagiren, verschaffte der Zeitschrift eine für jene Zeit ungewöhnlich hohe Zahl von Abnehmern. R. hat – neben Weichmann, Fabricius u. a. – eine Reihe der wirksamsten Beiträge geliefert (…).“ 6)

Jürgen Rathje beschreibt den politischen Einfluss, den die Patriotische Gesellschaft auf die politischen Verhältnisse in Hamburg hatte, wozu Richey mit seinen Beiträgen ebenfalls beigetragen hatte. „Die von der ersten Patriotischen Gesellschaft eingeleitete Wende der politischen Verhältnisse bewirkte, das eine überzeugte qualifizierte Minderheit die bürgerlichen Freiheiten nicht länger mit dem Alleinvertretungsanspruch und der Intoleranz der lutherischen Staatskirche, sondern mit Naturrecht und Vernunft verband und dass sie durch gemeinnütziges Engagement ebenso wie durch entschiedenes Wahrnehmen ihrer Rechte den absolutistischen Neigungen des Rats entgegentrat, diesen aber in seiner Toleranzpolitik gegen die lutherische Orthodoxie unterstützte und so dem Gemeinwesen Stabilität verschaffte. (…) In diesem Sinne appellierten Richeys ‚deutsche Gedichte‘ – sein Hauptwerk – in der Sprache politisch Gleicher an die Selbstachtung einer durch das unglückliche Ende der ‚Bürgerlichen Unruhen‘ gedemütigten Bürgerschaft“ 7)

Richey erwarb sich besondere Verdienste mit seinem „Idioticon Hamburgense“ „Wörterbuch zur Erklärung der eigenen in und um Hamburg gebräuchlichen, Nieder-Sächsischen Mundart“, welches 1743 erstmals erschien.

Max von Waldberg sieht Richeys Ruhm in dessen poetischer Tätigkeit, „obwohl diese sich hauptsächlich nur auf Gelegenheitsdichtungen im Sinne des 17. Jahrhunderts beschränkte. (…). Seine Gelegenheitsgedichte, besonders die Hochzeitscarmina unterscheiden sich wesentlich von den bis dahin geschaffenen gleicher Gattung. Während die Epithalamien der zweiten schlesischen Schule bis ins 18. Jahrhundert hinein, eine Ablagerungsstätte roher Erotik, ja priapischer Dichtung, zum mindesten aber eine geschmacklose breite Umrahmung für eingestreute ‚Lyrica‘ waren, erhob R. diese Gattung zu litterarischer Bedeutung. Er vermied auch die ‚künstlich hohen Worte Schmeichellob und Dichterwind‘ und führte ein neues Element, das der vornehmen Heiterkeit, gefälligen Witzes und munterer Schalkhaftigkeit ein. (…). Maßvoll sind auch die anderen Casualdichtungen und in den Leichengedichten unterscheidet er sich vortheilhaft durch Kürze, und durch Verachtung des übertriebenen unwahren Trauerpomps von seinen Vorgängern. (…).“ 8)