Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Rudolf-Roß-Allee

Horn (1959): Rudolf Roß (22.3.1872 Hamburg - 16.2.1951 Hamburg), Erster Bürgermeister von Hamburg (1930-1931). Mitglied (SPD) der Hamburgischen Bürgerschaft seit 1919, von 1920 bis 1928 Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft


Siehe auch: Marie-Henning-Weg
Siehe auch: Carl-Petersen-Straße

In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ steht über Rudolf Roß: „Er kam seinem großen Wunsch Lehrer zu werden nach und bekam 1892 eine Lehrstelle an der Knabenschule in der Poolstraße. Zwei Jahre später veröffentlichte er seinen ersten Artikel zur Bildungsreform, ein Thema was ihm zeitlebens am Herzen lag. Über den Kontakt des Lehrers Heinrich Möller begann Roß sich in diversen Ausschüssen der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens zu engagieren und bald trat er in dessen Vorstand ein. Als Schriftleiter der ‚Pädagogischen Reform‘ veröffentlichte er viele Artikel zur Lehrerbildung, Fortbildungsfragen, rechtlichen Fragen der Lehrerschaft u. a. Als er die Tätigkeit als Schriftleiter 1911 aufgab, wechselte er in den Vorsitz des neu gegründeten Universitätsausschusses. 1919 zog er für die SPD in die Hamburgische Bürgerschaft ein, wo er sogleich zum Schriftführer gewählt wurde. Ein Jahr später wurde er Präsident. Zwischen 1921 und 1928 war Roß Leiter der von ihm mitbegründeten und mitkonzipierten Hamburger Volkshochschule. Er griff hierbei auf Ideen von der Arbeiterbildungsarbeit zurück; seiner Meinung nach war Bildung sowohl ein Beitrag zur Emanzipation des Individuums, als auch eine Voraussetzung für die Demokratisierung von Gesellschaft und Staat. 1928 wurde er in den Senat gewählt. Zwischen 1929 und 1933 wechselte er sich in den Ämtern des Ersten und Zweiten Bürgermeisters mit Carl Petersen [siehe: Carl-Petersen-Straße] ab.“1)

Der Historiker Markus Tiedemann schreibt über Rudolf Roß u. a.: „Nach der Novemberrevolution trat Roß schließlich in die SPD ein. (…) 1932 wechselte er wieder in das Amt des Zweiten Bürgermeisterns, von dem er Anfang März 1933 aus Protest gegen die nationalsozialistischen Maßnahmen gegen die Sozialdemokratie zurücktrat.“ 2)

Vor 1933 hatte Rudolf Roß, so Markus Tiedemann: „keinen Unterschied [gemacht] zwischen Verbrechen von Kommunisten und Nationalsozialisten und bewies damit fehlendes Gespür sowohl für die Situation als auch für die vom Nationalsozialismus ausgehenden Gefahren.“ 3)

Zur Familiensituation während der NS-Zeit äußert Jens Koegel: „1940 zog Roß mit seiner Familie in den Wensenbalken. Reiner Lehberger schreibt über diesen Abschnitt im Leben des Bürgermeisters a. D.: ‚Nach seiner Amtsenthebung 1933 zog Rudolf Roß sich in den Kreis seiner Familie zurück, die Öffentlichkeit nahm keine Notiz mehr von ihm.‘ Dieser Satz mag für die Öffentlichkeit zutreffend gewesen sein, nicht aber für die vom Stadthaus aus operierende Gestapo. Roß stand auf der schwarzen Liste, sein Telefon wurde überwacht. Zweimal, 1938 und 1943, fragten alte Genossen bei ihm an, weil jemand aus der Partei gestorben war, und baten ihn eine Rede zu halten. Zwar ergriff Roß 1943 am Grab seines ehemaligen politischen Weggefährten, des einstigen Schulsenators Emil Krause [siehe: Krausestraße], noch einmal öffentlich das Wort und würdigte – von Gestapo beobachtet – die Leistungen des Verstorbenen. Aber sowohl 1938 als auch 1943 rief die Gestapo vorher bei ihm an und teilte ihm mit, er habe das Redemanuskript vorzulegen und müsse sich strikt an den Text halten, sonst ‚… brauche er gar nicht mehr nach Hause zu gehen‘, so berichtete es sein Sohn. Einmal wurde Roß ins Stadthaus vorgeladen und kam sehr deprimiert zurück. Doch nie hat er seiner Familie den Inhalt des Gespräches mitgeteilt.

In der Siedlung Wensenbalken gab es kaum Außenkontakte, denn die Familie Roß hatte berechtigte Angst, vor allem Frau Frieda (…). Sie schärfte ihrem Sohn Gerd ein auf jedes Wort zu achten. Auch verbot sie ihm Kontakte zu Personen, die in der Siedlung als überzeugte Nazis galten (…).“ 4)

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde Roß nur noch in geringem Maße politisch wieder aktiv.

Verheiratet war Rudolf Roß mit Frieda Roß, geb. Hinsch (27.7.1899 Hamburg – 8.7.1975 Hamburg), Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (SPD) von: Februar 1946 bis 1949 (Ernannte Bürgerschaft). Frieda Roß war die Tochter einer Wäscherin und eines Ewerführers. Schon in ihrer Jugend trat sie der SPD bei und arbeitete, nachdem sie nach dem Abschluss der Höheren Handelsschule den Beruf der Korrespondentin und Buchhalterin erlernt hatte, ab 1919 als kaufmännische Angestellte beim „Hamburger Echo“, der Zeitung der Hamburger Sozialdemokratie. Dort lernte sie ihren späteren Mann Rudolf Roß kennen, der damals Leiter der neugegründeten Volkshochschule (Leiter von 1919-1928) und Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft war. Nachdem das Paar 1923 geheiratet hatte, wurde Frieda Roß Hausfrau und Mutter zweier Kinder. 1930/31 wurde ihr Mann Erster Bürgermeister von Hamburg (bis 1933 zeitweise auch Zweiter Bürgermeister) und sie die ‚First Lady‘. 1946 wurde sie in ihrer Funktion als Vertreterin der Hausfrauen Abgeordnete in der Ernannten Bürgerschaft. Dort schloss sie sich der SPD-Fraktion an. Ihre politischen Schwerpunkte waren die Lage der Hausfrauen und das Gesundheitswesen. Sie sorgte sich um die Flüchtlingsjugend, forderte Röntgen-Reihenuntersuchungen gegen die Krankheit TBC und setzte sich für die Verbesserung der Zustände in Krankenhäusern ein. Frieda Roß war bis 1970 Bürgerschaftsabgeordnete. Sie spielte auch eine aktive Rolle in der Hamburger Frauenbewegung. Im April 1946 war sie beteiligt an der Gründung des Hamburger Frauenrings, dessen Vorstandsmitglied sie bis 1949 war. Im Juli 1946 gründete sie mit anderen Frauen den Verein Hamburger Hausfrauen, dessen Vorsitzende sie von 1949 bis 1951 und 1953 war. Ihr erklärtes politisches Ziel war, dem Hausfrauenberuf gesellschaftliche Anerkennung zu verleihen. Deshalb forderte sie auch die Anerkennung der hauswirtschaftlichen Tätigkeit als Beruf.