Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Brockesstraße

St. Georg (1942): Barthold Hinrich Brockes (22.9.1680 Hamburg -16.1.1747 Hamburg), Dichter, Schriftsteller und Senator


Siehe auch: Richeystraße
Siehe auch: Fritzschweg
Siehe auch: Fabriciusstraße

Die Brockesstraße wurde in der Zeit des Nationalsozialismnus benannt und zwar dort, wo die Straße zu Brockes ehemaligem Gartenhaus führt.

Brockes entstammte einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie (Vater: Bernhard Brockes, Mutter: Margarethe, geb. Elmhoff. Tochter eines Lakenhändlers und Gewandschneiders und dessen Ehefrau), war zeitlebens wirtschaftlich unabhängig und konnte sich deshalb seinen künstlerischen Neigungen widmen.

Als Brockes 14 Jahre alt war, starb sein Vater. Er hinterließ ein großes Vermögen, so dass seine Witwe und die beiden Kinder finanziell sorgenfrei leben konnten.

In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ steht über Brockes: „Diese als Dichter in die hamburgische Geschichte eingegangene Persönlichkeit hat sich von 1720-1747 auch als Senator Verdienste um die Vaterstadt erworben. Er wurde am 22. September 1680 in Hamburg als Sohn eines angesehenen Kaufmanns und Nachkomme bedeutender Lübecker Senatoren geboren. Nach der Rückkehr [1704 war seine Schwester gestorben. Deshalb hatte seine Mutter ihn gebeten, nach Hamburg zurückzukehren] von juristischen Studien und Reisen widmete er sich seit 1704 in Hamburg neben rechtswissenschaftlichen Arbeiten der edlen Dichtkunst, deren Werke zuerst 1712 erschienen. Nach seiner Berufung in den Senat 1721 gebührte seine Aufmerksamkeit ganz den daraus erwachsenden Aufgaben. Seine diplomatischen Fähigkeiten stellte er schon 1721 unter Beweis, als er den Bürgermeister Sillem [siehe: Sillemstraße] bei der Gesandtschaft nach Wien an den kaiserlichen Hof begleitete und dem Kaiser ein Bittgedicht überreichte. Auch auf weiteren Gesandtschaften erfreute er sich fürstlichen Verhandlungspartnern durch seine Gedichte. Die Prätur versah er zwei Jahre mit großer Sorgfalt. Von 1735-1741 verwaltete er Ritzebüttel und sorgt für regelmäßige jährliche Erntedankgottesdienste. Auch der Schifffahrt und den Schulen galt seine Fürsorge bis er 1747 starb.“1)

In seinen Jungmännerjahren verhielt Brockes sich „Frauen gegenüber (…) außerordentlich gehemmt und verklemmt (…) [und] hütete sich aus Furcht vor Liebesabenteuern (…) mit den ‚schönsten Frauenzimmern‘ näher bekannt zu werden (…) [und] hofierte nur ‚mit Fleiß die ältesten und diejenigen, die am wenigsten schön waren‘. In Venedig steigerte sich diese ängstliche Haltung geradezu ins Lächerliche. Wie er in seinen Memoiren berichtet, habe ihn an seinem letzten Tag dort nach dem Gottesdienst eine ‚sehr wohlgekleidete‘ Marquise angesprochen und zu sich in ihren Palast eingeladen. Da sie versichert hätte, daß ihr Mann gerade nicht zu Hause wäre, steht es wohl außer Zweifel, daß es sich um eine Einladung zu einem Liebes-Rendezvous handelte. Brockes hatte das derart in Verlegenheit gebracht, daß er nicht in der Lage war, angemessen zu antworten. Um nun aus dieser für ihn peinlichen und, wie er meinte, gefährlichen Situation herauszukommen, ließ er der Marquise melden, daß er die Einladung für einen Tag später annehme, packte schleunigst seine Koffer, bewaffnete sich ‚mit geladenen Pistolen‘ und verließ fluchtartig mitten in der Nacht die Stadt,“ 2) erzählt Jürgen Klein in seiner Abhandlung über Bertold Heinrich Brockes als Politiker.

