Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Rodigallee

Marienthal (1947): Erich Wasa Rodig (23.8.1869 Horka/Oberlausitz -26.10.1940 Hamburg), Oberbürgermeister von Wandsbek, Ehrenbürger.


Siehe auch: Dellestraße.
Siehe auch: Rauchstraße

Vor 1947 hieß die Straße Hindenburgallee. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Artilleriestraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen gekommen war. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1947 bei Hindenburgallee. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Erich Wasa Rodig entstammte einer Gutsbesitzerfamilie des Gutes Niederhorka (Niederlausitz). Sein Vater war der Rittergutsbesitzer und Amtsvorsteher Ernst Wasa Rodig; seine Mutter Hedwig Rodig, geborene Wendler.
1891 machte Erich Wasa Rodig Abitur. Helmut Stubbe – da Luz schreibt über ihn u., a.: „Er war häufig krank, einmal sogar dem Tode nahe und behielt als Folge davon bis ins hohe Alter eine Herzschwäche, Schwindelanfälle und schier unüberwindliche Ermüdungserscheinungen um die Mittagszeit herum.“ 1)

Der zum Einzelgänger neigende Rodig studierte ab 1891/92 Jura. Während seines Studiums starb sein Vater, und nachdem 1895 das Gutshaus abgebrannt war, musste es verkauft werden.

Nach dem ersten Staatsexamen, das Rodig im Oktober 1895 bestand, ging Rodig in die Verwaltung, absolvierte eine Referendarzeit, machte sein Assessorexamen und begann 1901 als Magistratsassessor in Görlitz. Im „Jahr darauf wurde er besoldeter Stadtrat in Schweidnitz, (…).“ 2)

Diese Position versetzte ihn in die finanzielle Lage, seine Verlobte Else Napp (11.9.1875-22.3.1940 Hamburg) zu heiraten. Die Hochzeit fand 1902 statt. Im selben Jahr wurde das erste Kind geboren. 1904 wurde Rodig Zweiter Bürgermeister in Forst (Lausitz). 1905 wurde das zweite Kind geboren. Zwei Jahre später kam das dritte Kind auf die Welt; und der Vater dreier kleiner Kinder wurde Zweiter Bürgermeister in Potsdam.

1912 bewarb sich der studierte Jurist um die Stelle des Oberbürgermeisters in Wandsbek. 1913 wurde er mit deutlicher Mehrheit – sein Kontrahent war der bis dahin amtierende Eduard Rauch gewesen (siehe: Rauchstraße) – zum Oberbürgermeister der Stadt Wandsbek gewählt, die damals zu Preußen gehörte.
1915 wurde Rodig Vater des vierten Kindes.

Helmut Stubbe-da Luz schreibt über ihn: „Rodig gehörte zu den durch stete Bewerbungen zielbewusst aufstrebenden, in einem weiteren Sinn linksliberalen und ‚munizipalsozialistischen‘ Kommunalpolitikern, die im letzten Viertel des 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts die städtische Leistungsverwaltung auf- und ausbauten. Unter seiner Leitung überstand Wandsbek den Weltkrieg, die Revolution und einen Teil der Weltwirtschaftskrise.“ 3)

Während des Ersten Weltkriegs nahm Rodig eine patriotische Gesinnung an und „faßte [zum Beispiel die privaten Wohlfahrtsorganisationen] in der Wandsbeker Kriegshilfe zusammen. Seine Frau wirkte als Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins vom deutschen Roten Kreuz und übernahm in dieser Funktion vor allem die Betreuung der Wandsbeker Lazarette.“ 4)

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war Rodigs Kraft verbraucht. „Als Anfang November 1918 ‚die bolschewistische Revolution (…) auf Hamburg übergriff‘, so hat sich Rodig erinnert, ‚begann die traurigste Zeit meines Lebens‘ – bis Mitte/Ende 1920 allenthalben in Deutschland das politische Leben wieder weitgehend in geregelten Bahnen verlief.“ 5)

Über die politischen Ereignisse der Novemberrevolution in Wandsbek schreibt Helmut Stubbe – da Luz: „Freilich hat Rodig den mäßigenden Einfluß der Wandsbeker (Mehrheits-) Sozialdemokraten auf den Verlauf des Umsturzes lobend erwähnt: Diese waren so geschickt, dem Oberbürgermeister schnell zwei der Ihren als ‚Beiräte‘ zur Kontrolle des Stadtoberhauptes und des Magistrats insgesamt vorzuschlagen, und Rodig war nicht so ungeschickt, sich zu sträuben, denn es handelte sich just um ’die anständigsten, die Stadtverordneten Bruhns und Kröger. (…) Dadurch wurden die Eingriffe des zunächst ganz kommunistischen Soldaten- und Arbeiterrates abgewehrt, während die beiden Beiräte ihre Aufgabe nur ganz formell auffaßten und sich sehr taktvoll benahmen‘“,6) zitiert Helmut Stubbe- da Luz Erich Wasa Rodig.

Rodig engagierte sich jahrelang für die Eingemeindung Wandsbeks nach Hamburg und pries die Vorzüge Wandsbeks als Wohnort und als Industriestandort. So äußerte er einmal 1936: „Wer Hamburg kennt, wird in der Regel auch Wandsbek kennen, aber vielen wird es gar nicht bewusst geworden sein, dass sie in eine andere Stadt, ja sogar in ein anderes deutsches Land – nach Preußen – gekommen waren; denn äußerlich stellt sich Wandsbek lediglich als ein Stadtteil Hamburgs dar, und nicht als ein schlechter.“ 7)

1931 schied Rodig aus gesundheitlichen Gründen aus dem Amt des Oberbürgermeisters aus. Im selben Jahr wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Wandsbek ernannt.

Der parteilose Rodig trat in der NS-Zeit nicht der NSDAP bei. Weder in der NSDAP-Zentralkartei noch in der NSDAP-Gaukartei des Berlin Document Center im Bundesarchiv findet sich eine auf ihn ausgestellte Mitgliederkarte, sodass sich eine Parteimitgliedschaft darüber nicht nachweisen lässt.

Im Oktober 1940, sieben Monate nach dem Tod seiner Frau, verstarb auch Erich Wasa Rodig. Das Ehepaar hatte zuletzt in Blankenese in Witts Park 5 gelebt.