Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Walter-Flex-Straße

Wilstorf (1933): Walter Flex (6.7.1887 Eisenach -16.10.1917 Saaremaa (Ösel)), Dichter, Schriftsteller.


Siehe auch: Ernst-Henning-Straße
Siehe auch: Kollwitzring

1932 wurde die Straße nach der Bildhauerin Käthe Kollwitz (siehe: Kollwitzring) benannt. Davor hieß sie Projektstraße. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Straße umbenannt in Walter-Flex-Straße. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus gab es keine Rückbenennung des Straßennamens in Käthe-Kollwitz-Straße. Erst 1971 wurde wieder eine Straße in Hamburg nach ihr benannt (Kollwitzring), diesmal in Billstedt. (Siehe: Bericht über Umbenennungen von Straßennamen in Hamburg seit 1916, Stand: März 1987, Staatsarchiv Hamburg) und (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Im September 2020 berief die Behörde für Kultur und Medien eine Kommission aus acht Expertinnen und Experten, die Entscheidungskriterien für den Umgang mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen Umbenennungen aussprechen sollte. Dabei nahm die Kommission auch Straßenbenennungen und -umbenennungen in den Blick, die zwischen 1933 und 1945 vorgenommen wurden. Dies betrifft insbesondere Straßen, die seinerzeit umbenannt wurden, weil ihre Namensgeber Juden waren oder nach der rassistischen NS-Ideologie als Juden galten, oder die aus politischen oder anderen Gründen verfolgt wurden und deren Namen aus dem Straßenbild entfernt werden sollten. Die Kommission empfahl im März 2022 bei der Walter-Flex-Straße: Rückbenennung und zwar mit folgender Begründung: „Walter Flex war ein völkisch nationalistischer Schriftsteller, dessen Werke von den Nationalsozialisten in den Schulen stark rezipiert wurden. Die Walter-Flex-Straße in Wilstorf entstand durch Umbenennung der Käte-Kollwitz-Straße [sic!], die im Oktober 1932 zunächst nach der Malerin und Pazifistin Käthe Kollwitz benannt worden war. Die Walter-Flex-Straße in Bergedorf wurde bereits 1949 umbenannt in Ernst-Henning-Straße. In anderen Städten wurden ebenfalls Straßen, die nach Walter Flex benannt waren, umbenannt. Bei einer Rückbenennung in Käthe-Kollwitz-Straße ist eine Verwechselungsgefahr mit dem 1971 benannten Kollwitzring in Mümmelmannsberg nicht gegeben.“

Walter Flex' Werke gehörten in der Zeit des Nationalsozialismus zur Pflichtlektüre der NS-Jugend. Ernst Klee zitiert in seinem "Kulturlexikon zum Dritten Reich" Uwe Puschner, der über Walter Flex schreibt: "Einer der stärksten Verkünder und schließlich auch Blutzeuge des Kriegserlebnisses [Erster Weltkrieg, R. B.]; sein Werk ist bezeichnend für die Erlebnishaltung, der Kriegsfreiwilligen, die sich die ideelle Kraft aus dem deutschen Idealismus holten ... Das Opfer der Kriegsgeneration ist am reinsten ausgesprochen in Gedichten wie ‚Wir sanken hin für Deutschlands Glanz'." 1) Ernst Klee weiter: "Vom Amt Rosenberg empfohlene Lektüre: Wanderer zwischen beiden Welten (1917, Auflage 1960: 994 000)." 2)

Zur Biografie von Walter Flex: Walter Flex' Mutter war Margarete Flex, geb. Pollack, sein Vater der nationalliberale Gymnasialprofessor Rudolf Flex. Nach dem Abitur studierte Walter Flex ab 1906 Germanistik und Geschichte an der Universität Erlangen und wurde Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther. Zwei Jahre später ging er zum Studieren nach Straßburg. Zwischen 1910 und 1913 arbeitete er als Hauslehrer bei der Familie von Bismarck, zuerst in Varzin (Hinterpommern) und später in Friedrichsruh in Aumühle bei Hamburg. 1914 meldete sich Walter Flex als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg.

Auch die ExpertInnenkommission zu Straßennamen in Graz befasste sich mit „ihrer“ Walter-Flex-Straße und schreibt über ihn: „Kriegslyriker im 1. WK; in der Forschung als ‚chauvinistischer Kriegslyriker‘ bezeichnet.“ 3) „(…) Seine Mutter vermittelte ihm einen lutherischen Glauben, der mit einer starken Tendenz zum radikalen Nationalismus einherging (…). Von 1906 bis 1910 studierte Flex Germanistik und Geschichte in Erlangen und Straßburg. In dieser Zeit wurde er Mitglied der Burschenschaft Bubenreuther (sie standen für sexuelle Askese und führten als eine der ersten deutschen Organisationen den ‚Arierparagraphen‘ ein). Ebenso stellten sich erste schriftstellerische Erfolge ein, die er in seiner Hauslehrerzeit, u. a. bei den Bismarcks in Varzin, fortsetzen konnte (…). Seine Situation änderte sich mit Kriegsausbruch abermals: Flex, der sich freiwillig gemeldet hatte, steigerte durch Kriegsgedichte seine Bekanntheit. In den ersten Kriegsmonaten diente er im 50. Infanterieregiment, welches im Stellungskrieg in Lothringen eingesetzt war. Im März 1915 wurde er zur Offiziersausbildung nach Warthelager in Posen abkommandiert. Danach wurde er ins 138. Infanterieregiment an die in Polen liegende Ostfront versetzt. Am 16. Oktober 1917 starb Walter Flex an den Folgen der Verletzungen, die er sich bei der Erstürmung von Ösel zugezogen hatte (…). ‚Flex übersteigerte im Krieg seinen unpolitischen Idealismus zur Gleichsetzung von Volk und Ethos, zu ‚sittlichem Fanatismus‘ bis zur Vorstellung des Opfertodes. Sein von nationalem Dünkel nicht ganz freies Denken abzuklären, gelang ihm nicht durchwegs –darin, aber auch in der Sauberkeit und in der Unbedingtheit der Forderungen an sich selbst war er ein weiterwirkender Exponent traditioneller Haltungen.‘ (…). ‚Der Wanderer zwischen zwei Welten‘ (1916) wurde zu einem Kultbuch des Ersten Weltkrieges. In ihm wurde aus dem deutschen Vorkriegsnationalismus ein den veränderten Umständen angepasster und radikalisierter Nationalismus entwickelt. ‚Wir können gerade im ‚Wanderer‘ beobachten, daß sich dieser aggressive, völkische und populistische Nationalismus des Ersten Weltkrieges auf jahrzehntelange Traditionen stützen konnte.‘ (…).

(Literatur: PETZSCH Christoph, Flex, Walter. In: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 243 f. [Onlinefassung]; URL: www.deutsche-biographie.de/gnd118533940.html
SILLABER Alois, Nomen est Omen. Grazer Straßennamen als geistes-und ideologiegeschichtliche Quelle zum Jahr 1945. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz 25 (1994), S. 643–663.
WAHL Hans Rudolf, Die Religion des deutschen Nationalismus. Eine mentalitätsgeschichtliche Studie zur Literatur des Kaiserreichs: Felix Dahn, Ernst von Wildenbruch, Walter Flex. Heidelberg 2002.)“ 3)