Auf Brautschau begab sich Brockes nach dem Tod seiner Mutter im Jahre 1709, „da er von da an doch auf manche Annehmlichkeiten hatte verzichten müssen, die ihm sonst durch die mütterliche Sorge zuteil geworden waren. Verschiedentlich vermietete er daher in seinem großen Wohnhaus mehrere Zimmer, seine Mahlzeiten nahm er oft im Restaurant ein, und noch mancherlei ähnliche kleine Unannehmlichkeiten musste er in Kauf nehmen, so daß seine Freude ganz besonders groß war, als er endlich im Februar 1714 mit Anna Ilsabe Lehmann [einer Kaufmannstocher] ‚ein wohlgestaltetes, fruchtbares, vernünftiges, tugendhaftiges und Ihn mit allen Kräften fürchtendes Ehegemahl‘ heimführen konnte. Diese Frau hat ihm insgesamt zwölf Kinder geboren, von denen ihn jedoch nur sieben überlebten“, schreibt Jürgen Klein 1980 3) Anna Ilsabe Lehmann (1694-1736) hatte Vermögen in die Ehe eingebracht. Das Paar bekam sechs Söhne.

Brockes, so der Publizist Matthias Wegner, warb „für eine moderne Erziehung und lebte zufrieden im ‚festen Vertrauen zu meinen geliebten Mitbürgern und angenehmen Mit-Bürgerinnen, daß sie meinen Rath nicht in den Wind schlagen, sondern aufs Wenigste ihn wohl überlegen werden. Ich bin auch in dieser meiner Hoffnung um so viel mehr bestärket, wenn ich bedencke, daß die ersten seit kurzem (…) zwey grobe Laster, nämlich das unmäßige Saufen und Spielen, fast gänzlich unter die Füße gebracht (…). Wollte GOTT, daß wir bald von mehren so sagen könnten, welches keiner so sehr, als ein aufrichtiger Patriot von Hertzen wünschet.‘ Zu seinen Wünschen gehörte auch eine eigene Bibliothek für Frauen, zu der es aber mit dem Aufstieg der Lesegesellschaften, die ja ausdrücklich Frauen mit einbezogen, nicht mehr kam.“ 4)

Brockes setzte sich, so Jürgen Klein, für die Förderung der wissenschaftlichen Bildung auch für Frauen ein und den „damit verbundenen Vorschlag zur Gründung einer Frauenakademie (…). Die Tatsache, daß die wissenschaftliche Bildung eine alleinige Domäne der Männer war und bekanntlich auch noch bis Ende des 19. Jahrhunderts blieb, rief bei diesem Vorschlag sofort etliche empörte Leser auf den Plan, die den Patrioten [Zeitschrift, in der dieser Vorschlag unterbreitet worden war, die Verf.] in Flugschriften mit üblen Schimpfworten überhäuften. Dabei hatte Brockes - und mit ihm seine Herausgeberkollegen – keineswegs daran gedacht, den Frauen in allen Wissenschaftsbereichen das Feld zu räumen. Es ging ihnen vielmehr darum, die allgemeine Konversation mit den ‚Mit-Bürgerinnen‘, wie Brockes sich bewußt auszudrücken pflegte, von der platten Ebene der Eitelkeiten und des gesellschaftlichen Tratsches abzuheben. ‚Die zween Haupt- und Todt-Feinde‘ der damaligen Situation sah er in der Üppigkeit beim Essen und Trinken sowie in der allgemeinen Unwissenheit der Frauen begründet. Wenn die Frauen gebildeter seien, wenn sie sich über alle Probleme mit den Männern auf gleicher Ebene unterhalten könnten, würden sie diesen auch ihre ‚zwey groben Laster‘ schleunigst abgewöhnen, ‚nehmlich das unmäßige Sauffen und Spielen‘. Daher solle die ganze Familie der ‚Haus-Frau‘ bei ihren hauswirtschaftlichen ‚Beschwerlichkeiten‘ helfen. Dann sei auch sie ‚geschickt, jeden in der Gesellschaft zu unterhalten, und sich die Unterredung zu Nutze zu machen, an statt, daß sie sonst in der Küche liegen, und hundert Sorgen haben muß.‘“ 5)